Die Goldhaendlerin
bedurfte, den Ärger in Hass und Aggression umschlagen zu lassen. Etliche Pogrome gegen die jüdischen Gemeinden hatten in solchen Zuständen ihre Wurzeln. Sie würde es sich jedoch nicht lange leisten können, die verlangten Summen aus ihrer eigenen Tasche zu bezahlen.
»Wäre es nicht besser, wenn ich die Steuerpacht in den Besitzungen der neuen Markgräfin übernähme?«
Lea zwang sich zu einem untertänig bittenden Gesichtsausdruck. Ihr war bewusst, dass ihr auch in diesem Fall üble Nachrede folgen würde, doch dann war wenigstens nicht ihre Familie in Gefahr.
Frischler sah betreten drein. »Leider ist es Seiner Durchlaucht nicht möglich, das Steuermonopol der Herrschaft Sulzburg-Hachingen aus eigener Machtvollkommenheit zu vergeben. Du wirst dich also mit Hartenburg begnügen müssen.«
Lea hätte dem Sekretär beinahe ins Gesicht gelacht. Der Vater der Dame Ursula hatte also schon vorgebaut, um nicht zusehen zu müssen, wie sein Besitz schon zu Lebzeiten unter den verschwenderischen Händen des Markgrafen zerrann. Lea fragte sich, warum Ewald von Sulzburg-Hachingen überhaupt dazu bereit war, seine Tochter Ernst Ludwig von Hartenburg zur Frau zu geben. Die Antwort lag auf der Hand: Der Sulzburger vermählte seine Erbin weniger mit dem Mann als mit seinem Titel. Seine Enkel würden keine nachrangigen Reichsritter mehr sein, sondern fürstlichen Geblüts und damit über allen Edelleuten mit Ausnahme der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches stehen. Das war der Preis, für den Ewald von Sulzburg-Hachingen seine Tochter einem Wüstling auslieferte.
Etwas von dem Spott und der Verachtung, die Lea für die hohen Herrschaften empfand, musste sich auf ihrem Gesicht abgezeichnet haben, denn Frischler schlug plötzlich mit der Faust auf den Tisch. »Grinse mich nicht so frech an, du beschnittener Hund. Entweder übernimmst du die Hartenburger Steuerpacht, oder …« Er schwieg einen Moment und blickte Lea höhnisch an. »Oder du wirst eben warten müssen, bis Seine Durchlaucht gewillt ist, seine Schulden bei dir zu begleichen.«
Das wird niemals der Fall sein, dachte Lea verbittert. Selbst wenn sie darauf achtete, billig einzukaufen und es mit der Qualität nicht ganz so genau nahm, würde sie horrende Verluste erleiden. Einen Teil davon konnte sie durch überhöhte Preise für die besseren Familien in Hartenburg ausgleichen, aber alles in allem blieb es ein schlechtes Geschäft. In diesem Augenblick verfluchte sie Roland Fischkopf, an den sie ein kleines Vermögen verloren hatte. Jetzt würde sie sich aller Reserven entblößen und hoffen müssen, dass sie keine weiteren Verluste erleiden oder der Markgraf seinen Würgegriff bei nächster Gelegenheit erneuern würde. Wie es aussah, hielt er sie bereits jetzt für eine Zitrone, die man bedenkenlos ausquetschen konnte.
Mit einem Mal fühlte sie sich kraftlos und des ewigen Kampfes müde. Sie würde den Niedergang ihrer Familie nicht mehr lange aufhalten können. Ohne auf Frischlers letzte Worte einzugehen, verneigte sie sich vor ihm. »Ich werde alles besorgen.«
»Das wird auch Zeit«, blaffte der Sekretär sie an. »Mach, dass du verschwindest, und sorge dafür, dass nichts von der Liste fehlt!«
»Wie Ihr befehlt.« Lea machte einen weiteren tiefen Bückling und verließ den Raum. Auf dem Flur atmete sie erst einmal tief durch. Frischlers aggressive Haltung und die Art, wie er dem Wein zusprach, machten ihr Angst, und sie hoffte, dem Mann so lange aus dem Weg gehen zu können, bis er den Ärger über die Minderung seines Einflusses und den Verlust seiner Hure überwunden hatte.
Als sie über den Burghof ging, wurde ihr klar, dass die Ausgaben für den Markgrafen sie in die Lage versetzen würden, nicht nur das Privileg für die Ansiedlung zweier jüdischer Knechte bewilligt zu bekommen, sondern auch die Erlaubnis zu einer Heirat erwerben zu können. Beides war jedoch nicht in ihrem Interesse, und so hoffte sie, dass Rachel und Elieser sich zu wenig für die Zusammenhänge interessierten und Ruben ben Makkabi nie erfuhr, wie leicht sie seine Wünsche zu diesem Zeitpunkt hätte erfüllen können. Ihm würde sie mitteilen, dass sie zu Ausgaben gezwungen wurde, die es ihr unmöglich machten, sich von ihrem Landesherrn die Genehmigung zu einer, geschweige denn gleich zwei Heiraten zu erkaufen. Diese Lüge würde ihr nicht schwer auf der Seele liegen.
6.
Sarah wartete hinter dem Tor auf Leas Rückkehr. »Was hat der Herr von dir gewollt?«
»Nicht
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