Die Grabräuber
beiden Gestalten, mit denen ich mich herumgeschlagen hatte. Ihre Haltungen waren noch gespannt. Sie kamen wie Raubtiere, hatten die Arme vorgestreckt und warteten auf einen Befehl ihres Meisters Quen.
Der winkte nur ab.
Die Männer entspannten sich wieder. Ich sah Quens ausgestreckten Arm, ergriff die Hand und ließ mich auf die Füße ziehen. Ein wenig wackelig stand ich vor ihm. Einige Stellen an meinem Körper schmerzten. Dort hatten mich die Hiebe getroffen. Die blauen Flecken würden vergehen, dessen war ich mir sicher.
Quen schaute mich an. Ich erwiderte seinen Blick, der ein wenig Bedauern zeigte, und ich merkte, wie allmählich in mir die kalte Wut hochstieg.
Die Zusammentreffen mit dem Mann des chinesischen Geheimdienstes waren stets von seltsamen Umständen begleitet gewesen. Er und seine Leute hatten es beim erstenmal geschafft, uns zu entführen. In London hatte man Suko und mir eine Spritze gegeben. Erwacht waren wir in Shanghai, wo wir gegen die mordenden Bestien aus den Pesthügeln zu kämpfen hatten. Und ich dachte auch noch an die Worte, als wir uns von Quen verabschiedet hatten nachdem der Fall gelöst war. [1] Ich hatte Quen nicht wiedersehen wollen. Höchstens im China-Restaurant. Das war nun Essig. Er stand vor mir. Und er hatte sich überhaupt nicht verändert. Wer ihn zum erstenmal sah, hätte ihn für einen jungen, leicht unterernährten Studenten halten können, der einen etwas schüchternen Eindruck machte und sich nichts zu trauen schien.
Das Gegenteil war der Fall. Man konnte Quen als einen gefährlichen Mann bezeichnen, der nicht nur zahlreiche Kampftechniken beherrschte, sondern auch beim rotchinesischen Geheimdienst ein hohes Amt bekleidete. Vielleicht war er sogar der Leiter der europäischen Aufklärung oder wie man bei denen so etwas nannte. Freunde waren wir gerade nicht, auch keine Partner. Wir standen einfach auf verschiedenen Seiten und die hinterlistige Entführung hatte ich auch nicht vergessen.
»Ich möchte mich entschuldigen«, sagte Quen in lupenreinem Englisch und reichte mir die Hand.
Ich zögerte mit dem Einschlagen. »Sie haben mir sicherlich eine Menge zu erklären.«
»Sicher.«
»Okay.« Ich schlug ein und merkte, dass sein Händedruck fest war. Als ich die Hand wieder zurückzog, deutete ich auf die anderen beiden Männer. »Die gehören wohl zu Ihrer Garde, wie?«
»Ich kann es nicht abstreiten.«
»Sie hätten ein wenig achtsamer mit mir umgehen können. Ich bin leicht zerbrechlich.«
Quen lachte. »Sie reagieren auch nicht gerade wie ein Chorknabe, John.«
»Ich habe mich nur gewehrt.«
»Sicher.« Er nickte. »Vergessen wir das alles. Andere Aufgaben sind wichtiger.«
»Dass Sie nicht von ungefähr hier erschienen sind, kann ich mir gut vorstellen«, sagte ich. »Wahrscheinlich geht es um die Figur.«
»Natürlich John. Nur habe ich nicht gewusst, dass Sie schon am Ball waren.«
»Reiner Zufall.«
»Sie gestatten, dass ich Ihnen das nicht so recht glaube.«
»Glauben Sie, was Sie wollen, aber es ist eine Tatsache. Ferner ist ebenfalls eine Tatsache, dass es durch den Angriff Ihrer beiden Männer mir nicht gelungen ist, die Statue zu stellen.«
»Sie wäre Ihnen überlegen gewesen.«
Ich hob die Schultern »Möglich. Trotzdem hätte ich es versuchen müssen.«
Quen nickte und lächelte. »Ja, das hätten Sie, John. Ich kenne Sie gut genug.«
Quens Leute drehten sich um. Ich hatte ebenfalls Schritte gehört und vernahm auch die Stimme. »John?«
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Derjenige, der sich da gemeldet hatte, war Suko. Soweit ich erkennen konnte, schien er munter und gesund zu sein. Er löste sich aus dem Nebel, kam näher und schaute die beiden Chinesen skeptisch an.
»Was sind denn das für Figuren?«
»Sie hatten mich fast geschafft.«
»Und wieso nicht?«
»Ich grüße Sie, Suko«, sagte Quen.
Mein Freund kam ein paar Schritte näher. Er sah den Geheimdienstmann und begann zu lachen. »Das gibt es doch nicht. Quen, der Oberagent. Der Mann mit den tausend Tricks. Was führt Sie her?«
»Können Sie sich das nicht denken?«
»Natürlich.« Suko blieb neben uns stehen. »Die mordende Statue oder der killende Steinsoldat. Aber den gibt es nicht mehr.«
Selbst das sonst so bewegungslose Gesicht des Agenten zeigte in diesem Augenblick Überraschung. »Wie soll ich das verstehen, Suko?«
»Er ist erledigt, zerfallen, zu Staub geworden. Tut mir leid, aber etwas anderes kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Und Sie wollen
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