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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Axis und Aschure sich an, entgegneten
aber nichts.
»Wie viele solcher Löcher sind den Rabenbundern
denn bekannt?« wollte der Krieger schließlich wissen.
»An die dreihundert. Sie sind im wesentlichen von der
Mitte Rabenbunds bis zu den Ufern des Andeismeeres zu
finden. Im Norden gibt es sie hingegen kaum.«
»Da unten muß es sehr schön sein«, bemerkte Aschure.
Der Häuptling nickte. »Einzeln und allgemein nennen
wir diese Senken Loch, aber in ihrer Gesamtheit bezeichnen wir sie als Kollier; denn aus der Luft sehen sie
aus wie die Edelsteine einer Halskette an einem schneeweißen Hals.«
»Können wir hinabreiten?« wollte die Jägerin wissen.
»Gewiß, Zauberin, aber jetzt lieber nicht. Unsere
Truppe brauchte mindestens eine Stunde, um auf den
Grund zu gelangen, und dann noch länger für den Aufstieg. Aber heute abend werden wir in einem Loch lagern, und dann könnt Ihr Euch die wahren Wunder des
Kolliers aus der Nähe ansehen.«
Axis blickte sich um. Entlang des Lochs hatten die
Soldaten ihre Pferde angehalten. Einige waren sogar abgestiegen und so nah wie möglich an den Rand getreten.
»Ich fürchtete schon, die Männer könnten heute ihr
Mittagessen vergessen«, bemerkte der General. »Auf der
anderen Seite steht ihnen der Mund vor Staunen so weit
auf, daß die Rabenbunder an ihnen vorbeireiten und Brot
und Käse hineinstopfen könnten.«
Der Häuptling lachte, und Axis befahl allen, abzusteigen und ihre Mahlzeiten einzunehmen.
Am Abend erhielten alle Nichtrabenbunder dann die
Gelegenheit, ihre Neugier zu befriedigen. Ho’Demi führte sie zu einem Loch, das doppelt so groß war wie das
erste, und sie nutzten das letzte Tageslicht, um den steilen Pfaden nach unten zu folgen.
Große warme Quellen befanden sich auf dem Grund,
die einer reichen Vielfalt von Vögeln und anderen klei
nen Tieren ein sorgloses Leben ermöglichten.
»Den Skrälingen stand wohl nicht der Sinn danach,
hier herunterzukommen«, meinte Axis.
»Dafür bestand ja auch gar kein Grund«, entgegnete
der Häuptling. »Wenn mein Volk sich in diesen Löchern
versteckt hätte, wären die Geister sicher in Massen hinuntergestürmt. Aber die Vögel und Tiere, die sich hier
niedergelassen haben, werden alle nicht sehr groß und
leben größtenteils hoch in den Bäumen. Kurzum, für die
Skrälinge lohnt sich die Jagd hier nicht.«
»Die Rabenbunder nutzen aber die Löcher nicht sehr
ausgiebig, was?«
Ho’Demi lächelte ihn vielsagend an. »Wir sind ein eigenartiges Volk, Sternenmann. Auch wenn es sich
merkwürdig anhört, wir ziehen das ewige Eis im hohen
Norden jedem anderen Klima vor. Acht oder neun Monate im Jahr leben wir am Eisgestade, und nur im tiefsten
Winter ziehen wir an den Rand der Löcher.«
»Und deswegen hofft Ihr, Euer Volk dort hoch im
Norden anzutreffen?«
»Ja, Sternenmann. Dort hoffe ich, sie zu finden.«
24 U RBETHS
S
CHERZ
    Aber selbst bei den mächtigen Eisschollen waren keine
Rabenbunder zu finden. Ho’Demi führte den Zug von
den Löchern immer weiter nach Norden, und fünfzehn
Tage nach dem Abschied von Belial und Magariz standen die Soldaten am äußersten Nordrand des Landes.
    Schnee bedeckte fest und hartgefroren den Boden, und
der grimmige Wind führte winzige Eistropfen mit sich,
die schmerzhaft in Wangen und ungeschützte Haut stachen. Jeder bis auf Aschure hatte sich in seine dicksten
Sachen gehüllt. Die Eisteilchen funkelten zwischen den
Monden, die über ihren Göttinnenanzug wanderten, aber
ihr selbst schien die Kälte nicht das geringste auszumachen. Die Jägerin begab sich zu ihrem Gemahl, und er
legte einen Arm um sie. Caelum steckte in einer Satteltasche Venators und schlief. Alles, was man von ihm sehen
konnte, war eine seiner dunklen Locken.
    »Beeindruckend, nicht wahr?« flüsterte Aschure, und
der Krieger mußte ihr zustimmen.
Eine dünne graugrüne Wasserlinie von vielleicht fünfzig Metern Breite zog sich wie ein Band zwischen dem
Ufer und dem Rand des Packeises dahin. Die großen und
gezackten Eisflächen schoben sich übereinander, mahlten
knirschend gegeneinander und stiegen mitunter bis zu
hundert Metern senkrecht in die Höhe – um dann einfach
im Meer zu verschwinden. Das Eis glänzte an einigen
Stellen gelblich, an anderen grünlich und viel häufiger
noch gräulich. Axis konnte sich nicht vorstellen, daß jemand freiwillig auch nur eine halbe Stunde auf diesen
sich bewegenden Eismassen verbringen wollte, geschweige denn einen ganzen Tag oder gar einen Monat.
Aber wenn

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