Die Grabstein-Clique
einfach eine Etage zu hoch, damit hätte er nicht gerechnet, und gegen die bullige Kraft eines Kleinwagens kam auch er nicht an.
Sein Gesicht zeigte Staunen, dann einen Anflug von Erschrecken, mehr sah Cora nicht, denn da rammte der Wagen bereits den Körper und stieß ihn um.
Sie hörte keinen Schrei, vernahm auch kein Aufprallgeräusch, aber sie überfuhr ihn zuerst mit den Vorderreifen, danach mit den hinteren. Zweimal merkte sie den Ruck.
Und beide Male löste sich aus ihrem Mund ein kaltes, hartes Lachen. Eigentlich hätte sie jetzt auf die Ausfahrt zurollen müssen, das tat sie nicht, denn sie besaß die Nerven, schon nach wenigen Yards den Wagen wieder anzuhalten.
Sie schaute in den Rück-und den Innenspiegel.
Ralph lag auf dem Boden. Die Beine hatte er angezogen, die linke Schulter erhoben, und mit der rechten Hand stützte er sich am Boden ab, weil er sich wieder in die Höhe stemmen wollte. Er war nicht ausgeschaltet.
›Zurück!‹ Da war wieder die Stimme in ihrem Kopf. ›Du mußt zurückfahren!‹ Cora gehorchte.
Sie würde alles tun, was ihr die unbekannte Stimme befahl. Ihre Bewegungen wirkten nicht einmal hektisch, als sie den Rückwärtsgang einlegte. Sie war ruhig, sogar eiskalt. Nur so konnte man ein gewisses Problem angehen.
Der Wagen rollte zurück.
Das hatte auch Ralph gesehen oder gehört. Er befand sich noch immer in dieser halb aufgestützten und zur Seite gedrehten Haltung. Sogar sein Gesicht konnte sie erkennen, das zu einer Maske aus Schmerz und Entsetzen geworden war.
Es war ihr egal. Um so etwas konnte und durfte sie sich nicht kümmern. Dieser Kerl mußte seine Strafe erhalten.
Und wieder bekam sie den Aufprall deutlich mit. Sie merkte auch, daß sich zuerst die Hinterräder lösten und buchstäblich über den Körper hinwegsprangen, wobei sie ihn gleichzeitig zusammendrückten. Einen Moment später waren die Vorderräder an der Reihe.
Und diesmal hörte sie einen Schrei. Er war schlimm, aber er berührte sie nicht.
In der letzten Minute war die Stripperin Cora Vandell zu einer anderen Person geworden. Zwar sah sie äußerlich so aus wie immer, doch ihr Seelenleben hatte sich verändert.
Sie wußte jetzt, daß sie einen völlig neuen Weg eingeschlagen hatte, den Weg nach vorn.
Nichts bereute sie. Auf ihren Lippen lag ein Lächeln, als sie über die breite hellerleuchtete Auffahrt fuhr und dabei an ein bestimmtes Foto dachte…
»Ich habe da ein Problem«, sagte Sir James Powell, wobei er auf die beiden Stühle deutete, damit Suko und ich unsere Platze einnehmen konnten. Wir schauten uns an.
Beide zeigten wir keinen begeisterten Gesichtsausdruck, denn wir kannten den Superintendent. Wenn er so sanft redete, steckte hinter dem Problem zumeist eine verdammt haarige Sache, die nicht so einfach zu lösen war und die uns in Schwierigkeiten bringen konnte.
»Wo drückt denn der Schuh, Sir?« fragte ich.
»Es ist weniger der Schuh als mein Kopf. Oder mein Gehirn, wie Sie es wollen.«
»Wir hören«, sagte Suko.
Sir James nickte uns über den Schreibtisch hinweg zu. »Es geht um vier Tote, um vier Morde, die mir den Kopf zerbrechen, und die auf den ersten Blick überhaupt nichts gemeinsam haben. Diese vier Morde sind innerhalb von zwei Tagen und zwei Nächten an verschiedenen Stellen in London begangen worden, und es hat Personen getroffen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können.«
»Wen denn, Sir?«
»Eine Äbtissin, eine ältere Adelige, einen Regisseur und einen Bar-Rausschmeißer!« Er hatte sehr schnell gesprochen, damit er nicht in Gefahr lief, von uns unterbrochen zu werden.
Das hatten wir auch nicht vor, nur hatten wir mit einer derartigen Eröffnung nicht gerechnet und saßen da wie zwei Schüler, die vor einer Mathematikaufgabe kapitulierten und dabei von ihrem Lehrer beobachtet wurden. Um überhaupt etwas zu sagen, fragte ich: »Und das stimmt alles, Sir? Sie haben uns keinen Bären aufgebunden?«
Ich bekam eine ärgerliche Antwort. »Mit diesen Dingen treibe ich keine Scherze, John.«
»Pardon.«
»Schon gut.« Sir James sprach weiter. »Die Überraschung kommt noch, meine Herren. Man kennt nämlich die Täter.«
»Wie?«
»Ja, die Mörder sind bekannt. Es gibt vier Opfer, und es gibt vier Täter.«
Suko lächelte und sagte in einem lockeren Tonfall. »Dann sperren Sie die Leute doch einfach ein.«
Er erntete einen bösen Blick unseres Chefs. Und ich bekam ihn gleich mit. »Wenn das so einfach wäre, säßen die Killer hinter Gittern, so daß Sie
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