Die Goldmacherin Historischer Roman
Grenzen?«
Aurelia erkannte den Grafen Wellenstein, der für den Kaiser schon manches Heer geführt hatte.
»Wenig, wie man sieht.« Der Adelige hob den Zeigefinger. »Kommt mit zur Kaiserin. Sie hat den Botschafter des Herzogs empfangen. Burgund gibt keine Ruhe bei Aachen und Nancy. Der Abgesandte wird Neues wissen von den Angelegenheiten im Reich, die uns alle betreffen.«
»Wohlan.« Laszlo löste etwas von seinem Gürtel und legte
es im Gehen auf den steinernen Rand des Treppenhauses. »Auf zu Kaiserin Eleonor.«
Die Grafen warteten auf ihn. »Habt Ihr Post aus Ungarn? Wo stehen die großen Reiterheere zur Zeit?«, sagten sie zu ihm auf den Stufen.
Laszlo antwortete: »Das Marchfeld ist fast menschenleer und …«
Aurelia hörte nicht mehr, folgte nur mit den Augen dem kräftigen Leib im rotgrünen teuren Wams, Romuald und Laszlo verschwammen. Sie wollte nicht, dass die Erinnerung an des Fürsten Kuss mit der an Romualds Leidenschaft verschmolz. Sie schüttelte sich, stand wieder mit ganzem Verstand an der Treppenbrüstung. Dem Fürsten wollte sie genauso wenig zu Willen sein wie der Prinzessin, obwohl die Berührungen des Mannes, der sie für einen Mann hielt, noch immer auf ihrer Haut brannten. Ihr Leib war schon zu lange nicht von Romuald umfasst worden. Die Sehnsucht nach seinen Lippen überfiel sie und raubte ihr fast den Atem.
Ob der Fürst enttäuscht wäre, wenn er sie so sähe, wie es die Prinzessin unter dem Birnbaum getan hatte? Oder in seiner Mannesehre gekränkt, zumal als Fürst und Ungar?
Aurelia holte tief Luft. Einer mehr am Hofe, dem sie besser nicht allein begegnete.
Das Geldsäckchen, das der Fürst auf der Steinmauer hinterlassen hatte, erinnerte sie plötzlich daran, was sie hier gewollt hatte. Sie öffnete es und zählte vier Gulden. Die Münzen von Fürst Laszlo brachten sie ihrem Ziel näher. Wofür sonst als blaues Steinmehl sollte er sie ihr gegeben haben?
Am besten vergrub sie sich im Keller im Laboratorium, den Weg dahin fanden nur der Legat und der Kaiser. Über der Glut schützte sie die Alchemia.
37
A urelia wusch sich die Hände an der Pferdetränke im Burghof. Das Wasser war noch sehr kalt, obwohl die Luft seit Mitte April schon so wunderbar warm war. Aurelia schüttelte die nassen Hände ab.
Drei Nächte hatte sie gebraucht, doch nun waren die großen Mengen Türkenpulver für den Fürsten Laszlo sowie für die Prinzessin fertig. Drunten im tiefen Keller hatte sie es sorgsam in besonders fest gewobenen Hanf abgefüllt.Anschließend hatte sie Sack für Sack heraufgeschleppt und wortlos in der Werkstatt des Hafners neben die Töpferscheibe gestellt, so wie es Laszlo befohlen hatte. Nun wollte sie im Gesindehaus speisen, Huhn oder Wild war ihr gleich, so sehr drückte sie der Hunger im Magen.
»Meister Heliodor, wartet!«, rief eine helle Stimme von der Seite der Palastgebäude über den Burghof. Die junge Dienerin mit dem schief gewachsenen Ohr rannte herbei. »Ich suche Euch schon überall«, sagte sie ganz außer Atem.
Aurelias Magen knurrte, und sie hielt die Hand darauf. »Was gibt es denn?«
Die Dienerin stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihr ins Ohr: »Die Prinzessin will, dass Ihr zur Bäckerei geht und das Kuchengewürz auf Gift untersucht.«
Aurelia sah die Dienerin überrascht an.Vergifteter Kuchen? Was war das wieder für eine Laune der Kleinen Prinzessin. »Ist denn jemand zu Schaden gekommen im Palast?«
»Drei Zofen haben Durchfall.«
Das konnte tausend Gründe haben, die Milch bekam schnell
einmal einen Stich. »Ist die Kleine Prinzessin wohlauf?«, fragte Aurelia nach.
»Der Guglhupf war für sie bestimmt.« Die Dienerin bekreuzigte sich. »Gott sei Dank hat sie davon nichts gegessen, sonst wäre ich wieder im Plätthaus bei der Wäsche.«
Es wunderte Aurelia wenig, dass die Prinzessin vorkosten ließ. »Ich kann nicht mehr tun, als im Backhaus um etwas Gewürz bitten«, sagte Aurelia. Das würde nicht weiter auffallen, alle Dienstleute am Hof machten ihre kleinen Geschäfte nebenbei. Im Laboratorium könnte sie es dann auf Gift untersuchen. Aurelia seufzte. Vater hatte so Recht gehabt. Nichts trieb die Leute mehr um als Gold und Gift.
»Ich soll Euch hinführen.« Die Glocken an der Palastkapelle schlugen Mittag. »Eilt Euch, wir sind schon spät dran.«
Das Backhaus stand ganz hinten an der Bastion vorm Graben, lustig dampfte es aus den Schornsteinen. Drinnen waren gut zehn Bäckergesellen zugange. Der Meister trug einen
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