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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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betrat Serena das Vorderzimmer.
    Freddy saß am Fenster und hielt Leinen in den Händen, das viel feiner wirkte, als der Stoff, den sie gewöhnlich für ihre mildtätigen Gaben verwendete. Er war gold- und orangefarben und wies ein eingewebtes Damastmuster auf.
    „Frederica?“, fragte Serena.
    „Brot liegt in der Schachtel, und es gibt frische Milch“, bemerkte Freddy. „Und Äpfel auch – ich habe Jimmy ein paar Äpfel vom Obsthändler hochbringen lassen. Ich dachte, wir könnten sie zum Abendessen zubereiten.“
    Jimmy war der Junge, der unter ihnen wohnte; Freddy bezahlte ihn, damit er Besorgungen für sie erledigte. Aber selbst der dreizehnjährige Jimmy war manchmal zu viel für Freddy. Wenn sie bereit gewesen war, mit ihm zu reden …
    Serena hatte beinahe gehofft, dass Freddy verärgert geblieben wäre. Stattdessen versteckte sie sich hinter einer Fassade, die aus Alltäglichkeiten zusammengesetzt war. Sie hatte sich bereits in eine dicke Muschel zurückgezogen, die sie aus diesen Räumen gebaut hatte. Nichts, was Serena sagen konnte – weder Zorn noch Tränen – würden sie daraus hervorlocken.
    „Freddy“, versuchte Serena es erneut. „Es tut mir leid.“
    Freddy blickte von ihrer Arbeit lange genug auf, um die Stirn zu runzeln. „Das sollte es auch. Ich habe dir wieder und wieder gesagt, dass ich es nicht mag, wenn du mich Freddy nennst.“ Sie schaute wieder auf den Stoff auf ihrem Schoß und strich ihn glatt. „Es ist nicht damenhaft. Ich möchte nicht auf eine solche Anrede antworten.“
    „Du hattest recht. Ich habe dich in Gefahr gebracht, und …“
    „Du bringst immer alles Mögliche in Gefahr. Wenn du früher beim Klettern vom Baum gefallen bist, habe ich dir die Kleider abgeklopft und die Knie verbunden, aber wenn ich das nächste Mal nach dir schaute, warst du schon wieder dabei, einen Baum hochzuklettern. Du hast einfach nie deine Lektion gelernt.“
    Oh doch, sie hatte ihre Lektion gelernt: Streng dich an und klettere höher.
    Irgendwie glaubte Serena jedoch nicht, dass das die Lektion war, die sie Freddys Meinung nach hatte lernen sollen.
    „Es ist immer dasselbe gewesen“, sagte Freddy. „Du fällst und ich fange dich auf. Und noch bevor alles richtig verheilt war, warst du schon wieder unterwegs und hast nach einem neuen Weg Ausschau gehalten, wie du fallen kannst.“
    Freddy schnalzte missbilligend mit der Zunge, und Serena starrte sie an.
    Und sie hatte immer gedacht, dass Freddy nicht wieder zu behebenden Schaden genommen hatte, dass sie sich vor der Welt versteckte. Freddy glaubte, Serena sei schutzlos. Wirkte sie so auf ihre Schwester? Wie ein seltsames unüberlegt handelndes Geschöpf, das von einer Katastrophe in die nächste geriet, nur weil sie sich weigerte aufzugeben? Das Bild, das diese Vorstellung in ihr erstehen ließ, war so fremd, dass Serena einfach keine Antwort einfallen wollte.
    Wie konnten sie nur Schwestern sein? Es schien unmöglich, dass sie die Welt so völlig unterschiedlich sahen.
    Und dennoch war hier Freddy – Freddy, die diese Zimmer nicht verlassen hatte, seit sie Serena an der Postkutschenstation abgeholt hatte – und schüttelte verwundert den Kopf, als sei es Serena, die kurz vor einer Einweisung nach Bedlam stand.
    Es war unmöglich, ihre Gedanken in Worte zu fassen.
    Nein, Freddy. Da irrst du dich. Ich bin nicht verrückt – das bist nämlich du.
    „Woran arbeitest du da?“, erkundigte Serena sich schließlich stattdessen. „Der Stoff ist wunderschön.“
    „Es ist eines von Mutters alten Kleidern“, erwiderte Freddy ruhig. „Ich arbeite es um. Ich dachte, es würde ein hübsches Brautkleid für dich abgeben.“
    Serena verschluckte sich fast. „Woher weißt du das?“
    „Ich bin deine Schwester, Serena.“ Freddy sprach mit einem Lächeln, das so aufreizend wie geheimnisvoll war. „Ich weiß alles.“
    „Nein, das tust du nicht.“
    „Dein Mr. Marshall hat mir heute Morgen einen Besuch abgestattet, gleich nachdem du gegangen warst. Er hat mir erzählt, dass er dich fragen wollte.“ Freddy verzog das Gesicht. „Ich nehme an, du wirst ja sagen. Das gehört zu genau den Dummheiten, die du immer begehst – dein Leben und deine ganze Zukunft einem Mann anzuvertrauen, den du kaum kennst, obwohl du hier in völliger Sicherheit leben könntest.“
    Sicherheit? Bewegungslosigkeit schien es besser zu treffen.
    „Wie auch immer“, sagte Freddy, „wenn alles zusammenbricht, werde ich da sein, dich aufzufangen und die Scherben

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