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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Eisfläche verbrachten die Rabenbunder
mehrere Monate damit, selbst Seehunde zu jagen und
gelegentlich einen Eisbären wegen seines Fells zu erlegen. In der günstigen Jahreszeit folgten sie auch dem
Wal, doch dies war mit großen Gefahren verbunden, und
meist fing jeder Stamm pro Jahr höchstens einen. Man
nutzte sein Fleisch zur Nahrung und sein Fett als Brennstoff. Die gebogenen Rippenknochen des Wals dienten
als Rahmen für die Boote, seine Haut als Hülle; aber aus
letzterer wurde auch Kleidung hergestellt.
Eine wunderschöne und magische Welt breitete sich
aus, die aber auch ihre grausamen Seiten hatte.
Der Häuptling lief zwanzig oder dreißig Schritte weit,
dann kniete er sich hin und löste die Schachtel von seinem Gürtel, die er dort schon viele Monate mitführte.
Ein aufgeregtes Tuscheln begann.
Meine Freunde, ich habe Euch nun endlich in Eure
neue Welt gebracht.
Ist sie auch so grausam, wie Ihr es uns verheißen
habt? Ist sie ein gerechter Lohn für die Hilfe, die wir
Euch gewährten?
Ho’Demi lächelte und öffnete die Bänder, mit denen
er den Deckel auf der Kiste verschnürt hatte. Noch viel
grausamer, als Ihr Euch vorstellen könnt. Spürt Ihr nicht
schon den beißenden Wind?
Ja … ja, wir spüren ihn. Ja, ja.
Dann genießt ihn, meine Freunde, und verleiht diesem
Ort mehr Seele, als er jemals besessen hat.
    Der Häuptling lehnte sich zurück und öffnete den
Deckel. Etwas entströmte dem Behälter … Ein Lauf? Ein
Druck, der entwich? Er wußte es nicht. Als er hineinsah,
war die Schachtel jedenfalls leer.
Und, meine Freunde, gefällt es Euch hier?
    Wir lieben dieses Land, Ho’Demi, seid zutiefst bedankt
dafür.
Dann hört mir gut zu: So wie dieses Packeis sich ständig verschiebt und bewegt, so bewegt Ihr Euch mit ihm
und auf ihm und den darum fließenden Schollen. Aber ich
habe Euch schon versagt, daß auch andere Wesen hierher kommen. Mein Volk wie auch die Vögel, die Fische,
die Wale, die Seehunde und alle Tiere, die sie jagen.
Aber niemand wird Euch stören, genauso wenig wie Ihr
sie stören werdet.
Er wartete einen Moment, um seine Worte wirken zu
lassen. Und vor allem dringt nicht in ihre Gedanken ein.
Und wieder hob ein Tuscheln an.
Niemals werden wir das tun. Nein, niemals.
Sollten jedoch die Skrälinge noch einmal hier auftauchen und sich sogar auf dieses Eis hier hinauswagen,
dann dürfte Ihr gern in ihre Gedanken fahren und ihnen
den Verstand rauben. Denn solche Kreaturen wollen wir
hier nicht haben.
Der Häuptling lächelte. Nur wenigen, wenn überhaupt
jemandem, würden diese Seelen je auffallen. Denn nur
diejenigen, welche die Gabe der Gedankensprache besaßen, konnten sie wahrnehmen. Er erhob sich, stieg zu
seinem Katamaran hinunter, rutschte einmal aus, als das
Eis sich unter ihm bewegte, paddelte zurück und freute
sich schon auf den Tee, den Sa’Kuja ihm reichen würde.
26 S TERNENFINGER
    Arne verhielt sich wie üblich sehr zurückhaltend und
schien vollkommen damit zufrieden zu sein, daß Axis
ihn mitnahm. Er ritt beständig vierzig Schritte hinter
dem Sternenmann und der Zauberin her, um ihnen zu
ermöglichen, sich nur unter vier Augen zu unterhalten.
Axis und Aschure waren ihm dafür dankbar, und jeden
Tag vergaßen sie nach einiger Zeit gänzlich, daß er
ihnen folgte. Und abends überraschte der Getreue sie
immer wieder, wenn sie sich umdrehten und entdeckten, daß er in einigem Abstand sein eigenes Lager aufschlug.
    Caelum verschlief die Tage und wachte erst abends
auf. Dann spielte er mit Axis und lauschte gebannt dem
Zauberwissen, das sein Vater ihm beibrachte. Wenn es
dann am nächsten Morgen weiterging und er in seinem
Gurt am Rücken seiner Mutter hing, betrachtete Caelum
die Welt mit großen staunenden Augen. Aber irgendwann, meist sehr bald, sank er in Schlummer. Die Gespräche, die seine Eltern beim Ritt führten, drangen in
seine Träume ein, und so lernte er auch im Schlaf.
    Auch die Gezeiten redeten zu ihm, und im Traum hörte er das rhythmische Anschlagen der Wellen und den
Wind, und roch das Salz und das Eis. Über fünfhundert
Meilen zog sich die Eisbärküste dahin, eine Landschaft,
die ihresgleichen suchte und dem Betrachter ebenso majestätisch wie zauberhaft erschien. Nach Süden hin stiegen die Eisdachalpen mächtig und schwarz auf, während
im Norden die graublaue See an den Kiesstrand stürmte.
Aus der Ferne vernahm man das Grollen der Eisschollen,
und darüber kreisten die Vögel und stießen ihre

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