Die Gordum-Verschwörung
Clique?“
„Frag mich was Leichteres. Ich glaube, zumindest Gesine weiß mehr, als sie zugibt. Ihr Verhalten hat sich spürbar verändert. War sie bei unserem ersten Gespräch zwar zurückhaltend, aber doch hilfsbereit, hat sie sich nun in eine Art Panzer zurückgezogen. Vielleicht hat Harms Tod sie doch schwerer getroffen, als ich dachte. Aber vielleicht aber hat ihr merkwürdiges, fast aggressives Verhalten auf seiner Beerdigung auch andere Gründe.“
„Lass sie doch einfach mal in Aurich antreten. Zu einer hochoffiziellen Zeugenvernehmung. So mit Häring, Tonband, vielen Tassen Kaffee, Protokoll und allem, was ihr da sonst noch so auffahrt.“
„Genau das werde ich auch tun. Wird mir nichts anderes übrig bleiben, auch wenn es Gesine ist.“
„Hast du etwa vorgehabt, sie in irgendeiner Weise zu schonen, nur weil du sie von früher kennst?“
„Nein“, versicherte er in einem Ton, der keinen Zweifel aufkeimen ließ.
20. Kapitel
Greven zog die Decke ein Stück zurück, mit der man Gesine zugedeckt hatte. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Haut weiß, ihre Haare klebten an den Wangen, ihre Züge waren ausdruckslos. Es gab Leichen, die sich die Aura des Lebendigen bewahrt hatten. Gesine hingegen war unschwer als Tote zu erkennen. Er starrte auf das Mädchengesicht, rief sich ihren Blick in Erinnerung, dachte an den Hafenkieker und die Börse . Und an ihre Mutter, der Häring bereits die traurige Nachricht überbracht hatte. Häring war darin Experte. Er machte das wirklich einfühlsam und taktvoll, das musste man ihm lassen.
Auf jeden Fall hatte Greven sich geirrt. Die Clique würde nun doch schneller wieder zusammenfinden, als er gedacht hatte. Auch der Anlass war erneut traurig, und die klassische Frage würde ihm diesmal mit Windstärke 12 ins Gesicht branden. Noch einmal betrachtete er den nassen Kopf der Toten, dann streifte er ihr wieder die Decke über.
Das Gesetz der Serie hatte sich nicht behaupten können, denn statt vom Hafenmeister war Gesine von einem Fotografen entdeckt worden, der das Licht vor Sonnenaufgang für eine Fotoserie hatte nutzen wollen. Dabei hatte er die Tote gefunden, die mitten im Hafenbecken trieb. Wiederbelebungsversuche waren gar nicht erst unternommen worden, da der Körper bereits kalt war, als ihn einige alarmierte Anwohner aus dem Wasser zogen.
„Woran ist sie gestorben?“
„Kann ich Ihnen noch nicht genau sagen“, antwortete Möller. „Das müssen die Kollegen in Oldenburg feststellen. Sie hat einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf erhalten, eine Platzwunde deutet darauf hin. Aber das muss nicht unbedingt die Todesursache sein. Ich vermute, dass sie ertrunken ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird man Wasser in ihren Lungen finden.“
„Sie meinen, nachdem sie den Schlag erhalten hat, wurde sie ins Wasser geworfen?“
„So ungefähr.“
„Könnte es sich auch um einen Unfall handeln?“
„Im Prinzip schon. Wenn sie irgendwo gestürzt, auf dem Hinterkopf gelandet, ohnmächtig geworden und dann ins Wasser gefallen ist.“
„Tatzeit?“
„Zwischen 23 und 6 Uhr. Sie hat im Wasser gelegen, genauer lässt sich das noch nicht sagen.“
„Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?“
„Ach ja, in den Haaren am Hinterkopf sind deutlich gelbe Farbspuren zu erkennen. Wahrscheinlich von dem Gegenstand, der sie getroffen oder den sie getroffen hat. Wo und wie auch immer. Vielleicht von einem Bootsdeck oder einer Reling.“
„Danke. Sie können die Leiche jetzt wegbringen lassen.“
Greven erhob sich, spürte sein Knie und griff nach Möllers Arm. Der Arzt erwiderte den Hilfe suchenden Griff und half ihm in den Stand.
„Ihr Knie?“
„Ja. Und ich bin froh, dass es Ihre Kollegen überhaupt wieder so weit restaurieren konnten.“
Er stand auf dem Anleger des Yachthafens und sah sich um. Vier Spurensucher in weißen Overalls krochen über den Boden, inspizierten die Schiffe, machten Fotos. Jaspers half ihnen, während Ackermann sich im Kutterhafen umsah. Häring war noch immer bei Gesines Mutter. Zwei Uniformierte sicherten den Anleger, doch nur wenige Schaulustige hatten sich eingefunden. Dafür hatten sich schräg gegenüber im Kutterhafen viele Menschen versammelt, die sich das Schauspiel aus der Ferne ansahen.
Gesine war das dritte Opfer. Er brauchte den Obduktionsbericht gar nicht abzuwarten. Auch sein Knie brauchte er nicht zu befragen, das sich nur über seine gebückte Haltung beschwert hatte. Und der Zufall? Nicht einmal Meier hätte
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