Die Goldmacherin Historischer Roman
Kohlebecken in der Mitte des Gewölbes im Blick. »Ich flehe um deine Hilfe.«
Die Kohlen brachen leise knackend entzwei.
Bei Morgengrauen in ihrem Turmstübchen hatte Aurelia noch geglaubt, der Legat könne sie schützen, wenn er wüsste, dass die Prinzessin ihre wahre Natur erkannt hatte. Aber nach einigem Nachdenken hatte sie begriffen, dass der Legat sie eher sofort verschwinden lassen würde. So könnte er am besten verhindern, von der Prinzessin enttarnt zu werden.
Sie war der jungen Margret ausgeliefert. So sehr Aurelia die
ganze Nacht auf eine Rettung gesonnen hatte, es gab keinen anderen Ausweg als dadurch Zeit zu gewinnen, dass sie ihr zu Willen war.
Die Prinzessin hatte sie gestern den ganzen Ausflug über mit tändelnden Pfänderspielen getriezt und mit Zweideutigkeiten gequält, aber auch heiter mit ihr und den Zofen gescherzt. Als Aurelia endlich wieder auf ihr Pferdchen hatte steigen dürfen, hatte Margret ihr nur zugeflüstert, sie solle für den Kaiser Sprengpulver machen.
»Wenn das so einfach wäre mit dem vermaledeiten grünen Schwefel«, stöhnte Aurelia und erschrak vor dem Hall ihrer eigenen Stimme im hohen Gewölbe.
Die Rezeptur war nicht schwierig, so oft wie sie Vater dabei geholfen hatte. Es war der grobe grüne Schwefelsand, den die Kanzleischreiber ihr um teures Silber hatten endlich herbeischaffen lassen, der nichts taugte. Aurelia schlug das Ende des Hanfsacks auseinander. Die grünen Brocken waren groß wie Haselnusskerne. »Wie komme ich nur zu feinem Grieß?«, seufzte sie. Fürs Mahlen und Sieben war Schwefel zu giftig.
Aurelia richtete drei schwere Tiegel, füllte aus einer großen Vorratsflasche die Hebesäure ein und gab Wandelpulver aus rotem Eisenrost dazu. Das leise Zischen des Herdes beruhigte sie langsam. Sie könnte die Brocken vielleicht mit einer Glutforke aufbrechen und zu Brei verdrücken oder ein wenig mehr Hebesäure hinzufügen.
In den ersten Tiegel gab sie keinen Becher von der Flüssigkeit zu, dafür in den zweiten, und in den dritten tat sie noch zwei Prisen Eisenrost mehr.Aus dem Sack hob sie eine Schaufel grünen Schwefels und trug sie zu den Tiegeln.
Rasch gewann sie drei Arten Brei und setzte die Tiegel mit der Zange in die Glut des großen Beckens. »Wo habe ich die Dampfbleche hingetan?«, murmelte sie.
Sie ging alle Schränke ab.War der Kaiser etwa hier gewesen?
Doch seit die Auen und Wälder grünten, lenkte ihn nichts von der Jagd ab.
Im Winkel vor dem Gussstein klemmten die Bleche zwischen vier Zubern voll Quellwasser.Aurelia dämmte damit am Herd die nun aufsteigenden, ätzenden Dämpfe ein. Der Brei musste völlig ausbacken, so lange, bis er grob aufriss, erst dann würde das Gemisch erkaltet zu Pulver verbröseln.
Aurelia nahm einen Schluck aus der Holzkanne, die sie herunter in den Keller geschafft hatte. Das Wasser schmeckte schon bitter von dem Schwefelzeug in der Atemluft. Sie öffnete die schwere Eichentür des Laboratoriums für einen Durchzug. Die Glut im großen Herd wechselte von dunkelrot zu hell.
Je länger sie die Große Wandlung vorbereitete, desto mehr Schwierigkeiten ergaben sich.Waren zwar Bleimehl und Kupferblend rein genug, so war das blaue Steinmehl leider so mit Quarzmehl gestreckt, dass es gewiss für die Goldwandlung zu schwach war. Sie musste irgendwie in die Stadt gelangen und selbst einen Kaufherrn bezahlen, der ihr reineres beschaffen sollte.
Im langen Gang herunter zum Laboratorium waren plötzlich Schritte zu hören. Rasch trank Aurelia noch einen Schluck Wasser und prüfte den Sitz von Haarteil und Bart an einem Handspiegel, den sie in einer Lade des Schrankes verschwinden ließ.
Der Legat von Rüdesheim trat ein, wand sich so schnell zwischen Steintisch und Kohlenherd hindurch auf sie zu, dass sich sein roter Mantel drehte wie ein Rock beim Tanz. »Hütet Euch, mir in die Quere zu kommen, Heliodor!« Die braunen Augen funkelten im runden Kopf wie Käferrücken.
Etwas hatte ihn in Wut versetzt, seine Mundwinkel zuckten gar. Aurelia hätte beinahe gelacht, denn vor lauter Vorsichtsmaßnahmen wurde sie ja schon halb verrückt. Den Legaten
beeindruckte sie aber kaum mit ihrer Mutlosigkeit.Vorsichtig trat sie einen Schritt vom Schrank weg. »Was wollt Ihr hier? Schickt Euch der Kaiser? Ich habe zu arbeiten, wie Ihr seht.«
»Braucht Ihr das für eine Wandlung zu Gold?« Der Legat rümpfte über den drei Tiegeln voll Schwefelbrei die Nase. »Die Hölle wird kaum schrecklicher riechen.«
»Nein. Ich bereite dem
Weitere Kostenlose Bücher