Die Goldmacherin Historischer Roman
sich mühte, an Aurelias Tugend nicht zu zweifeln, der Stachel saß. Aurelia war so eigenwillig und klug, schön obendrein. In Romualds Kopf drehten sich die Worte von Pankraz. Es konnte gar nicht anders sein, als dass die Fürsten ein Auge auf seine Aurelia warfen. Wie sehr er sie vermisste … »Ihr Liebreiz ist so groß«, seufzte Romuald.
»Hab ich dir bittres Futter gegeben?« Pankraz legte die Stirn in Falten und ließ seine Hand schwer auf Romualds Schulter fallen. »Mach es wie ich, schon seit vielen Jahren. Schaffe dein Täubchen bei erster Gelegenheit vom Hof, kauf dir ein Haus in Neustadt oder Graz. Halt dein Weib fein aus mit Zuckerwerk und Kleidern. Dann freut sie sich immer, wenn du vom Heerlager kommst. Den einen oder anderen Golddukaten wirst du wohl vom Fürstengeld abzweigen können.«
Romuald wiegte den Kopf auf den Schultern. So einfach war das nicht.
Pankraz sammelte seine Arm- und Beinschilde auf. Romuald warf sich die Tasche mit dem Schreibzeug über die Schulter. »Auf zu den Truhen«, sagte er.
34
S o mild auch die Luft über die grünenden Hänge strich, Aurelia hätte lieber den Tag im geheimen Keller beim Glutofen verbracht. Drei Säcke hatte sie schon mit zwanzig Pfund Sprengpulver füllen können, das Fürst Laszlo zusätzlich bestellt hatte. Nun, da endlich die sieben fehlenden Erden geliefert worden waren, hätte sie sich mit der Großen Wandlung auseinandersetzen können.
Stattdessen ritt Aurelia auf einem braven Pferdchen hinter dem Wagen von Prinzessin Margret her und schwitzte in der Aprilsonne. Unablässig kicherten die Zofen mit der Kaisertochter. Hie und da fielen Apfelschalen aus dem Wagen oder ein abgenagtes Hühnerbeinchen.
Aurelia tröstete sich mit dem Blick in die Auen zur Leitha hin. Die Felder glänzten in der Sonne fast fettig grün, die Luft roch nach Frühling, und der Himmel war so hoch und von reinstem Blau, als könne man Gott in seiner Wohnstube grüßen.
Der Wagen ruckelte über Steine, Aurelias Pferdchen wich ihnen von selbst aus und die Zofen juchzten. Eine Wegbiegung noch, dann waren sie am Ziel.
Den alten Klosterbühl hatte Margret ausgewählt, weil dort die Birnen und Äpfel standen. Ein weißes Blütenmeer erstreckte sich in diesem milden Jahr schon jetzt bis hinunter zum Fronwald. Der laue Hauch trug einen Duft herauf, betörender noch als in den Mainzer Gärten, wo sie mit Romuald gelustwandelt war. Aurelia seufzte. Ach, Romuald, fände ich dich doch endlich.
»Halt!«, befahl die Stimme der Prinzessin und schon erschien ihr grüner Stoffschuh unterm Rocksaum. Sie sprang voran in die von lauter roten, gelben und weißen Punkten übersäte Wiese. »Hier werden wir rasten! Kommt, wir drehen Reigen!«
Sie beugte sich zur Wiese, hielt schon eine weiße Blume hoch und pflückte die nächste. Aurelia ließ das Pferdchen anhalten, stieg ab und band es im Schatten des Wagens an die Deichsel. Nur als Kind war sie so leichtherzig über die Wiesen der Provence gelaufen und hatte Lavendelblüten gesammelt, während Mutter und Vater Arm in Arm am Feldrand entlanggeschritten waren.
»Was zaudert Ihr, Heliodor?«, rief Prinzessin Margret und winkte mit einem bunten Strauß. »Ihr macht den Hirschen.«
Im Reich hatte kaum eine Maid im Alter der Prinzessin noch die Zeit für Reigenspiele. Mußestunden waren leider nur den hohen Ständen vorbehalten. Aurelia schritt über die Wiese. Der Kutscher hatte sich schon mit einem Schlauch Wein in den Schatten unweit des Wagens ins Gras gelegt.
Wie bei ihren vier Zofen leuchtete auch Margrets weißes Gesicht rosig. Die Frauen hatten sich an den Händen gefasst und die Prinzessin in ihre Mitte genommen. »Fangt mich, Heliodor!«
Aurelia warf nur die dunkle Jacke ab. Seit es wärmer wurde, gürtete sie ihre Brust besonders sorgsam mit schmalen Tüchern flach, so dass man sie unter den zwei weiten dünnen Hemden nicht erahnte.
»Ihr müsst erst in den Kreis und die Prinzessin erhaschen. Gelingt es ihr hinauszukommen, müsst Ihr ihr nachlaufen«, lachte sie die glutäugige kleine Zofe an, die mit der Kaiserin aus Portugal gekommen war.
»Heliodor, hier bin ich!« Margret tippte sie über die Schranke aus Frauenarmen an.
Aurelia lief nach links, dann nach rechts, sie nahm die Arme der Zofen hoch, tat ihnen aber keine Gewalt. Darunter her zu schlüpfen vermied sie lieber, am Ende verrutschte noch ihr falsches Haar.War es die Frühlingsluft oder das ausgelassene Gekicher, doch Aurelia vergaß nur zu gern all die
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