Die Goldmacherin Historischer Roman
Ihr?« Sie musterte Aurelia von Kopf bis Fuß. Zornesröte stieg in ihr hellhäutiges Gesicht, ihre Augen wurden gewitterblau. »Sprecht!«
»Heliodor.« Aurelia fiel keine bessere Antwort ein.
»Ihr wagt es, mir diese Lüge aufzutischen? Sobald mein Vater davon erfährt, seid Ihr des Todes.«
Aurelia sackte mit dem Rücken an den Birnbaum. Sie richtete sich den Bart unter dem harten Blick der Prinzessin. »Wollt Ihr wirklich, dass man bei Hofe davon erfährt?«, fragte sie ohne große Hoffnung.
»Was wagst du? Hältst den Kaiser und den ganzen Hof zum
Narren. Das soll ich verschweigen?« Prinzessin Margret zog eine Falte an ihrem Kleide glatt. »Wer bist du schon, dass man dich nicht hart strafen könnte.«
Aurelia sah wieder die Flammen des Scheiterhaufens lodern, Angst überflutete sie. Ein zweites Mal würde kein gerissener Bischof sie retten. »Es war nicht mein Einfall, gewiss nicht«, verteidigte sie sich.
»Wessen sonst? Am Hofe eingeschlichen hast du dich.« Die Prinzessin wandte sich ab, suchte am Hang hinter ihnen ihre Zofen, aber niemand befand sich auf der Wiese.
Verrat beging man nur, wenn man Treue geschworen hatte. Der Legat hatte Aurelia zu allem gezwungen. »Von Rüdesheim ließ diesen Bart knüpfen und …«
»Der Abgesandte des Papstes hintergeht uns mit Blendwerk?« Die Prinzessin wandte sich langsam um und legte den Kopf schief. »Warum bloß nimmt der Legat die Gefahr hin, dass du entdeckt wirst?«, sprach sie wie zu sich selber.
»Vielleicht, weil der Kaiser einen Alchemicus braucht.«
Sie hob das Kinn, ganz Herrin. »Ist das Wissen, das du mich gelehrt hast, Lug und Trug wie dieser Bart?«
»Nein.«
Die Prinzessin verschränkte die Arme vor der Brust. »Wer soll dir das glauben?«
»Die Schmiede, die Grafen, der Kaiser, alle wissen, dass Heliodors Schwertlot und Türkenpulver etwas taugt.«
Margret schaute sie mit halb geschlossenen Augen an. »Du meisterst die arkanen Künste also wirklich.« Einen Augenblick verharrte sie reglos in Gedanken.
Dann lachte sie plötzlich und klatschte in die Hände. »Was bin ich töricht … Etwas Besseres konnte mir gar nicht geschehen, als dass der Legat solch einen Fehler begeht«, flüsterte Margret.
Aurelia war froh, dass der Stamm im Rücken ihr Halt gab. Nun war sie der Prinzessin ausgeliefert.
»Niemand wird etwas erfahren. Meine Zofen nicht, und selbst der Kaiser nicht, wenn du tust, was ich von dir fordere.«
Die schmale Nase der Prinzessin kam Aurelias Gesicht ganz nahe.
»Ich will mich fügen«, antwortete sie und senkte gehorsam den Blick. Aber bei der ersten Gelegenheit werde ich fliehen , schwor sie sich. Denn es lag auf der Hand, dass es für sie nicht gut ausgehen konnte: Der Legat würde Hüh von ihr wollen und seine Feindin, die Prinzessin, Hott.
Margret legte sich die Hände wie zum Tanz an die Hüften. »Und nun verfolgst du mich bis zum Wagen, He-li-o-dor, ordentlich wie bei einem Reigen. Damit die Zofen sich nichts denken.«
Die Prinzessin lief mit einem triumphierenden Jauchzen davon.
Sollte sie vielleicht den Legaten warnen? Gegen Macht half nur Gegenmacht.Auch wenn sie viel Glück haben müsste, dass bei ihrer Enttarnung der Einfluss des Papstgesandten mehr als die Stimme der Kaiserstocher wiegen würde.Aber es gab sonst niemanden, der ihr helfen konnte.Aurelia durfte sich nicht der Verzweiflung überlassen.
»Ich krieg Euch noch!«, rief sie der Prinzessin mit geheuchelter Fröhlichkeit nach und hoffte inständig, dass sie den Launen Margrets irgendwie entkommen konnte.
35
I n der Mitte des Palastlaboratoriums fachte Aurelia die Kohlen im Becken an und holte dann mit der Zange ein Stückchen Glut heraus. Sie ging zur Längsseite des hohen Gewölbes und entzündete auf dem steinernen Tisch den Athanor, das Alchemisten-Öfchen. Im Halbdunkel des frühen Morgens zog der Rauch hinauf zu den vier runden Fensteröffnungen auf der Grabenseite der Burg.
Für ausreichende Belüftung hatte sie gesorgt. Gefährlicher war an der Praeparatio etwas anderes. Menge nie ein Pulver, wenn du selbst in Unrast bist . Das war die fünfte der Mahnungen der Prophetissa.
Aurelia lehnte sich an den hölzernen Schrank, in dem der Kaiser vielerlei Glaszeug und Metallgerät verwahrte. Alles in ihr schien einem beständigen, feinen Zittern ausgesetzt, wie wohl doch ihre Hand scheinbar ruhig blieb.
Es war schlicht Angst. »O heilige Jungfrau«, entfuhr es ihr. Sie drückte sich die Fäuste an den Mund, das rotgelb glimmende
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