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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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kommen, auch wenn Orlando dem Mann so viel Verstand nicht zutraute. Auf alle Fälle gab es da ein Geheimnis, und das reizte die Neugier des Handelsagenten.
    »Keine Angst, mein Freund, ich bin nicht hinter deinem Geld her. Ich will nur wissen, warum du deinen Herrn so leichten Herzens betrügst, und vor allen Dingen, was es mit diesem auf sich hat.«
    Saul warf Orlando einen schiefen Blick zu. Er misstraute diesem Christen, aber wenn der Mann ihn mitsamt dem Geld laufen ließ, würde er reden. Was kümmerte ihn Lea, dieses überhebliche Weibstück. Sie hatte sich ja selbst mit Lug und Trug in den Besitz der Gulden setzen wollen, die ihrem Bruder Samuel zugestanden hätten und nach dessen Tod dem Krüppel Elieser.
    »Schwörst du mir, dass du mich unbeschadet gehen lässt, wenn ich dir die Wahrheit berichte?«
    Als Orlando nickte, setzte er noch einmal nach. »Tu es bei deinem Christengott und der Jungfrau Maria!«
    »Ich schwöre es auch noch bei allen Heiligen, wenn du das willst.« Orlandos Jagdinstinkte waren geweckt, und er beobachtete sein Gegenüber scharf, um aus seinem Mienenspiel Wahrheit und Lüge herauszulesen.
    Saul tat so, als ringe er noch einen Augenblick mit sich, und nickte dann. »Gut, ich sage alles.«
    Er stand auf, ging um den Tisch herum und setzte sich so, dass er jederzeit aufspringen und zur Tür rennen konnte.
    Orlando nahm es mit einem feinen Lächeln hin. Dem Burschen schien eine ziemliche Portion Angst in den Knochen zu sitzen, und er nahm sich vor, diese gnadenlos auszunützen. Saul dachte jedoch gar nicht daran, die Wahrheit zu verschweigen. Wenn der Fremde wirklich hinter Geld her war, so sollte er es sich von Lea holen und ihn in Ruhe lassen. Aus diesem Grund berichtete er alles, was er tatsächlich von dem Sarninger Pogrom erfahren hatte.
    Orlando konnte gerade noch einen Ausdruck des Erstaunens unterdrücken, als er vernahm, dass der angebliche Samuel ben Jakob in Wirklichkeit ein sechzehnjähriges Mädchen war, ein naives Geschöpf, wie seine Handlungsweise zeigte. Statt sich in Männerkleidung zu werfen, hätte sie sich sofort an Zofar ben Naftali wenden und ihm von den Schicksalsschlägen berichten sollen. Der Bankier war einer der einflussreichsten Anführer der jüdischen Gemeinden und hätte gewiss eine Möglichkeit gefunden, Lea und ihren Angehörigen zu helfen. Stattdessen forderte sie das Schicksal geradezu heraus und würde spätestens beim Ablegen des Judeneids scheitern. So gesehen war es besser, wenn die fünfhundert Gulden nicht auch noch in ihre Hände gerieten, denn sie würden nur die Truhen des habgierigen Markgrafen füllen, während sie selbst, wenn sie die Entdeckung überlebte, samt ihrer Familie in Schimpf und Schande davongejagt wurde.
    Saul sah die Situation noch viel schwärzer. »Jetzt verstehst du sicher, warum ich nicht zurückkehren kann. Den Frauen wird nicht viel passieren, selbst wenn die eine oder andere von ihnen in die Büsche gezerrt wird. Aber mich würde man mit Sicherheit umbringen, vielleicht sogar verbrennen, wie man es letztens in Konstanz getan hat.«
    »Woher soll ich wissen, was man mit Juden alles treibt?« Orlando blickte bei diesen Worten auf seinen Becher, der mittlerweile leer geworden war. Er konnte sich nicht einmal an den Geschmack des Weins erinnern, so sehr hatte Sauls Bericht ihn beschäftigt. Er rief dem Wirt zu, zwei weitere Becher zu bringen, und schob einen davon Saul zu.
    »Ich glaube, du hast dir eine kleine Stärkung verdient.«
    Saul riss Orlando den Becher aus den Händen und stürzte seinen Inhalt hinab. »Auf deine Gesundheit!«
    Orlando nickte lächelnd, überlegte aber gleichzeitig, was er tun sollte. Saul als Dieb den Behörden auszuliefern, hielt er für sinnlos, denn der Richter würde das gestohlene Geld nur in die eigene Tasche stecken. So oder so würde diese Lea keinen Gulden davon bekommen, und so entschied Orlando, dass Sauls Geschichte diesen Preis wert war.
    »Wenn ich dir einen Rat geben darf, so halte dich in Zukunft von deinen Landsleuten fern. Die verstehen, was Diebstahl betrifft, noch weniger Spaß als die Christen. Am besten ist es, wenn du deine Herkunft und die des Goldes in deinen Taschen ganz vergisst. Christen denken sich nichts dabei, einen Juden um sein Geld zu bringen, und ein Dieb, der armen Waisen das Brot vom Mund gestohlen hat, hat wenig Gnade von ihnen zu erwarten.« In Orlandos Worten schwang die Drohung mit, auch ihm nicht noch einmal zu begegnen. Saul zuckte wie unter einem Hieb

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