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Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2

Titel: Die Grabgewoelbe von Yoh-Vombis - Gesammelte Erzaehlungen Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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dass dieser Anblick den Tod bringt – dass jene, die sie ansahen, auf der Stelle zu Stein erstarrten.«
    »Das kann vermieden werden«, erwiderte mein Gegenüber. »Ich werde Ihnen einen Spiegel geben. Und wenn Sie nur gut achtgeben und es Ihnen gelingt, Ihre Neugier im Zaum zu halten, können Sie die Medusa auf gleiche Weise sehen, wie Perseus es tat. Sie werden aber sehr aufpassen müssen. Und sie ist wirklich so faszinierend, dass nur wenige es sich verkneifen konnten, sie unmittelbar anzusehen. Oh ja, Sie werden sehr vorsichtig sein müssen. He! He! He!«
    Sein Gelächter war noch grauenhafter als sein Lächeln; und noch während er lachte, zupfte er mich schon am Ärmel mit einer knotigen Hand, die ganz zu seinem Gesicht passte und die gut und gerne während unzähliger Zeitalter die schwarzen Ruderstangen der stygischen Barke umklammert haben mochte.
    »Kommen Sie, es ist nicht weit von hier«, sagte er. »Und eine solche Gelegenheit bekommen Sie nie wieder. Der Kopf gehört nämlich mir und ich zeige ihn nicht jedem x-Beliebigen. Aber ich sehe schon, dass Sie zu den wenigen Personen gehören, die seinen Anblick ganz sicher zu schätzen wissen.«
    Mir ist immer noch unerklärlich, dass ich seine Einladung so bereitwillig angenommen habe. Die Persönlichkeit des Mannes hatte etwas ausgesprochen Abstoßendes und er erweckte in mir eine Mischung aus unwiderstehlicher Furcht und Abscheu. Wahrscheinlich war er ein Spinner … vielleicht sogar ein gemeingefährlicher Verrückter; oder falls er nicht wahnsinnig war, hatte er einen üblen Plan im Sinn, irgendeinen bösartigen Vorsatz, zu dem ich Beihilfe leistete, indem ich ihn begleitete. Mit ihm zu gehen war der reine Wahnsinn, es war die schiere Narretei, ihm überhaupt zuzuhören; und natürlich war seine wilde Behauptung, das legendäre Gorgonenhaupt zu besitzen, zu lächerlich, als dass man überhaupt sich die Mühe hätte machen müssen, Unglauben zu äußern.
    Falls es einen solchen Gegenstand im Griechenland der mythischen Vorzeit gegeben hatte, so befand er sich ganz sicher nicht im heutigen London im Besitz eines alten Mannes von zweifelhaftem Äußeren. Die ganze Sache war noch lachhafter als ein Wachtraum … aber dennoch begleitete ich ihn. Ich stand unter einem Bann … dem Bann des unbekannten Geheimnisses, des Schreckens, des Widersinns; sein Angebot hätte ich ebenso wenig abschlagen können, wie ein Toter die Überfahrt durch Charon an die Gestade des Hades von sich hätte weisen können.
    »Bis zu meinem Haus ist es nicht mehr weit«, versicherte er mir wiederholt, als wir die belebte Straße hinter uns ließen und in eine schmale lichtlose Gasse traten. Damit hatte er vielleicht recht; allerdings habe ich keine genaue Vorstellung von der Strecke, die wir zurücklegten. Von den Gassen und Durchgängen, durch die er mich führte, hätte ich kaum jemals angenommen, dass es sie in diesem Viertel Londons überhaupt geben könnte; und in weniger als einer Minute hatte ich hoffnungslos die Orientierung verloren. Die Häuser waren üble Mietskasernen, offenbar sehr alt, und dazwischen standen einige verfallene Anwesen, die zweifellos noch älter waren und wie die Überreste einer früheren Stadt wirkten.
    Es fiel mir auf, dass wir bis auf wenige vereinzelte Passanten, die uns zu meiden schienen, alleine waren. Die Luft war außerordentlich kühl geworden und mit eigenartigen Gerüchen unterlegt, die das Gefühl der Kälte und des Uralten noch weiter unterstrichen. Über uns hing ein leichenfahler, unveränderlicher Himmel, dessen Grau uns wie ein Katafalk zu bedecken und zu erdrücken schien. Ich konnte mich nicht mehr darauf besinnen, welche Straßen wir durchschritten, wenngleich ich mir sicher war, dass ich diesen Stadtteil bei meinen vorherigen Spaziergängen schon durchwandert hatte. Unter mein Unbehagen und Erstaunen mischte sich eine seltsame Verblüffung. Mir erschien es, als ob der alte Mann mich in ein Labyrinth des Unwirklichen, des Trügerischen und Zweifelhaften führte, in dem keine Wegzeichen existierten und es nichts Normales, Vertrautes oder Erlaubtes gab.
    Wie unter dem Heranrücken der Abenddämmerung verfinsterte sich die Luft, obgleich noch eine Stunde bis Sonnenuntergang fehlte. In diesem unheilschwangeren Dämmerlicht, das sich nicht weiter verfinsterte, sondern seinen Grad der Schattenhaftigkeit wahrte und alles seltsam verzerrt und in verschobenen, unwirklichen Proportionen wirken ließ, erreichten wir schließlich unser Ziel.
    Es

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