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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Knochenleim unter die Plane zurück. »Dein Alter wird sich nun aufs Ohr legen. Nimm du die Zügel.« Er griff zur Krücke, drehte sich mit dem Hintern zur Ladefläche, zog sich mit den Händen rückwärts hoch und robbte unter die Plane. »Die alte Hilla gehorcht dir bestimmt. Quäle die Stute nicht, sie ist älter als du, fürchte ich.«
    Aurelia schnürte die Plane über ihm zu. Als sie auf den Bock stieg, hörte sie ihn schon schnarchen.
    »Lauf«, rief sie und schlug einmal sanft mit dem Zügel. Hilla trottete los.
    Die Vögel sangen. Das Licht war herrlich und der Himmel blau. In der milden Luft glaubte Aurelia fest, dass sie Romuald finden könnte.

63
    I n der Junihitze flimmerte die Luft, die Farben der Landschaft verblassten im grellen Sonnenlicht. In der Ferne verschwammen die Befestigungen der Stadt Wien mit dem Himmelsrand. Nach einer kurzen Nachtruhe, in einem kleinen Haag verborgen, war Aurelia mit dem Einbeinigen in den kühlen Morgenstunden weitergefahren.
    Veit saß neben ihr auf dem Kutschbock und packte den Wasserbeutel mit frischem Quellwasser zwischen sie. »Die Rauchsäulen, die dort quer über den Weinberg treiben – die sind ein gutes Zeichen.« Er deutete auf die Hügelkette, auf die sie zurollten. »Ich werde meinen Kram los. Zwar nicht heute, aber morgen.« Er rieb sich einen Schweißtropfen vom Ohr.
    Aurelia hielt noch immer die Zügel, aber die alte Mähre lief von allein, langsam zwar, aber brav. »Meinst du, weil da gerade viel Zeug verbrennt und man Ersatz kaufen muss?«
    Veit klopfte sich auf dem Kutschbock neben ihr den Beinstumpf und lachte. »Hättest du so viele Schlachtfelder gesehen wie ich … Nein, das sind Geschütze, die ausqualmen.«
    Aurelias Herz schlug schneller. Oh Gott, dann wütete bereits der Krieg. Sie hätte so gern geglaubt, was die Fahrenden gerufen hatten: Still sei’s vor der Stadt. Auch ein alter Mönch, der zu Fuß unterwegs war, hatte nichts von Angriffen gewusst.
    »Der Kaiser hungre die Stadt aus, haben doch alle gesagt, die uns begegnet sind«, wandte sie ein und zählte insgeheim die Rauchsäulen.
    »Ebendrum wird er sie nun beschießen, damit es den Gefolgsleuten seines Bruders in Wien erst recht bang wird. Der
Kaiser hat es ja schwer mit der stolzen Stadt. Erst hat sich der Bürgermeister Holzer mit dem Bettlervolk gegen ihn und die rechtmäßige Ordnung aufgelehnt und seine Stadt in die Hand seines Bruders gebracht. Doch dann war der Bürgermeister mit dem neuen Herrn, dem Herzog Albrecht, unzufrieden und wollte sie wieder an den Kaiser verraten. Nur haben die Getreuen des Herzogs Albrecht den Verrat vorher gemerkt.« Veit nickte bedächtig. »Im April haben sie Holzer gevierteilt. Aus war’s mit einer listenreichen, freiwilligen Übergabe. So hat der Kaiser das Heer dort aufstellen müssen.«
    Als sie die Höhe des nächsten Hügels erreichten, bot sich ihnen ein wirres Bild.
    »So viele Leute im Feld!«, rief Aurelia erschrocken aus.
    Rechts unterhalb der Weinberge reihten sich die Wagen der Marketenderinnen auf, manche formten Halbkreise, wieder andere standen in Haufen zu dritt oder zu viert.Aurelia glaubte, sogar Schweine am Spieß zu erkennen. Links auf den Feldern oder besser dem, was davon übrig war, schoss von der Höhe eines Haags eine Feuerkugel über den Himmel auf die Vorwerke Wiens zu. Hundertschaften wimmelten wie Ameisen über die Wege, Felder und Stege vor der Stadt. Sie rollten Holzwagen mit Schwingstämmen vor, die die Tore eindrücken sollten, und Steinschleudern und Wagen voll mit Fässern. Graugrüner Qualm stieg hie und da über Geschützen auf, um die herum viele Männer geschäftig zugange waren.
    An der Farbe des Rauches erkannte Aurelia das Türkenpulver. Es mochte gut und gern das Sprengpulver sein, das sie für den Kaiser auf der Prinzessin Geheiß hatte herstellen müssen.
    »Der Kampf wird bis zum Abend dauern. Ich glaube nicht, dass sie die Mauern heute schon durchbrechen. Dazu hat der Herzog Albrecht Wien zu gut befestigen lassen.« Veit reckte sich und gähnte. »Lenke uns den Wagen hinunter zu den Marketenderinnen.
Ich kenn gewiss die eine oder andere, die uns frisches Brot verkauft.«
    Aurelia hatte andere Sorgen als eine Mahlzeit, selbst wenn sie kaum gegessen hatte in den letzten drei Tagen. Die mageren Vorräte Veits waren zu zweit schnell verbraucht gewesen. »Am Bach entlang oder quer übers Feld?«, fragte sie.
    »Lass Hilla den Weg selber suchen, sie ist ein schlaues altes Weib.« Veit blickte liebevoll

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