Die Goldmacherin Historischer Roman
weißen Schnauz und hatte beide Unterarme tief in einen Trog mit Teig gesenkt, den er um- und umwarf. »Da seid Ihr ja endlich, Sterndeuter«, grummelte er nur. Für die einfachen Leute war Alchemia und Sterndeuterei das Gleiche. Der Bäckermeister hielt inne, ein Teiglappen fiel von seinen Armen herab. »Der Gewürzhändler wartet hinten im Lager. Aber kauft mir nicht den ganzen Anis weg. Ich brauch’s für den Kaisertisch zum Sonntag, hört Ihr?«
»Gewiss nicht, nur ein paar Quäntchen brauche ich«, beschwichtigte Aurelia.
Die Dienerin zog sie am Arm weiter. Der Backofen heizte die Stube kräftig, die Jungen schwitzten und reihten Brotlaib um Brotlaib auf mehlbestäubte Bretter. Gut vierzig Teige gingen dort auf. Die Dienerin sprang ein paar Stufen hinab zu einer niedrigen Tür. »Hier hinein.« Sie selbst blieb draußen stehen.
In dem Verschlag duftete es nach Nelkengewürz und Zimt. Im Schatten bei dem Schaff mit den getrockneten Bunden Rosmarin für die Würzsemmel regte sich jemand und warf einen Schleier vom Kopf.
»Prinzessin!«, rief Aurelia aus.Was trieb Margret hierher, zumal verkleidet in einer groben braunen Händlerkutte?
»Nicht so laut!«, zischte sie und zeigte auf zwei Hocker vor dem Gewürzvorrat.
»Ihr habt Sorge wegen eines Giftes?«, fragte Aurelia mit leiserer Stimme.
Die Kleine Prinzessin war ganz blass. »Ja, aber anders, als ich der Dienerin weisgemacht habe. Der Durchfall der Zofen hat mich nur darauf gebracht.« Der Blick ihrer eisblauen Augen konnte sich mit der Kälte des Brunnenwassers messen. »Ihr seid mir etwas schuldig.«
»Zu Diensten«, beeilte sich Aurelia zu sagen.
»Es gibt Hochzeitspläne für mich.« Die Prinzessin ballte die Hände auf dem Kuttenstoff.
Da sie nicht weitersprach, fragte Aurelia vorsichtig: »Ihr freut Euch nicht?«
Ein Laut des Hohnes brach durch Margrets zusammengepresste Lippen. »Soll ich etwa als Frau des Heerführers Wellenstein auf einer Burg in Niederösterreich versauern, während mein Gemahl auf den Schlachtfeldern metzelt? Das wäre ein trauriger Hof. Niemals Gesellschaft, immerzu von Feinden bedroht.« Wieder sog sie seltsam scharf die Luft ein. »Nein. Ich bin die Tochter des Kaisers, was immer seine Ratgeber meinem Vater über das Standesrecht einflüstern. Ich opfere mich nicht für einen kurzen Frieden.«
Aurelia wurde kalt, trotz des warmen Dunstes.Von Rüdesheim würde es gar nicht schätzen, wenn sie sich hier einmischte. Der Kaiser machte Staatsgeschäfte mit dem zukünftigen Ehering der Kleinen Prinzessin. Noch alle Zeit waren die
Töchter der Herrscher, Bankert oder nicht, für Land, Geld und Macht eingetauscht worden.
»Aber wie soll ich Euch da helfen?«
»Ihr verhindert die Hochzeit, ganz einfach.«
Aurelia konnte nicht anders als auflachen, auch wenn das finstere Gesicht der Prinzessin nicht gerade dazu einlud. »Wie könnte ich das!«
»Ihr kennt Euch mit Metall und Schwefel aus. Drei Säcke Türkenpulver habt Ihr mir beschafft. Gewiss kennt Ihr ein Gift, das mich eine Weile krank werden lässt, aber nicht umbringt.«
Aurelia erschrak heftig. Was die Prinzessin da verlangte, wollte sie nicht tun, nein, das durfte sie nicht tun! Sie hatte ihrem Vater schwören müssen, dass sie ihr Wissen niemals für opera maleficarum verwenden würde. Niemals würde sie die Schwarze Kunst betreiben. »Die Gefahr wäre viel zu groß. Ihr seid kerngesund, niemand würde an eine Krankheit glauben.« Aurelia schüttelte den Kopf. »Bedenkt, jeder würde sofort ein Gift vermuten. Man gäbe Euch nur Wasser und Brot.«
Die Prinzessin warf das zum Zopf gebundene Haar zurück. »Es ist mir gleich, wie du es machst, Heliodor.« Sie sprang auf. »Oder wie auch immer du heißt, du Weibsstück von Hexe!« Sie kniff die eisblauen Augen zusammen.
Vater, Mutter, helft , betete Aurelia inständig. Ich will das nicht, nicht Schwarzkünstlerin werden, niemals. Sie zitterte, wich dem Blick der Prinzessin jedoch nicht aus, der sie fast zermalmen wollte. Aurelia versuchte standzuhalten. Vergiss nicht das erste Gebot der Landstraße, Kind, jeder Preis ist recht, wenn du nur überlebst, flüsterte Mutters Stimme in ihrem Kopf. Aurelia fühlte tief in ihrem Innern, wie ihr Kraft zuwuchs. »Ich werde Euch helfen«, sagte sie langsam.
Die Prinzessin hob das Kinn und schaute auf sie herab. »Wie?«
Aurelia sah im Geiste die Heilbücher und Kräuterschriften der Nonne Mechthild vor sich. Sie würde schon etwas finden… Die Kaisertochter aber würde
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