Die Grabräuber
siegessicher, dass sie überhaupt nicht damit rechnete, von einem Menschen erledigt werden zu können.
Die würde sich wundern!
Suko ließ sie kommen. Ohne es genau gesehen zu haben, wusste er, dass die lebende Figur einen dritten Pfeil aus ihrem Köcher und auf die Bogensehne gelegt hatte.
Aus kurzer Distanz konnte man als Mensch kaum ausweichen. Also musste Suko schneller sein.
Plötzlich war er da. Die langsamen Schritte waren nur Tarnung gewesen. Selbst Suko, der mit allem gerechnet hatte, wurde überrascht. Im nächsten Moment stand die lebende Figur schräg und sehr dicht vor ihm, wobei sie einen Pfeil auf die Sehne gelegt hatte und Suko keine Chance mehr ließ, noch zur Seite hin auszuweichen. Der Pfeil würde immer schneller sein.
Die Zeit schien einzufrieren. Sekundenlang geschah nichts. Beide Gegner starrten sich an. Zwischen ihnen wallten nur die Nebelschwaden, und die hielten keinen Pfeil auf.
Für Suko war es nur mehr eine Frage von Augenblicken, wann der Pfeil sein Lebenslicht auslöschen würde…
***
Ich geriet in den Nebel!
Meine Güte, er war noch dichter geworden, und ich tauchte in ihn ein wie ein Schwimmer in das Wasser. Hier kannte ich mich überhaupt nicht aus, meine kleine Bleistiftleuchte nutzte mir so gut wie nichts, denn ihr Strahl war nur mehr ein verschwindend kleiner Fleck in der allgemeinen grauschwarzen Finsternis.
Von Suko sah ich natürlich nichts. Ihn zu finden, war so gut wie unmöglich. Nicht bei diesen Witterungsverhältnissen. Dennoch ging ich weiter.
Den Hinterhof hatte ich sehr bald durchquert, erreichte eine Schutzmauer und nahm an, dass Suko sie überklettert hatte. Auch ich schwang mich auf die Krone, schaute für einen Moment nach unten, sah nur die sich bewegenden, grauen Schwaden und lieg mich fallen. Eine weiche Landung. Das war alles. Von Suko nach wie vor nicht die geringste Spur. Verflixt, wo steckte der Kerl denn nur? Es war riskant, ich wusste, welch ein Gegner lauerte, trotzdem riskierte ich es und rief den Namen meines Freundes. Nicht sehr laut, aber eine Antwort bekam ich nicht.
Mir fiel ein, dass Suko ziemlich viel Zeit gehabt hatte, also ging ich weiter und landete irgendwann an einem hohen Zaun aus Maschendraht. Was dahinter war, konnte ich nur ahnen. Gebäude oder hohe Kästen - für mich zählten sie als Verstecke.
Also hin!
Ich kletterte den Zaun hoch. Er bog sich mir entgegen, war zu weich, ich hatte Mühe, mich zu halten, erreichte dennoch die Spitze, blieb fast hängen, und es gelang mir nur mehr mit grotesken Bewegungen, ihn zu überwinden.
Endlich hatte ich es gepackt. Nur gut, dass mir keiner zugesehen hatte. Er hätte sich krummgelacht.
Sicher stand ich auf der anderen Seite und wollte weitergehen, als es geschah. Sie waren wie Schatten, wie Nebelfetzen, aber sie waren verdammt schnell. Zu schnell für mich.
Plötzlich standen sie vor mir, und sie kannten keine Gnade. Ich sah ihre schon vorher hochgerissenen Arme und die schmale Verlängerung der Hände. Messer waren es nicht. Ich tippte eher auf stabile Holzknüppel. Dieser Gedanke machte mich flott und räumte auch meine erste, herzbeklemmende Furcht zur Seite. Ich schnellte hoch und ging in die ersten Angriffe voll hinein. Damit hatte mein Gegner nicht gerechnet. Plötzlich wurde mein Arm lang, und die Faust versenkte ich in etwas Weichem.
Der Typ flog zurück. Er schlug sogar einen Salto, als wäre er ein Artist beim Zirkus.
Schon kam der nächste. Und der sprang mich an. Gefährlich in der Haltung eines Karatekämpfers; und sein rechter vorgestreckter Fuß zielte auf mein Gesicht.
Ich duckte und drehte mich gedankenschnell ab.
Der Kerl verfehlte mich, kam neben mir auf und wirbelte sofort herum. Ich hatte schon geschlagen und wuchtete meine Faust in den ungedeckten Rücken des Angreifers.
Der Schlag trieb ihn bis zum Zaun vor. Er prallte gegen den weichen Maschendraht, bevor er wieder zurückfederte, sich sofort drehte und seine Handkante streckte.
Ich stand nicht mehr am selben Fleck und hörte es nur pfeifen, so wuchtig hatte er geschlagen.
Nur einer war mit einem Knüppel bewaffnet, und der Typ griff wieder an. Er war wesentlich kleiner als ich, aber ungemein gelenkig und wirkte wie ein Gummimann. Dabei bewegte er den Knüppel so kunstvoll, dass mir angst und bange wurde.
Dicht vor meinen Augen wischte der harte Gegenstand hin und her, kam einmal von links, dann wieder von rechts. Der Kerl täuschte nur, er wollte mich noch nicht treffen, sondern mich nur in die
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