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Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition)

Titel: Die Gouvernante und ihr geliebtes Ungeheuer („Geliebte Widersacher“) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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passiert.“
    „Warum nicht?“, fragte sie. „Wo Sie doch so rücksichtslos sind.“
    Er musste trotz allem lächeln. „Rücksichtslos heißt doch nicht, dass ich die sich bietenden Möglichkeiten betrachte und voller Schadenfreude die grausamste wähle. Es heißt vielmehr, dass ich Probleme löse, was auch immer es kostet. Darin bin ich gut.“
    „Und daher bieten Sie mir aus reiner Herzensgüte an …“
    „Nein“, sagte er und beugte sich vor. „Da verstehen Sie mich falsch. In mir gibt es keine Herzensgüte – das ist es, was ich Ihnen zu erklären versuche. Sie sind ein Problem. Es lenkt mich von meiner Arbeit ab, wenn ich an Sie denke, wie Sie hier sitzen, und mich frage …“
    Sie atmete scharf ein und rutschte von ihm weg. Ihre Augen waren ganz rund und dunkelgrau. Sie rührte sich kaum. Die Luft um sie herum war plötzlich spannungsgeladen. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden und hörte seine Worte im Geiste noch einmal.
    Es lenkt mich von der Arbeit ab, wenn ich an Sie denke.
    Es war eigentlich nichts, diese schwache Anziehungskraft, die er spürte. Es war nicht mehr als das kaum hörbare Summen eines Insekts. Unbedeutend genug, dass er es mit einer Handbewegung vertreiben konnte. Aber sie hatte es eben bemerkt, und dieser leise Anflug von Interesse, so milde es auch gewesen war, hatte das Lächeln von ihrem Gesicht gewischt.
    „Gehen Sie weg“, verlangte sie mit ausdrucksloser Stimme.
    Nein, sie war nicht hier wegen eines Streits um eine Anstellung. Clermont hatte einiges zu verantworten.
    Hugo bückte sich und hob einen dünnen Zweig vom Boden auf und legte ihn auf die Bank zwischen ihnen. „Das“, erklärte er, „ist eine Mauer, und ich werde sie nicht überschreiten.“
    Ihre Augen hingen an die Stück Holz, nur ein paar Zoll lang.
    „Ich verurteile Gewalt gegen Frauen“, teilte er ihr mit.
    Sie antwortete nicht.
    „Ich tue eine Menge Sachen, und auf viele davon bin ich nicht stolz. Aber ich fluche nicht. Ich trinke nicht und ich tue Frauen nichts an. Ich tue nichts von all diesen Dingen, weil mein Vater jedes einzelne davon getan hat.“ Er erwiderte ihren Blick, während er sprach. „Jetzt habe ich Ihnen etwas verraten, das sonst niemand in London weiß. Sie können den Gefallen doch sicherlich erwidern, oder? Was wollen Sie?“
    Sie schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Mr. Marshall. Ich lasse mich nicht einschüchtern, wie nett Sie es auch versuchen. Ich bin damit fertig, dass mir Dinge zustoßen. Von jetzt ab werde ich Dingen zustoßen.“
    Während sie sprach, reckte sie den Kopf. Und das ärgerliche Summen – das mückenähnliche Sirren von Anziehungskraft, das er so mühelos beiseitegeschoben hatte – schien um ihn herum anzuschwellen wie ein aufkommender Wind, aus einem Lufthauch entstanden.
    Ihre Züge waren so frisch und klar in der kalten Luft. Kein Haar war irgendwo, wo es nicht hingehörte. Dennoch erinnerte sie ihn irgendwie an eine Bärin, stark und sicher, die ihr Reich auf dem Berg oben beanspruchte.
    Hier , dachte er, ist endlich eine Frau, die zu mir passt.
    Es war witzlos, sich irgendwelchen Träumen hinzugeben. Was sollte er mit einer Bärin anfangen? Dennoch … Sicherlich war es doch erlaubt, sie zu bewundern, wenn er eine sah.
    „Tapfere Worte“, bemerkte er leise. „Das ist es, was es bedeutet, gnadenlos zu sein. Schließlich stoße ich anderen Leute regelmäßig zu.“
    Sie blickte vielsagend auf den Zweig zwischen ihnen.
    Hugo blieb ruhig sitzen, rückte keinen Zoll zu ihr. „Ich nehme nicht an, dass Sie wissen, warum man ihn das Ungeheuer von Clermont nennt?“
    „Wegen seiner Gnadenlosigkeit.“
    „Ich meinte die genaueren Umstände. Sie wissen, wie es kam, dass er für Clermont arbeitet?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er legte die gespreizten Finger aneinander und schaute von ihr fort. „Clermont hätte nie einen Boxer als Verwalter und Agenten angestellt. Aber er hatte immer schon eine Vorliebe für Preisboxen. Und Trinken; alle Herzöge trinken unheimlich gern und viel. Eines Tages nach einem Kampf war er betrunken und hat dem Gewinner alle seine Sorgen erzählt.“
    „Herzöge haben sicherlich eine Menge Probleme.“ Sie verdrehte die Augen.
    „Es war die gewohnte Litanei: alter Titel, aber nichts als Rechnungen und Schulden, und ein alles andere als makelloser Ruf obendrein. Das Ungeheuer hat mit ihm um hundert Pfund gewettet, dass er binnen sechs Monaten alles so einrichten könne, dass keine Gläubiger mehr an seine Tür hämmern

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