Die Goldmacherin Historischer Roman
nur für einen Tanz. Die Salbe war noch nicht angerührt, nur mit Mühe hatte sie der Prinzessin versichern können, dass sie den Auszug von Mandelkirsche schon angesetzt, aber das Peterskraut noch nicht vom Apotheker erhalten habe. Morgen schon wäre es so weit.
»Fräulein Clarissa, gewährt mir den Tanz.« Aurelia verbeugte sich vor der Zofe, die ein Stück portugiesischen Konfekts verspeiste.
»Gern, Meister Heliodor. Die Prinzessin spricht so lobend von Eurem flinken Fuß!« Die Zofe hob den Saum des gefältelten Kleides und reichte ihr die Hand.
» E ay Deus, se verrá cedo, se vistes meu amigo o por que eu sospiro ?«
Der Takt des sehnsuchtsvollen Liebeslieds wechselte. Nun schritten alle im Kreis, man formte zwei Reihen. Aurelia kannte die Figuren, sie hatte sie schon mit Vater und Mutter in Marseille bei den Weinfesten getanzt. Die vier Seiten kreuzten sich, die Paare wechselten, drei Drehungen, dann kehrte man zum Anfang zurück.
»Kommt nach der Lehrstunde öfter mit uns tanzen«, flüsterte Clarissa bei der Drehung. »Ein Mann führt doch so viel besser.« Ihre Hand glitt Aurelia wie zufällig über den Arm, als sie auseinandersprangen. In diesem Augenblick sah sie, dass auch Fürst Laszlo tanzte, in grünen silberbestickten Hosen und weißem Hemd. Ohne Hut fielen ihm die Locken wild in sein erhitztes Antlitz. Eben schenkte er ihr ein Lächeln, das anzüglicher nicht sein konnte.
Die Trommel schlug, Männer und Frauen stellten sich im Kreis auf und hielten die Arme abgewinkelt einander zu wie zum Zuprosten. Im Süden stießen die Männer dabei mit den
Ellenbogen aneinander, doch am Hofe unterließ man das. Auch wenn der Kaiser nicht allzu viel auf Ehrerbietungen gab, wenn er zu Lautenklang und Wein bei der Kaiserin weilte, berühren durfte ihn jedoch niemand ungestraft. So zuckten die Ellenbogen der Männer nur in die Luft, und die weiten Hemdsärmel flatterten weiß.
Die Trommel gab wieder das Zeichen zum Wechseln der Paare. Die Kleine Prinzessin gelangte an Aurelias Hand. »Nun, wie weit seid Ihr?«, flüsterte sie und drehte sich unter ihrem Arm hindurch.
»Morgen zu Vollmond.« Margret würde sie schon verstehen.
Wieder tauschten die Paare, das Fackellicht züngelte wie im Takt der Musik auf der Gewölbedecke.
» E ay Deus, se verrá cedo! «
Der Tanz war vorbei. Die Kaiserin klatschte in die Hände. »Bringt den Spielleuten Wein«, befahl sie den Bediensteten.
»Graf Wellenstein, kommt an meinen Tisch. Unsere Tochter wird sich freuen.« Der Kaiser deutete an die Stirnseite unter den Wandbehang, auf dem sein rätselhafter Wahlspruch AEIOU golden eingewoben über dem eigentlichen Teppichbild prangte, den man auch sonst in der Burg hie und da über Türstürzen eingemeißelt sah.
Aurelia hielt sich an der Seite bei den Bänken mit den Tellern voller Maultaschen. Die Kleine Prinzessin gab sich hoheitsvoll und freundlich, lächelte gar liebreizend dem Heerführer zu, den der Kaiser ihr gegenüber platzierte.Welch Hoffart.
»Trinkt etwas, Heliodor.«
Die Stimme von Fürst Laszlo fuhr ihr in die Glieder. Beinahe hätte sie den Zinnteller mit den Maultaschen fallen lassen. »Ich … bin nicht durstig.«
»Einen hiervon auf Ungarn.« Er reichte ihr schon den Zinnbecher mit dem roten Tokaj. »Von meinen Ländereien an unserem großen See.«
»Der Kaiser schätzt den Tokaj sehr.« Aurelia nippte vorsichtig, damit der Bart nicht rutschte. »So sagt man am Hofe, mein Fürst.«
»Erzählt mir gern, wovon Ihr hört.« Doch obwohl seine Worte an Aurelia gerichtet waren, verfolgte der Blick des Fürsten aufmerksam das Geschehen vorn am Kaisertisch.
Aurelia spürte die Wärme seines Leibes durch ihre Jacke hindurch. Mit seinen moosgrünen Augen beobachtete der Fürst jede Geste des Grafen Wellenstein. »Er soll noch keine Schlacht verloren haben«, murmelte er.
Fast schien es Aurelia, als ob er mit sich selber sprach. »Der Kaiser rüstet für den Feldzug gegen seinen Bruder, deshalb ehrt er den Heeresführer wohl mit dem Platz am Tisch«, sagte sie.
»Er sollte sich lieber um die Grenzen kümmern. Es gibt schlechte Nachrichten aus Ungarn.« Der Fürst sah erst in seinen Wein, dann blickte er Aurelia in die Augen. »Was erzähle ich das Euch, Heliodor? Wo wir doch die Zeit besser vertun könnten.«
Küssen würde er sie hier vor aller Augen nicht. Aurelia tat, als ob sie nichts begriffe und schwieg.
»Wie kommt Ihr voran mit des Kaisers Begehr?«, fragte er mit einer schmeichelnden Stimme, bei
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