Die Grabräuber
sie gingen nicht, sondern rannten…
***
Suko hatte sich nicht vom Fleck gerührt!
Nahezu gelassen wartete er ab und erlebte auch die Niederlage mit, die Hiatu bereitet worden war. Niederlage insofern, dass es trotz aller Bemühungen nicht gelungen war, John Sinclair zu finden. Irgendwann kam Hiatu zu ihm. Seinem Gesicht war anzusehen, welche Gefühle in ihm tobten. Von seiner Gelassenheit war nicht mehr viel übrig geblieben.
Suko sagte nichts. Er wollte seinen Gegner nicht noch mehr reizen. Hiatu sprach von selbst. »Wir haben deinen Freund nicht gefunden«, fuhr er Suko an. »Wahrscheinlich ist er abgesoffen.«
Der Inspektor nickte. »Möglich.«
»Mehr sagst du nicht?«
»Nein!«
Hiatu schaute ihn noch einmal an, holte tief Luft, drehte sich dann um und ging.
Lächelnd blieb Suko zurück. Die Vorzeichen standen gar nicht mal so schlecht, auch wenn nach wie vor fünf gefährliche Pfeilspitzen auf ihn gerichtet waren. Und John war bestimmt nicht ertrunken. Nicht ein alter Profi wie er.
Die Grabräuber standen an Deck wie Denkmäler. Sie hatten ihren Befehl bekommen und würden ihn auch ausführen, daran änderte sich nichts. Im Augenblick interessierte sich Suko nicht für sie. Er schaute mehr auf die normalen Menschen, die sich noch bis vor kurzem unter Deck aufgehalten hatten.
Entweder standen sie unter einem dämonischen Bann, oder sie hatten einfach nur Angst, weil sie sich gegen die Übermacht nicht wehrten. Beides war möglich.
Suko suchte den Blick der Leute. Es waren nicht nur Männer. Auch Frauen hatte man auf diesem Schiff zu Sklaven degradiert. Sie schlichen über Deck, hielten die Blicke gesenkt und schauten nur hin und wieder ängstlich auf die Steinernen, von denen sie überacht wurden. Die Grabräuber hatten sich nahe der Reling aufgebaut. Von diesen Stellen aus konnten sie über das ganze Deck schauen.
Suko fragte sich, wo diese seltsame Reise wohl enden würde. Vielleicht in einem kleinen Hafen oder einer weiteren Anlegestelle am freien Ufer. Auf jeden Fall dort, wo der Inspektor auch auf seinen Ahnherrn treffen würde.
Alle Vermutungen waren falsch, das bekam Suko in den nächsten Minuten bewiesen.
Es begann mit Hiatus schrillen Kommandos. Was er schrie, konnte Suko nicht verstehen. Seine Kommandos aber wurden von den Menschen aufgenommen, und die Gefangenen erwachten zu einer nahezu fieberhaften Hektik.
Die Dschunke verlor an Fahrt. Das Segel wurde eingeholt. Der Mann am Ruderstand drehte das Steuer. Wellen liefen quer, die Strömung klatschte gegen das Schiff, das sich schüttelte, als die Wassermassen es nicht mehr vorantrieben.
Das Manöver schien nicht so zu laufen, wie Hiatu es sich vorgestellt hatte. Er brüllte seine wilden Befehle, die Männer und Frauen rannten noch aufgeregter über Deck, bis schließlich alles klappte und die Dschunke wieder Fahrt aufnahm. Diesmal wesentlich langsamer. Vergeblich versuchte Suko sich zu orientieren. Es gelang ihm nicht, das zu erkennen, was jenseits der Bordwand lag. Dort ballte sich nach wie vor die Dunkelheit zusammen.
Wenig später kam Hiatu. Schweratmend blieb er vor Suko stehen. Auf seinem Gesicht glänzte der Schweiß. Der Mann hatte sich bis über seine Verhältnisse angestrengt.
Er streckte den Arm aus und deutete mit einem Zeigefinger auf den Inspektor. »Die Waffen weg!«
»Wie?«
Hiatu funkelte ihn an. »Ich habe gesagt, du sollst deine verdammten Waffen ablegen. Hast du nicht verstanden?«
»Doch, schon…«
»Dann weg damit!«
Suko nickte. Er ahnte, dass es bald soweit war und sie sich dicht vor dem Ziel befanden. Jetzt ärgerte er sich ein wenig, dass er es so weit hatte kommen lassen, doch daran war nichts mehr zu ändern. Und Hiatu wusste genau, welche Waffen sein Gegner bei sich trug.
»Zuerst deine Pistole«, sagte er flüsternd.
Suko zog die Beretta hervor. Für einen Moment dachte er daran, auf den anderen zu schießen.
Hiatu hatte seine Gedanken erraten. »Wag es nur nicht«, sagte er mit drohender Stimme. »Wag es nicht. Meine Freunde würden dich mit ihren Pfeilen spicken.«
»Natürlich,« erwiderte Suko. Die Beretta polterte zu Boden. »Kick sie her!«
Auch das tat Suko. Hiatu bückte sich, nahm die Beretta hoch und steckte sie weg. »War das alles?« fragte er lauernd.
»Natürlich.« Suko log eiskalt.
»Was schaut denn da aus deinem Gürtel?«
Es war die Dämonenpeitsche, aber die hatte Suko nicht hergeben wollen. Hiatu machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er bekam den Inspektor dazu,
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