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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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studiert hatte.
    „Ich bringe Sie zur Rückseite des Hauses.“
    Sie folgte ihm. Es war albern, nervös zu sein. Sie hatte vorher schon mit Mr. Marshall gesprochen. Aber nicht mehr, seit er sie geküsst hatte. Nicht, seit er entdeckt hatte, dass sie ein Kind von einem anderen Mann erwartete, und er sich von ihr gelöst hatte.
    Der Mann ging vor ihr die Straße entlang, bog dann in die Gasse zwischen den Stadthäusern ein. Von da aus begaben sie sich zu einer niedrigen Hintertür in eines der weißen Steinhäuser. Die Tür öffnete sich zu einem Keller, den sie rasch hinter sich ließen. Er führte sie eine enge Treppe hoch und von da aus in eine Eingangshalle mit dicken Teppichen und Gemälden an den Wänden.
    Alles um sie herum atmete Reichtum und Generationen von Macht – alles, was sich jetzt gegen sie verschworen hatte. Das hier war es, wogegen sie angetreten war. Nicht nur gegen den Duke of Clermont oder Mr. Marshall, sondern das Ansehen und den Einfluss von Jahrhunderten. Sie war ein Nichts verglichen mit dieser Art von Macht – nicht mehr als ein einzelnes Korn in einem Sack Weizen. Niemand kümmerte sich darum, ob die Körner zu Mehl gemahlen werden wollten. Es zählte nicht, ob sie redete oder Schweigen bewahrte; sie hatte ebenfalls keine Wahl.
    Nun, ihr war es nicht egal.
    Der Bedienstete blieb vor einer Tür stehen, und Serena holte tief Luft.
    Ihr Begleiter klopfte einmal an.
    „Herein“, sagte eine Stimme.
    Der Mann neben ihr öffnete die Tür. Er hielt sie ihr auf, erwartungsvoll, und sie begriff, dass er nicht mit hineinkommen würde.
    Sie betrat das Zimmer. Feste ausholende Schritte. Den Kopf hoch erhoben. Atme, mahnte sie sich. Sie befand sich in einem Büro – oder wenigstens nahm sie an, dass es ein Büro war. Es hätte auch eine Bibliothek sein können, angesichts all dieser Bücher auf dem Regal. Aber überall lagen Papiere – nicht nur verstreut in losen Stapeln, sondern auch in kleinen eigens dafür gefertigten Regalen und mit verschiedenfarbigen Baumwollbändern zusammengebunden, die alle irgendeine Bedeutung zu haben schienen. Blau hier, gelb dort, rot auf dem Schreibtisch ausgebreitet.
    Hugo konnte sie nicht sehen – die hohe Rückenlehne des schwarzen Lederstuhls war so gedreht, dass er verdeckt war.
    „Nun, Mr. Marshall“, sagte sie und kam in das Zimmer mit mehr Mut, als sie empfand. „Hier also zerstören Sie Hoffnungen und lassen Träume zerplatzen.“
    „Sehr komisch.“ Er stand auf. Trotz seiner Bemerkung verriet er durch nichts, dass er es in irgendeiner Weise belustigend fand. Sein Mund war zu einer festen ernsten Linie zusammengepresst. Und als er ihren Blick auffing, deutete er auf den einzelnen Holzstuhl, der ihm gegenüber am Schreibtisch stand. „Setzen Sie sich bitte“, verlangte er.
    Serena strich mit den Händen ihre Röcke glatt und gehorchte.
    Er ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. Aber er begann kein Gespräch mit ihr. Er legte einfach seine gespreizten Hände aneinander und schaute sie schweigend an. Sie fragte sich, was er wohl sah. Die Frau, die er letzte Nacht geküsst hatte? Eine Frau mit lockerer Moral? Oder jemand ganz anderen?
    Er runzelte die Stirn, dann schob er seinen Stuhl ein Stück zurück. „Nun“, sagte er. „Wir scheinen uns hier in einer schwierigen Lage zu befinden.“
    „Es sieht nicht so aus, als wäre es für Sie so schlimm.“
    „Ich habe gar nicht …“ Er brach ab und stieß den angehaltenen Atem aus. „Egal. Hier ist das, was wir Ihnen anbieten werden.“
    „Wen meinen Sie mit ‚wir‘?“
    Mr. Marshall ignorierte das. „Wir können Ihnen nicht gewähren, was Sie fordern – kein Eton, keine Saison. Um das zu erreichen, würde der Herzog zum Wohl des Kindes tätig werden müssen. Seine Gattin würde es herausfinden, und er hat zu viel zu verlieren.“
    „Dann werde ich weiterhin vor dem Haus sitzen. Was, glauben Sie, wird die Gerüchteküche daraus machen, wenn man die Schwangerschaft zu sehen beginnt?“ Sie erhob sich langsam.
    Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Warten Sie.“
    „Schreien Sie mich nicht an“, verlangte Serena. „Vor allem Sie nicht.“
    Er starrte sie einen Augenblick lang an, dann stieß er den angehaltenen Atem aus. „Entschuldigung“, sagte er steif. „Ich bin im Moment etwas angespannt. Ich vermute, das sind wir beide.“ Ein Muskel zuckte in seiner Wange. „Wir sind bereit, Ihnen Ihre fünfzig Pfund zu gewähren und darüber hinaus noch weitere fünfzig. Das ist genug,

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