Die Goldhaendlerin
gefältelte Wams des Handelsagenten, aus dessen Schlitzen rotes und grünes Futter in verschiedenen Schattierungen aufblitzte. Der junge Mann blickte auf seine Lederschuhe hinab, deren Glanz von keinem Staubkörnchen getrübt wurde, und nickte mit einem entschuldigenden Lächeln.
»Dann holen wir die Sau eben in die Wirtsstube«, schlug ein anderer Händler vor.
Der Wirt schüttelte den Kopf, dass seine Hamsterbacken flogen. »Die Sau kommt mir nicht herein. Wenn die hier was fallen lässt, stinkt es noch tagelang, und mir bleiben die Gäste weg.«
»Alte Unke«, schimpfte einer der Reisigen.
Der Handelsagent winkte lachend ab. »Eine Sau kann doch jeder Jude reiten. Ich habe vorhin Ferkel gesehen. Holen wir eines von denen herein und lassen unseren beschnittenen Freund es herzen und küssen. Das wird viel lustiger.«
»Wenn du auch dagegen Einwände hast, schlagen wir dir die Bude kurz und klein«, drohte der Ritter dem Wirt an.
Der Mann wandte sich mit einem ärgerlichen Schwung seiner überquellenden Fettmassen ab. »Macht doch, was ihr wollt!«
Mehrere Männer verließen die Gaststube und kehrten kurz darauf mit einem quiekenden Ferkel zurück. »Da haben wir ein besonders schönes Exemplar«, lachte einer. »Komm Jude, gib unserem Schatz einen Schmatz.«
Dabei hielt er Lea die rosige Schnauze des Ferkels auffordernd vor die Nase. Sie wollte angewidert das Gesicht abwenden, spürte im gleichen Moment jedoch die Finger des geckenhaften Mannes wie eine eiserne Klammer in ihrem Genick. Er bog ihren Kopf herum, bis ihre Lippen die Schnauze des Tieres berührten, und das Gelächter schien schier die Gaststube sprengen zu wollen. Lea spürte die kalte, feuchte Schweineschnauze auf ihren Lippen, und ihr wurde klar, dass sie das Tier bei weitem nicht so hasste wie den Mann, der sie zu diesen Dingen zwang. Er ließ nun ihren Nacken los und drückte ihr das Ferkel wie ein Kind in die Arme. »So, jetzt umarme deine kleine Freundin und tanze mit ihr. Die Gäste wollen unterhalten werden.«
Lea wollte das schmutzige, sich windende Ding sofort wieder loslassen, doch ein warnender und seltsam bittender Blick ihres Quälgeists mahnte sie, weiterhin mitzumachen. Als sie die hämischen Gesichter der übrigen Gäste auf sich gerichtet sah, wurde ihr klar, dass sie, wenn sie überleben wollte, den Hofnarren für diesen Pöbel abgeben musste. Einer der Männer holte unter dem Gejohle der anderen eine Fiedel aus seinem Gepäck und spielte ihr auf.
»Was sehen wir denn da? Ein Jude, der mit seiner Braut tanzt!«, kreischte einer der jüngeren Reisigen auf.
Der Ritter schnaufte halberstickt. »Ich hoffe, ihr habt ihm ein weibliches Ferkel beschafft.«
»Freilich! Wir haben schon darauf geachtet, ein Schweinemädchen für den Schweinejuden zu holen«, gab der andere zurück. Stunden um Stunden schienen zu vergehen, in denen Lea sich vor den immer betrunkener werdenden Zuschauern beinahe bis zur Selbstaufgabe erniedrigte. Als sie endlich aufhören durfte, lagen die meisten Gäste vom Wein überwältigt unter den Tischen. Der Ritter, der standfester war als die anderen, umarmte den Handelsagenten und lachte dabei, dass ihm die Tränen in die Augen traten.
»Das war wirklich der köstlichste Spaß seit langem, mein Freund. He, wie soll ich dir vernünftig danken, wenn ich noch nicht einmal deinen Namen kenne. Ich bin Bernhard von Ochsenmaul, ein fränkischer Reichsritter und, wie ihr alle gesehen habt, ein guter Kerl.«
»Ochsenmaul ist ja auch ein guter Name«, antwortete der Geck wie betrunken kichernd.
Der Ritter fühlte sich veralbert und lief dunkelrot an. Doch ehe er etwas sagen konnte, verneigte sich der Handelsagent schwungvoll. »Vor allem, wenn man ihn neben den meinen stellt. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Roland Fischkopf.«
Der Ritter zog den Handelsagenten an sich. »Fischkopf? Das ist gut. Wir beide passen wirklich zusammen.«
»Das will ich meinen! Ochsenmaul und Fischkopf sind zwei wunderschöne Namen. Wer das Gegenteil behaupten will, soll es nur wagen.« Er entwand sich dem Griff des weinseligen Ritters und warf einen Blick in die Runde.
Lea hatte das Ferkel auf einen Tisch gestellt, wo es zum Gaudium einiger Leute quiekend hin und her rannte und dabei mehrfach in Gefahr geriet, herabzufallen, und sah sich forschend um. Da sich niemand mehr um sie zu kümmern schien, hob sie Jochanan auf, der noch immer aus Mund und Nase blutete, und verschwand mit ihm durch die Tür, nicht ohne noch einen letzten
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