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Die Gordum-Verschwörung

Die Gordum-Verschwörung

Titel: Die Gordum-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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Mona nachschenken.
    Wieder tauchte Gesine auf, er sah sie mit Karl, Volker, Dietsche, Ralf, Margret, Anne und den anderen. Fast alle hatten nach dem Abitur das Weite gesucht und auch irgendwo gefunden. Aber bekanntlich hat jeder sein Nest im Kopf. Lebenslänglich spukt es dort herum, wirft Schatten an die Schädeldecke wie an eine Höhlenwand, ist sedimentiert in jeder Nervenzelle und kommt immer wieder zum Vorschein. Vor allem, wenn danach gegraben wird.
    „Mona, diesmal habe ich eine Schlappe kassiert.“
    „Das habe ich kommen sehen. Aber du irrst. Die Morde waren nicht vorhersehbar. Du hättest sie nicht verhindern können.“
    „Aber ich hätte den Mörder finden können.“
    „Niemand weiß besser als du, dass das Jahre dauern kann. Ganz abgesehen davon, dass sich nicht jeder Mord aufklären lässt.“
    „Aber der an einem alten Freund.“
    „Manchmal nicht einmal der.“
    Greven verlagerte sein Gewicht und suchte sich eine neue Position für sein rechtes Bein. Er schnappte sich das Kühlkissen und drückte es Mona in die Hand, die es kopfschüttelnd zum Kühlschrank trug. Als sie nach einiger Zeit zurückkam, war er eingeschlafen, das wiederholt geleerte Whiskyglas war ihm aus der Hand geglitten und über die Lärchendielen gerollt.
    Während Mona eine Decke über ihn breitete, verfolgte Greven die Illuminaten. Diesmal schlichen sie nicht durch das nächtliche Emden, sondern durch Greetsieler Gassen. Er war überall und sah sie überall zugleich. Sie schlichen durch den Kattrepel, durch die Mühlenstraße, über den Marktplatz, vorbei am Schatthaus. Ihr Ziel war der Hafen. Dort entdeckte er Gesine und Thea Woltke, die auf einem der Fischkutter eng umschlungen tanzten. Er versuchte sie zu warnen, rief sie an, schrie sie an, doch sie nahmen ihn nicht wahr, tanzten einfach weiter. Schon betraten die ersten Vermummten den Hafen. Er versuchte, in ihre Gesichter zu schauen, doch unter ihren Kapuzen herrschte die totale Finsternis. Auch der Versuch, wenigstens eine der Gestalten festzuhalten, misslang, denn das schwarze Leinen ihrer Kutten war für ihn nicht greifbar.
    Schon war der ganze Kutter umstellt, aber die beiden Frauen tanzten unbekümmert weiter, bemerkten nicht, dass in der Dunkelheit die Finsternis auf sie lauerte. Noch einmal ließ er einen lautlosen Schrei ertönen, dann waren die Illuminaten auch schon über ihnen. Als sie von den Frauen abließen, lag Gesine tot auf dem Deck. Doch von Thea Woltke fehlte jede Spur. Blitzschnell drehte er sich um. Auch die Illuminaten waren verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Dafür saßen gegenüber auf der Sielmauer die alten Fischer von Greetsiel, genau zwölf an der Zahl. Wie zwölf Geschworene. Auch Gesines Onkel und den alten Ysker konnte er erkennen, denn sie trugen keine Kapuzen. Wieder drehte er sich um. Gesine lag noch immer tot auf dem Deck, doch sie war nicht mehr allein. Neben ihr lag Harm, mit eingeschlagenem Schädel. Die beiden unterhielten sich. Sie lachten. Harm griff in seine Hosentasche und zeigte Gesine eine goldene Münze. Sie strahlte über das ganze Gesicht und umarmte ihn. Als er sich erneut umdrehte, waren die Fischer verschwunden, bis auf den alten Oltmanns und den alten Ysker, die unentwegt auf den Kutter starrten, wo sich Harm und Gesine in den Armen lagen und über das Deck wälzten.
    Ohne sein Zutun stand er plötzlich vor dem Haus von Thea Woltke. Nach ein paar Schritten erreichte er ein großes Fenster. Sie saß in ihrem hell erleuchteten Wohnzimmer an einem Tisch und blätterte in einem alten Folianten, fuhr mit der Hand durch ihre blonde Mähne, hob ihren Kopf und blickte ihm unvermittelt in die Augen. Dann stand er neben ihr im Raum. Sie blätterte in dem Folianten, suchte etwas, fand schließlich die richtige Seite, fuhr mit der Hand über den Mittelscheitel des Buches, damit die Seiten flach auflagen. Sie warf ihm einen Blick zu und wies mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle. Er fixierte die Fingerspitze, konnte aber nichts erkennen. Dann betrachtete er die gesamte Doppelseite. Sie war leer. Weiß wie frisch geschöpft. Er suchte sofort ihren Blick, sie aber verzog keine Miene, sah ihn ernst an und tippte nun nachdrücklich mit dem Finger auf die Stelle im Buch, die für ihn noch immer so leer war wie zuvor, so sehr er seine Augen auch bemühte. Als er den Blick wieder hob, stand vor dem Tisch der Großmeister der Illuminaten. Er erkannte ihn sofort, ohne zu wissen, woran. Langsam nahm er seine Kapuze vom

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