Die Goldhaendlerin
enttäuscht, wollte es sich aber weder mit Samuel und noch mit dem Handelsagenten verderben.
»Nun gut, wenn es denn sein muss. Aber beeilt Euch bitte, und haltet Samuel nicht zu lange von seiner Glaubenspflicht fern, Herr Fischkopf.«
Während er an der Spitze seiner Gäste in den Keller stieg, ärgerte Ruben ben Makkabi sich über seine Nachgiebigkeit und ließ den Unmut an seinem Sohn aus, der zwar die Tür zum Bad geöffnet, aber sonst das meiste von dem, was zu der Reinigungszeremonie notwendig war, vergessen hatte. Während er Jiftach einschärfte, was noch bereitzulegen war, entkleideten sich die übrigen Männer schon und äußerten dabei allerlei Vermutungen über Samuel ben Jakobs körperliche Probleme.
Kaleb ben Manoach stieß Ruben ben Makkabi an. »Du solltest dir gut überlegen, ob du deine Hannah einem Kapaun zur Gattin geben willst. So wie Samuel sich ziert, muss man das Schlimmste annehmen.«
Simeon ben Asser strich sich über seinen schütteren Bart. »Du denkst auch, dass die Christen ihn kastriert haben, nicht wahr?«
Kaleb nickte glucksend. »Was sollte ich sonst annehmen? Hast du dir den Jungen nicht näher angesehen? Er ist jetzt einundzwanzig Jahre alt und weist nicht den geringsten Bartwuchs auf. Und seine Stimme ist auch nicht die eines Mannes. Ich gebe zu, sie klingt sehr angenehm, aber sie ist beinahe so hell wie die einer Frau. Was schließt ihr daraus?«
Ruben ben Makkabi winkte ärgerlich ab und ließ dabei beinahe seinen Hauskaftan fallen, den er gerade sorgfältig zusammenlegte. »Du siehst viel zu schwarz, Kaleb. Ich kannte einen Mann, der als Knabe ebenfalls in ein Pogrom der Christen geraten ist. Er hatte mit dreißig Jahren noch keinen Bart und eine Stimme wie ein Kind. Innerhalb weniger Wochen änderte sich dies total. Mit einunddreißig besaß er den herrlichsten Vollbart, heiratete und, ob ihr es glaubt oder nicht, ist heute Vater von sieben Söhnen.«
Kaleb ben Manoach legte sein Gewand beiseite und drehte sich mit spöttischer Miene zu seinem Gastgeber um. »Ich fürchte, du hoffst auf ein Wunder, das nie eintreten wird.«
Er hatte die Lacher auf seiner Seite, und während die Männer in das kalte Wasser stiegen, nutzte David ben Mordechai die Gelegenheit, seine Neugier zu stillen. »Wie bist du eigentlich an diesen Fischkopf gekommen?«
»Das würde ich auch gerne wissen«, warf Kaleb ben Manoach ein. »Du weißt genauso gut wie wir, dass man christlichen Handelsleuten nicht trauen kann, und du behandelst diesen Mann ja fast zuvorkommender als einen von uns. Woher willst du wissen, dass er sich nicht in dein Vertrauen einschleichen will, um dich zu verderben?«
Ruben ben Makkabi kämpfte gegen den Wunsch, den penetranten Frager zu packen und unter Wasser zu drücken, bis er halb erstickt war. »Roland Fischkopf ist absolut zuverlässig. Dafür hat sich unser ehrenwerter Bruder Zofar ben Naftali aus Worms persönlich bei mir verbürgt.«
Simeon ben Asser stieß einen überraschten Ruf aus. »Zofar ben Naftali hat dir Fischkopf persönlich empfohlen? Das ist unglaublich! Dann muss dieser junge Mann ja wie lauteres Gold sein.«
Ruben ben Makkabi nickte bestätigend und schnitt die Fragen der Übrigen ab, indem er sie ermahnte, dass sie vor lauter Reden noch das Sabbatgebet verpassen würden.
4.
Lea wusste nicht, ob sie Roland Fischkopf dankbar sein sollte oder misstrauisch bleiben musste, denn sie erwartete halb und halb, einem weiteren unangenehmen Scherz des Christen zum Opfer zu fallen. »Was habt Ihr mit mir zu besprechen?«
Darüber dachte Orlando gerade angestrengt nach. Er hatte ihr geholfen, ohne an die Konsequenzen zu denken. Am liebsten hätte er ja nichts mehr mit diesem schnippischen Frauenzimmer zu tun gehabt, davon war er zumindest im Augenblick fest überzeugt.
»Ich wollte dir nur noch einmal versichern, dass ich mir dein Gold nicht als Belohnung für eure Rettung angeeignet habe. Ich sehe es als ganz normales Geschäftsdarlehen an, das ich zu den üblichen Konditionen nehmen und mit Zins und Gewinnanteil zurückzahlen werde. Du wirst die Abrechnung und eine Bankanweisung bekommen, wie du es gewohnt bist.«
»Wann wird das sein? Wenn der Kaiser den ersten Juden zu seinem Kanzler ernannt hat?«
Ihr Hinweis auf den Kaiser brachte Orlando auf die erlösende Idee. Doch er konnte sich eine beißende Bemerkung nicht verkneifen. »Ich verstehe nicht, wie du einerseits wie ein ausgefuchster Geschäftsmann handeln kannst und dich andererseits wie ein
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