Die Goldhaendlerin
waren.
Er trat neben den Mönch und wies mit einer Gebärde des Abscheus auf die an klobigen Tischen sitzenden Gäste und den Wirt, der neben dem aufgebockten Weinfass stand. »Die Verbrennung eines verdammten Juden ist gewiss eine gottgefällige Tat. Doch weiß ich nicht, ob das hier der richtige Rahmen dafür ist.«
Medardus Holzinger blickte sichtlich verwirrt auf. »Wieso denn nicht?«
»Seht Euch doch um!«, antwortete der junge Mann in mokantem Tonfall. »Was seht Ihr? Ein Dutzend zusammengewürfelter Reisender, einen fetten Wirt und ein paar tölpelhafte Knechte. Sollen nur so wenige Leute des Segens teilhaftig werden, den die Verbrennung eines Christusmörders mit sich bringt? In Spanien zum Beispiel versammeln sich Zehntausende, wenn ein Jude in die Feuer der Hölle geschickt wird.«
»Ihr wart bei einem Autodafé zugegen?«, fragte der Mönch mit unverhohlenem Neid.
»Als Agent eines großen Handelshauses kommt man weit herum.« In der Stimme des jungen Mannes lag eher Spott als Stolz. Er drehte sich zu dem Ritter um und deutete eine Verbeugung an.
»Die Verbrennung eines Juden ist keine Wirtshausunterhaltung, sondern ein großes Ereignis, welches in einer Stadt oder wenigstens in einem größeren Marktflecken stattfinden und lange vorher angekündigt werden muss, damit möglichst viele Menschen des Segens dieses Werkes teilhaftig werden können. Auch ist es Sitte, dass ein Bischof als Vertreter der Geistlichkeit dabei anwesend ist oder zumindest ein Reichsabt.«
Der Ritter zog eine säuerliche Miene. »Damit könnt Ihr schon Recht haben. Aber wir wollen hier und heute unseren Spaß haben.«
»Sehe ich aus wie jemand, der Euch eine Freude missgönnt?«, fragte der junge Mann sichtlich verwundert und schnippte dabei ein Stäubchen von seinen hellblau und grellrot gestreiften Beinkleidern. »Edler Herr, man vermag eine Menge Spaß mit einem Juden zu haben, viel mehr, als wenn man ihn einfach ins Feuer stößt. Da quiekt er ein paarmal, dann ist es vorbei. Außerdem stinkt es erbärmlich.«
»Das sind die Wohlgerüche des Paradieses!«, warf der Mönch giftig ein.
Der junge Mann zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen, »Im Paradies will ich sie gerne schmecken, aber hier auf dieser Welt ist mir ein anderer Duft lieber.«
Lea wusste nicht, was sie von dem Ganzen halten sollte. Gab es für sie und Jochanan doch noch eine Chance, das Zusammentreffen mit dem berüchtigten Judenschlächter zu überleben, oder wollte dieser Geck nur ihre Qualen verlängern? Nein, so bösartig sah er eigentlich nicht aus, eher wie jemand, dem die Hetzreden des Mönches nicht gefielen. Aber wie sollte ein gewöhnlicher Reisender es fertig bringen, sie den Klauen eines Medardus Holzinger zu entreißen?
»Wein für alle, und zwar vom besten«, rief der junge Mann dem Wirt zu. »Halt, dem ehrwürdigen Bruder reicht lieber Wasser. Er hat gewiss ein Fastengelübde abgelegt.«
Sofort traf ihn ein giftiger Blick des Mönches, der die Gäste nun vehement aufforderte, die Judenpest zu verbrennen.
»Ja, aber nicht hier und heute!«, wehrte der Ritter ab und musterte den jungen Gecken neugierig. »Nun sprecht, Mann! Erzählt uns, was man andernorts so mit Juden treibt.«
»Oh, da gibt es allerhand interessante Sitten«, antwortete der Handelsagent beflissen. »In Piombino in Italien zum Beispiel wird der Vorsteher der jüdischen Gemeinde jedes Jahr zu Ostern nackt auf eine trächtige Sau gesetzt und dreimal um den großen Markt herumgeführt.«
»Eine gute Idee«, lachte der Ritter. »Kommt, wir ziehen die Juden aus.«
Lea erbleichte. Was die rauen Kriegsleute mit ihr anstellen würden, wenn sie sie als Frau entlarvten, brauchte sie nicht zu fragen. Einige der Kerle wollten schon aufspringen und ihr Vorhaben in die Tat umsetzen, als der Buntgekleidete abwehrend die Hand erhob.
»Einen alten Juden nackt ausziehen und sich an seiner Schrumpeligkeit zu ergötzen mag ja ganz nett sein. Aber dieser da« – er zeigte dabei auf Lea – »ist jung und von angenehmer Gestalt. Ihn nackt zu sehen, könnte das Seelenheil unseres frommen Kirchenmanns hier gefährden.«
»Du meinst, er könnte versucht sein, seinen Nagel in das Loch zu schlagen, das Männern wie Frauen gleichermaßen zu Eigen ist?« Der Ritter brüllte vor Lachen und lenkte damit den Zorn des Mönches auf sich.
»Wollt Ihr etwa behaupten, ich sei so verderbt, Sodomie zu treiben?«
Der Handelsagent schüttelte energisch den Kopf. »Beim Leibe Christi, nein!
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