Die Gordum-Verschwörung
Kopf und gab sich zu erkennen.
22. Kapitel
Als sich Greven langsam auf seinem Bürostuhl niederließ, hatte er einen grotesken Traum, zwei Tassen Kaffee, zwei Aspirin, einen verwegenen Blick in den Spiegel, mehrere Versuche, sich allein anzuziehen und aufs Klo zu gehen, noch eine Aspirin, eine Taxifahrt, einen mühsamen, krückenbewaffneten Treppenaufstieg und tausend besorgte Fragen nach seinem Knie hinter sich.
Rechts und links der kaum noch vorhandenen Schreibfläche türmten sich noch immer Akten, die darauf warteten, gelesen und bearbeitet zu werden, um dann in Schränke, Gerichtsarchive oder auf andere Schreibtische zurückzukehren. Greven spürte die Leere seines Magens, konnte aber nichts essen. Schon alleine der Gedanke daran brachte seine Gedärme in Aufruhr. Stattdessen bat er Häring, ihm einen Kaffee zu bringen, schwarz, nur mit etwas Zucker. Wortlos stellte ihm sein Assistent die Tasse auf den Restschreibtisch. Greven war ihm für beides dankbar.
Bis zum späten Vormittag gelang es Häring, seinem Chef die Welt zu ersparen, doch dann musste er ihn aus seiner Aktengruft holen. Greven atmete tief durch und ließ sich das Telefon reichen. Es war die Bibliothekarin der Johannes a Lasco Bibliothek.
„Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir Himel von Torums Historiae obscurae trotz intensiver Suche nicht ausfindig machen konnten. Das Werk ist wohl tatsächlich gestohlen worden, was ich sehr bedaure, denn das Buch ist äußerst selten und kaum jemals wiederzubeschaffen.“
„Haben Sie irgendeinen Verdacht?“
„Nein, nicht den geringsten. Ist das Buch denn so wichtig für Ihre Ermittlungen?“
„Ich weiß es nicht. Eventuell schon.“
„Dann wenden Sie sich doch einfach an das Institut für Ostfriesische Geschichte.“
„Dr. Karl von der Laue?“
„Ja, genau. Von der Laue konnte nämlich vor drei oder vier Jahren auf einer großen Buchauktion in Amsterdam ein Exemplar für die Institutsbibliothek erwerben. Er kann Ihnen das Buch vielleicht sogar ausleihen.“
„Woher wissen Sie das?“
„Er hat es mir vor einiger Zeit auf einer Tagung selbst erzählt. Warten Sie mal, das war im Mai letzten Jahres.“
Greven bedankte sich für den Hinweis, reichte Häring den Apparat und begann sofort, in seinen Aufzeichnungen zu blättern.
„Gesine Oltmanns hatte doch ein Handy. Haben wir das hier?“
„Nein, wir haben es nicht gefunden“, sagte Häring. „In ihrer Wohnung war es jedenfalls nicht. Vielleicht hat sie es beim Sturz ins Wasser verloren.“
„Kannst du mir so schnell wie möglich einen Verbindungsnachweis von ihrer Telefongesellschaft besorgen? Handy und Festnetz?“
„Klar. Ist schon in Arbeit.“
„Wir haben hier doch irgendwo den Verbindungsnachweis von Jacobs. Kannst du mir den schnell mal raussuchen?“
„Willst du dir den noch mal vornehmen? Wir wissen doch, dass er mit halb Ostfriesland und tausend Händlern und Kunden telefoniert hat.“
Häring brauchte nicht lange, dann lag der Ausdruck auf grauem Umweltpapier auf seinem Tisch. Er hatte sich inzwischen die Nummern des Instituts für Ostfriesische Geschichte und die Privatnummer von der Laues auf einem Zettel notiert. Im Kopf konnte er sie an diesem Vormittag nicht behalten. Er legte den Zettel auf die Tabelle und verglich ganz langsam die Zeilen. Häring schaute von vorne in das Aktental.
„Hier. Jacobs hat einen Tag vor seinem Tod mit von der Laue telefoniert … und einen Tag vor Harms Tod.“
Häring angelte sich die grauen Ausdrucke. „Tatsächlich. Aber zwanzig andere Nummern hat er auch angerufen. Schließlich ist er ja Händler und auch so eine Art Historiker gewesen. Er wird öfter bei historischen Instituten und Kollegen angerufen haben, um sich Auskünfte zu besorgen. Sieh mal hier. Allein in den vier Tagen vor Claasens Tod. Von der Laue ist da nur einer von vielen.“
„Wir werden ihm am Nachmittag auf jeden Fall einen Besuch abstatten.“
„Soll ich uns anmelden?“
„Bloß nicht. Wir werden ihn überraschen. Hat Hansen gestern noch etwas Bedeutsames gefunden?“
„Nicht, dass ich wüsste. Seinen Bericht wird er aber heute nicht mehr schaffen.“
„Auch keine sonderbaren Zeichnungen oder alte Goldmünzen?“
„Nein, das hätte ich dir längst gesagt.“
„Wie geht es Frau Oltmanns?“
„Wahrscheinlich besser als dir. So, wie du aussiehst.“
„Danke. Was hat Ackermann von Woltke und de Vries erfahren?“
„Haben beide kein Alibi. Waren beide allein in ihren
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