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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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und das leise Schluchzen seiner Mutter. Aber vor allem war es die lange Stille, die darauf folgte: Dienstboten, die es nicht wagten, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem sie sprachen, und Robert selbst, der seinen Atem anhielt und hoffte, dass vielleicht, wenn er nur ganz ruhig und sehr brav war, es nicht noch einmal passieren würde.
    „Aufrührerisch“, sagte er, „heißt in tausend Teile zerbrochen.“
    Sebastian krauste die Nase. „Das ergibt keinen Sinn. Wie kann Krieg in tausend Teile zerbrechen?“
    Robert wurde durch einen Ruf unten im Hof einer Antwort enthoben, gefolgt von großem Geschrei. Die anderen Jungen, die ebenfalls in dieser Bibliothek im ersten Stock lernten – alle vier – waren nur zu froh, ihre Bücher liegen zu lassen und die Nasen an den Fensterscheiben plattzudrücken, von denen man den Aufruhr unten beobachten konnte.
    Auf dem grünen Rasen versammelte sich gerade eine Menge: Jungen aller Altersstufen bildeten einen Kreis um ein Kind. Während Robert zuschaute, packte ein älterer Junge das Kind am Kragen, und ein anderer schlug zu.
    „Jemand sollte dazwischen gehen“, murmelte Sebastian neben ihm.
    Dieser jemand würde Robert sein müssen. Gewöhnlich beendete er solche Raufereien; das war es, was ein fahrender Ritter tun würde. Und auch wenn Robert das vor den anderen nie zugeben würde, sah er sich selbst immer noch als einer.
    „Wer ist es?“, fügte Sebastian hinzu und schaute konzentriert auf die Szene unten. „Ist er neu?“
    „Ja, er ist aus der ersten Klasse“, erklärte irgendwer. „Vom Kolleg.“
    „Ah“, sagte einer der älteren Jungen. „Ein Stipendiat. Kein Wunder. Wer sind seine Eltern?“
    „Irgendwelche Bauern. Oder Seifenmacher.“
    Darauf folgte verächtliches Kichern. Aber Robert rieb seine Hände über seine Hose und stand auf. Ritter beschützten nun einmal Schwächere.
    „Es wird noch schlimmer“, erzählte der ältere Junge weiter. „Davenant hat ihn gefragt, wer sein Vater sei, und er hat geantwortet ‚Hugo Marshall‘. Als Davenant erwiderte, er habe nie von ihm gehört, hat der kleine Hosenscheißer allen Ernstes gesagt: ‚Das ist egal; er ist ohnehin ein besserer Mann als dein Vater.‘“
    Robert erstarrte.
    Sebastian hatte sich nicht vom Fenster wegbewegt; der andere Junge schnaubte nur. „Er hat jedenfalls Mumm, das steht fest. Wegen seines Verstandes bin ich mir allerdings nicht so sicher.“
    Roberts Hirn umwölkte sich. Er legte seine Fingerspitzen gegen das Glas und spähte noch einmal nach unten. „Wer, sagtest du, ist sein Vater?“
    „Hugo Marshall.“
    Robert hatte diesen Namen schon zuvor gehört. Es war vor ein paar Jahren gewesen, und nach einem weiteren furchtbaren Streit zwischen seinen Eltern, der zu einem weiteren Auseinandergehen im Bösen geführt hatte. Dieses Mal war es seine Mutter gewesen, die türenknallend aus dem Haus gestürmt war und laut nach einer Kutsche verlangt hatte; sein Vater war missmutig in der Bibliothek zurückgeblieben.
    Robert war auf Zehenspitzen in das Zimmer gegangen und, all seinen Mut zusammennehmend, hatte gefragt: „Vater, warum ist Mutter immer so traurig?“
    Traurig war nicht das richtige Wort, aber zu dem Zeitpunkt hatte er das Wort aufrührerisch noch nicht gekannt.
    Sein Vater hatte sein Glas mit Brandy geleert und zur Decke gestarrt. „Es ist Hugo Marshalls Schuld“, hatte er nach einer Weile geantwortet. „Es ist alles Hugo Marshalls Schuld.“
    Robert hatte nicht gewusst, was er mit dieser Antwort anfangen sollte. Schließlich hatte er geraten: „Ist Hugo Marshall ein Schurke?“
    „Ja“, hatte sein Vater mit einem bitteren Lachen erwidert. „Er ist ein Schurke, ein elender Lump, ein Halunke. Ein verdammter Bastard.“
    Und dieser verdammte Bastard hatte einen Sohn, und im Augenblick wurde eben dieser Sohn von anderen Jungen umzingelt. Im Raum im Obergeschoss drehten sich all seine Freunde zu Robert um. Die Bibliothek schien mit einem Mal viel zu eng, die Luft zu heiß.
    „Jetzt sag nicht, du wüsstest, wer dieser Hugo Marshall ist“, sagte der ältere Junge.
    „Ich habe keine Ahnung.“ Es war das erste Mal in einer sehr langen Zeit, dass Robert gelogen hatte. „Ich habe noch nie von ihm gehört“, fügte er rasch hinzu und hoffte, seine brennend heißen Wangen würden ihn nicht verraten.
    An schönen Sommertagen nach dem Gespräch mit seinem Vater war Robert auf die Weiden draußen gegangen, hatte statt eines Schwertes eine Gerte geschwungen und weißblütige

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