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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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sie sich wehren sollte. Sie hätte schreien sollen. Sie hätte dem Herzog etwas auf den Kopf schlagen sollen. Sie hätte kämpfen sollen. In ihrer Erinnerung von dieser Nacht damals verhöhnte sie ihr eigenes Schweigen am meisten.
    Denn sie hatte nicht geschrien, und weil sie das nicht getan hatte, hatte sie danach nicht noch einmal geschwiegen.
    Freddy seufzte einfach. „Wenn du bereit bist, aufzugeben“, sagte sie, „werde ich für dich da sein. Aber ich weiß nicht, was du dir davon versprichst, außer, dass dieser schreckliche Ungeheuerkerl auf uns beide gehetzt wird.“
    Darauf immerhin konnte Serena antworten. „Ich habe aus berufener Quelle erfahren“, erklärte sie, „dass er ein schwerfälliger Klotz ist, nur Muskeln, aber kein Hirn. Wenn es soweit kommt, werde ich ihn einfach überlisten.“
    „Oh je.“ Freddy lehnte sich vor und tätschelte Serena die Wange. „Wenn du versagst, werde ich da sein, dir wieder aufzuhelfen. Wie immer.“

    H UGO HATTE AM NÄCHSTEN T AG mehr als genug zu tun. Nichtsdestotrotz verfolgten ihn Gedanken an die Gouvernante die ganze Zeit über. Er schickte einen Mann los, um herauszufinden, was wirklich zwischen seinem Arbeitgeber und Miss Serena Barton auf Wolverton Hall geschehen war. Wenn sie es ihm nicht sagen wollte und Clermont auch nicht, dann musste er es eben auf eigene Faust herausbekommen.
    Er verbrachte den Vormittag damit, die Gedanken an sie zurückzudrängen – an das kastanienbraune Haar, zu einem losen Knoten gebunden, das nur darauf wartete, gelöst zu werden. Ihre Augen waren grau und ruhig, wie ein stiller tiefer Teich. Ihre Hände hatte sie auf dem Schoß liegen gehabt – sie hatte sie nicht bewegt.
    Am Nachmittag schließlich gab er den Versuch, ernsthaft zu arbeiten, als hoffnungslos auf und schlenderte zum Fenster. Den ganzen Vormittag über hatte er immer wieder flüchtig Blicke auf sie erhascht, wie sie auf ihrer Bank saß. Jetzt saß sie wieder reglos da wie ein Standbild, rührte sich fast gar nicht, atmete kaum, und dennoch wirkte sie vollkommen lebendig.
    Sie war beileibe keine Schönheit, aber sie war unbestreitbar hübsch. Und da war etwas an ihren Augen … Er schüttelte den Kopf; Aussehen spielte keine Rolle.
    Er hatte sie gestern auf die Probe gestellt, das Wort „vergewaltigt“ erwähnt. Es war … entsetzlich möglich. Er war sich nicht sicher, was er getan hätte, wenn sie seine Befürchtungen bestätigt hätte. Er hatte eine Menge Sachen für Clermont getan, aber er hatte nie einer Frau etwas angetan. Selbst sein ramponiertes Gewissen kannte Grenzen.
    Sie hatte mit keiner Wimper gezuckt, als er das Wort gesagt hatte. Sie hatte überhaupt gar nicht darauf reagiert.
    Und darin lag sein zweites Problem. Als er sich ihr vorgestellt hatte, hatte er angenommen, dass sie seinen Namen wiedererkennen würde. Aber sie hatte seinen Ruf allein durch die Berichte in den Klatschspalten der Zeitungen erfahren, und dort sprach man von ihm ausschließlich als dem Ungeheuer von Clermont. Es gab keinen Grund, woher jemand, der gerade erst in London eingetroffen war, seinen Namen kennen sollte.
    Er hätte ihren Irrtum gleich korrigieren sollen.
    Doch das hatte er nicht, und er war sich gar nicht so sicher, weswegen nicht. Es war einfach ein Instinkt gewesen. Trotz der vollmundigen Beteuerungen des Herzogs vermutete er, dass das, was am Grunde dieser Auseinandersetzung lag, ein Skandal war – und zwar einer von solchen Ausmaßen, dass er Hugos ganze hervorragende Arbeit zunichtemachen konnte. Er konnte das Problem nicht beheben, wenn er nicht wusste, womit er es zu tun hatte. Und wenn sie sich in eine Angst vor ihm hineinsteigerte, würde er am Ende nie die Wahrheit erfahren – nicht, bis er es auf der Titelseite einer Zeitung las.
    Dennoch schmeckte ihm die Lüge gar nicht. Und auch nicht, wenn es nur eine Lüge durch Auslassung war.
    „Was auch immer Sie im Schilde führen, Miss Barton“, flüsterte er, „Sie werden mich nicht meine fünfhundert Pfund kosten. Dafür habe ich zu hart gearbeitet.“
    Fünfzig Schritt von ihm entfernt auf der anderen Seite der Fensterscheibe drehte sie den Kopf, erschreckte ihn mit der jähen Bewegung. Er machte einen Schritt zurück – aber sie beobachtete nur einen Vogel, der vor ihr auf der Erde gelandet war.
    Mit einem Seufzen schob Hugo den Rest seiner Papiere beiseite. Es war witzlos, noch mehr von seiner Zeit mit Herumrätseln zu verschwenden, wenn er stattdessen einen Versuch unternehmen konnte, die

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