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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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verwies auf die laufenden Ermittlungen, die er nicht gefährden dürfe, gestand das Fehlen einer wirklich heißen Spur ein, verschwieg Gordum und versprach, den Täter so bald wie möglich zu fassen. Dann hoffte er auf ein mildes Urteil.
    Das Gesagte hielt den strengen Blicken der Clique halbwegs stand. Nur Karl, der extra aus seiner fränkischen Wahlheimat nahe Würzburg angereist war, gab sich nicht ganz zufrieden. Bei den heutigen Methoden, meinte der Computerexperte, müsste es doch ein Leichtes sein, einen Mörder zu finden. Aber Greven konnte seinen Einwand schmunzelnd mit einigen Beispielen aus seiner Praxis abschmettern. Er war erst einmal aus dem Schneider, auch wenn er seinen Herzschlag spürte.
    Die Gespräche schweiften ab. Da sich einige seit Jahren nicht gesehen hatten, rückten nun Karrieren und Kinder in den Mittelpunkt. Auch von stattlichen Häusern und verwegenen Reisen nach Australien war die Rede, von Erlebnissen in New York und aussichtsreichen Posten. Einige waren in ganz anderen Welten angekommen, als in denen, in die sie damals aufgebrochen waren. Ralf war zum Oberstudienrat mutiert, verteilte keine Flugblätter linker Zellen mehr, sondern Noten an Abiturienten, die er per se als faul und unmotiviert einstufte. Wer hätte das gedacht. Volker war Gründer einer erfolgreichen Versandfirma, die er VEB getauft hatte – Volkers eigener Betrieb . Warum auch nicht. Greven dachte an den Amselfelder, den heute keiner mehr in den Mund nahm.
    Greven betrachtete die gereiften Gesichter der zum Teil mehrfachen Mütter und vermied es, Harms Matratze in Erinnerung zu rufen. Alle vermieden es. Selbst Margret, die an diesem Nachmittag sonst nichts ausließ, um ihre braven, etablierten Schwestern als solche vorzuführen. Dabei sprach sie noch am ehesten aus, was Greven vom ersten Augenblick an gespürt hatte. Das Knistern. Die Spannung. Darüber konnten auch die aufbereiteten Anekdoten nicht hinwegtäuschen. Nur der traurige Anlass hatte die Clique wieder zusammengeführt, deren Mitglieder sich heute weitaus weniger zu sagen hatten als vor siebenundzwanzig Jahren. Man trank zwei, drei Bier miteinander, erzählte ein paar Geschichten, die kaum noch wahr waren, zückte Fotos von Häusern, Ehemännern, Ehefrauen, Kindern, jammerte über die Steuerbelastungen, den schlechten Zustand der Welt, die Situation in Afghanistan, den Kanzler, die zu vielen Pfunde, die ersten Alterserscheinungen. Das war’s auch schon. Das einmalige Wir-Gefühl, auf dem sie bis zum Abitur durch die Zeit gesegelt waren, hatte sich längst verflüchtigt, jeder strampelte für sich, beäugte den anderen, seine Position, sein Aussehen. An der Oberfläche schien alles beim Alten, daran konnten auch Margrets ironische Bemerkungen nicht kratzen, über die alle lachten, auch wenn sie selbst das Ziel waren. Nur wer genauer hinhörte, konnte das Knacken und Knistern im Gebälk wahrnehmen.
    Noch einmal stieß man an, trank auf den ermordeten Freund und darauf, sich nun wieder öfter sehen zu wollen, bei schöneren Anlässen, im Sommer etwa, auf Juist, und dann mit den Familien. Auch Greven versprach, mit Mona zu kommen, obwohl er wusste, dass es bei diesem Vorsatz bleiben würde. Man umarmte sich, küsste sich, tauschte noch schnell fehlende Adressen und aktuelle Handynummern aus und trennte sich.
    Auf der Rückfahrt nach Aurich waren nicht nur Jaspers und Ackermann mit an Bord, sondern auch ein dumpfes Gefühl, das sich in Grevens Magen einquartiert hatte, es war das Gefühl, gerade mehr zu Grabe getragen zu haben als einen toten Freund. Außerdem beschäftigte ihn Gesines Rolle, auf die er sich keinen Reim machen konnte. Allein auf den vielleicht etwas peinlichen Lokaltermin im Hafenkieker war ihr abweisendes Verhalten nicht zurückzuführen. Wie am Tag zuvor schob er im Kopf Puzzleteile hin und her, doch sie passten nirgends.

18. Kapitel
     
    Am Morgen war Greven mit schweren Bildern von gesichtslosen Gestalten in kuttenartigen Gewändern erwacht. In der Nacht hatte er ihr Treiben verfolgt, hatte beobachtet, wie sie im Mondlicht um das Rathaus am Delft schlichen, sich umsahen, in geheimen Türen verschwanden und sich nach und nach in einem von Kerzenlicht schwach erleuchteten Gewölbe versammelten. Die Kuttenträger nahmen an einer großen runden Tafel Platz. Einer von ihnen, anscheinend eine Art Großmeister, schlug einen ledergebundenen Folianten auf, las Namen vor, tauchte eine Feder in ein Tintenfass und stellte die vollständige Anwesenheit

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