Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
machen die Männer mit Vater?«
    Sie hatten das Frühstück noch nicht beendet, als die Soldaten der königlichen Garde ins Haus gedrungen waren, um Francisco Mendes abzuholen.
    Während zwei Offiziere ihn zum Wagen draußen vor dem Tor zerrten, hinderten bewaffnete Gardisten Gracia daran, ihrem Mann die Treppe hinunter zu folgen. Zusammen mit ihrer Tochter, die sich hinter ihren Röcken verbarg, sah sie ohnmächtig zu, wie Francisco in die Kutsche gestoßen wurde.
    Krachend fiel das Tor ins Schloss, dann wurde auf der Straße Hufgetrappel laut. Gracia spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schössen.
    »Hab keine Angst«, sagte sie und schluckte. »Vater ist bestimmt bald wieder da.«
    »Aber wo bringen die Männer ihn hin?« Reyna blickte zu ihr auf.
    »Aber wo bringen die Männer ihn hin?« Reyna blickte zu ihr auf.
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, der König will mit ihm sprechen.« »Ist der König Vaters Freund?« »Ich hoffe es, mein Schatz. Ja, das hoffe ich!« Als wäre die Sonne aufgegangen, wich Reynas Angst einem freudigen Strahlen. »Wenn der König sein Freund ist, bringt Vater mir dann ein Geschenk von ihm mit?« »Vielleicht, mein Engel.« Gracia beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss. »Aber nur, wenn du artig bist. Hilfst du mir, den Tisch abzuräumen?«
    Damit Reyna ihre Tränen nicht sah, kehrte sie ins Speisezimmer zurück. Während sie mit fahrigen Bewegungen das Geschirr zusammenstellte, überschlugen sich in ihrem Kopf die Gedanken. Warum war Francisco verhaftet worden? Was hatte man mit ihm vor? Gracia wollte so bald wie möglich in der Hofkanzlei vorsprechen. Francisco hielt für Notfälle stets eine prall gefüllte Geldbörse im Haus versteckt, vielleicht reichte der Betrag, um ihn freizubekommen. Außerdem würde sie eine Depesche nach Italien aufgeben. Diogo müsste schon in Rom sein, er könnte sich beim Papst für seinen Bruder einsetzen. »Soll ich die Becher in die Küche bringen?«, fragte Reyna. »Nein, stell sie auf das Tablett. Wir tragen dann alles zusammen rüber.«
    Als sie gerade einen Tonkrug in die Hand nahm, gellte plötzlich ein Schrei von der Straße herauf. »Zur Hölle mit den Juden!«
    Vor Schreck ließ Gracia den Krug fallen. »Was ist da los?« Ohne sich um die Scherben zu kümmern, lief sie zum Fenster. Vor dem Haus war eine aufgebrachte Menge versammelt, Hungergestalten in abgerissenen Kleidern, mager bis auf die Knochen, die Fäuste drohend in die Höhe gereckt, die Gesichter voller Hass. Gracia fasste nach dem Medaillon auf ihrer Brust. Was waren das für Menschen? »Tod den Juden!« »Ja, hängt sie auf!« »Auf den Scheiterhaufen mit ihnen!«
    Ein Stein flog durch die Luft, klirrend durchbrach er die Fensterscheibe, keine Handbreit neben Gracias Kopf. »Weg hier!«
    Während sie Reyna mit sich fortzog, prasselte ein Steinhagel gegen das Haus. So schnell sie konnte, schloss Gracia die Zimmertür und schob den Riegel vor. Immer lauter wurden draußen die Schreie.
    »Aufmachen! Aufmachen!«
    Jemand hämmerte gegen die Tür. Gracia schlang die Arme um ihre Tochter und floh mit ihr in den hintersten Winkel des Raums. Hatten sie schon das Haus erstürmt? Panisch vor Angst, starrte sie auf den tanzenden Riegel, der jeden Moment aus der Führung springen konnte.
    »Aufmachen! Dona Gracia! Um Himmels willen, macht auf!« »Rabbi Soncino!« Jetzt erst erkannte sie die Stimme. Erleichtert eilte sie zur Tür und öffnete. »Der Herr hat Euch geschickt! Aber sagt, wo kommt Ihr her?«
    »Durch den Hintereingang. Euer Neffe hat mich gerufen. Die Leute sind vom Hafen in die Stadt marschiert. José und Tristan da Costa haben versucht, sie aufzuhalten, aber vergebens. Sie verlangen die Öffnung der Kornspeicher.« »Dann soll man die Speicher öffnen!«
    »Das geht nicht! Die Tore der Kammern sind mit Schlössern verriegelt, für die nur Dom Francisco die Schlüssel hat.«
    »Ich weiß, wo die Schlüssel sind.«
    »Gott sei Dank! Beeilt Euch! Tristan wartet unten. Er kann den Leuten die Schlüssel geben.«
    Rasch brachte Gracia ihre Tochter in die Küche, wo die Dienerschaft in Furcht und Schrecken versammelt war, und lief mit Rabbi Soncino hinauf in den zweiten Stock, in Franciscos Kontor. »Was ist nur in diese Menschen gefahren?«, fragte sie, während sie den Schreibtisch durchsuchte. »Warum belagern sie das Haus? Was haben wir ihnen getan?«
    »Sie glauben, die Firma Mendes ist schuld, dass sie verhungern. Weil Ihr angeblich das Korn zurückhaltet, um den

Weitere Kostenlose Bücher