Die Goldhaendlerin
leichthin und griff nach dem Kleid, das sie sich zurechtgelegt hatte. Zu ihrer Verwunderung legte Sarah die Hand darauf. »Nimm ein frisches Hemd und den anderen Kaftan, denn du musst sofort zur Burg. Seit zwei Wochen ist jeden Tag ein Diener des Markgrafen erschienen und hat nach Samuel Goldstaub gefragt. Ich fürchte, es geht diesmal um etwas Größeres.«
Lea runzelte die Stirn. Wenn der Markgraf nach ihr schickte, hatte es selten etwas Gutes zu bedeuten. Meist forderte er Geld und noch mehr Geld oder bestellte exotische Waren, die ihm sein Hoffaktor billig oder am besten gleich umsonst besorgen sollte. »Hat man dir verraten, warum man mich so dringend sprechen will?«
»Nein, aber ich vermute, dass es mit dem Tod seines Erben zusammenhängt. Während du fort warst, kam die Nachricht, dass der einzige Sohn des Markgrafen, der ja, wie du weißt, zur Erziehung an den Hof des Pfalzgrafen am Rhein geschickt worden war, bei einer Waffenübung vom Pferd gefallen und kurz darauf seinen Verletzungen erlegen ist. Jetzt muss der Markgraf noch einmal heiraten, um seine Dynastie zu erhalten.«
»Das ist keine gute Neuigkeit! Hochzeiten sind teuer, und wie ich Seine Durchlaucht kenne, werde ich sogar noch für die Schürzen seiner Köche aufkommen müssen.«
Lea strich sich über das kurze Haar, an das sie sich auch nach drei Jahren noch nicht gewöhnt hatte, schlüpfte mit grimmiger Miene in die schmutzigen Reisekleider und setzte ihren verschossenen gelben Hut wieder auf. Sie sah kurz an sich herab und fand, dass ihr Mantel schäbig genug aussah, um damit vor ihren Landesherrn treten zu können. So hatte es bereits ihr Vater gehalten und damit einen gewissen Erfolg gehabt. Ob ihr die ärmliche Kleidung allerdings diesmal helfen würde, den Ansprüchen des Markgrafen wirkungsvoll entgegentreten zu können, bezweifelte sie.
Mit Sarahs innigsten Wünschen versehen machte sie sich auf den Weg. Sie war noch etliche Schritte vom Burgtor entfernt, als einer der Wächter sie entdeckte, in den Burghof rannte und lauthals rief, dass der Jude endlich erschienen wäre. Ein Diener lief ihr entgegen und forderte sie eindringlich auf, schneller zu gehen. Er führte sie jedoch nicht zum Markgrafen, sondern zu der Zimmerflucht, in der Frischler residierte. Der Sekretär ließ sie geraume Zeit vor der Tür stehen, bevor er ihr barsch befahl, einzutreten.
Frischler hockte wie ein feister Bär hinter seinem Tisch, auf dem ein großer und bereits halb geleerter Weinkrug neben einem Trinkbecher und einem Stapel dicht beschriebener Blätter stand. Die rote Hose des Mannes war schmutzig und warf Falten, und das dunkelblaue Wams war an den Ellbogen bereits fadenscheinig geworden und voller Speisereste.
Der Sekretär starrte Lea so gereizt entgegen, als wäre sie an allem schuld, was ihm das Leben schwer machte, dann goss er seinen Becher voll, trank ihn in einem Zug leer und stellte ihn hart ab. »Du hast dir verdammt viel Zeit gelassen, Jude.«
Lea verbeugte sich tief, um ihre Nervosität zu verbergen. »Um die Wünsche Seiner Durchlaucht zu erfüllen, ist es leider von Nöten, von Zeit zu Zeit auf Reisen zu gehen.«
»Papperlapapp! Wenn Seine Durchlaucht nach dir schickt, hast du hier zu sein!«
Lea beschränkte sich darauf, sich noch einmal tief zu verbeugen. Sollte der Mann sich ruhig austoben. Irgendwann musste er ihr ja sagen, was man von ihr erwartete.
Frischler stürzte den Inhalt eines weiteren Bechers in sich hinein und stellte das Gefäß auf den Blätterstapel. Dann schob er ihn mit einem Fluch beiseite, ergriff das oberste Blatt und las es kurz durch.
»Du wirst bereits von dem tragischen Verlust Seiner Durchlaucht gehört haben.«
Lea nickte. »Gerade eben habe ich es erfahren. Wenn es erlaubt ist, möchte ich Seiner Durchlaucht persönlich mein Beileid überbringen.«
»An dem Gestammel eines Juden ist ihm wohl kaum gelegen.«
Umso mehr aber an dessen Geld, fuhr es Lea durch den Kopf. Frischler reichte ihr das Blatt mit einer Geste, als wollte er es ihr in den Rachen stopfen. »Seine Durchlaucht gedenkt, sich erneut zu vermählen, und zwar mit der Tochter des Reichsritters Ewald von Sulzburg-Hachingen. Zu diesem Zweck wirst du die Gegenstände auf dieser Liste als Brautgeschenke für die Dame Ursula besorgen.«
Ein flüchtiger Blick auf das Blatt zeigte Lea, dass sie allein für diese Waren zweitausend Gulden benötigte, und das war nur der Anfang. Als Nächstes trug Frischler ihr auf, ein Dutzend Fässer besten
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