Die Grabstein-Clique
die Stirn, als er sagte: »Viel bringt uns das auch nicht weiter.«
»Das stimmt.«
»Haben Sie denn die Friedhöfe absuchen lassen?« erkundigte ich mich sicherheitshalber.
»Ja, die Londoner schon, aber das war ein Fehlschlag. Es muß ein anderer Friedhof sein.«
»Nicht unbedingt«, warf Suko ein. »Es gibt doch auch Grabsteine und natürlich Gräber, die einsam in der Landschaft stehen. Ich denke da an einige Gedenkstätten der Kelten. Das könnte auch passen. Oder meinen Sie nicht, Sir?«
»Alles ist möglich.«
»Und wir laufen hinterher.«
»Noch«, sagte Sir James. Er sprach uns beide an. »Sorgen Sie dafür, daß Sie sie anderen überholen. Alles übrige wird sich schon von allein ergeben.«
Ich blieb bei seinem Verkehrsvergleich. »Und welches Fahrzeug schlagen Sie vor?«
»Das müssen Sie entscheiden.«
Ich hakte noch einmal nach. »Haben Sie tatsächlich keine Fahndung veranlaßt?«
Er wiegte den Kopf. »Sind Sie mit einer halben Antwort zufrieden, John? Wahrscheinlich nicht. Ich sage sie Ihnen trotzdem. Bis uns die Zusammenhänge klar wurden, war einfach zuviel Zeit vergangen. Wir laufen leider hinterher.«
Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich drehte mich zu Suko um. Sein Gesichtsausdruck sagte alles. Auch er sah kein Land. Dabei fragte er noch einmal nach. »Gab es sonst keine Gemeinsamkeiten zwischen den Tätern als nur die Fotos?«
»Wir haben keine gefunden. Die Fingerabdrücke auf den Bildern haben die jetzt Toten hinterlassen. Andere sind von uns leider nicht gefunden worden.«
Ich hielt meinen Blick auf das Foto gerichtet. »Das Grabmal«, sagte ich, »das muß doch eine Bedeutung haben.«
»Sicher.«
»Ein Treffpunkt«, warf Suko ein.
»Möglich.« Ich schnickte mit den Fingern. »Das ist sogar die Idee. Nur weshalb wollen sich die vier Mörder dort treffen? Das ist die Frage, die uns quält. Wenn wir sie haben, dann steht auch unsere Antwort fest, darauf kannst du dich verlassen.«
»Finden Sie den Ort«, sagte Sir James.
»Oder die Mörder.«
»Das auch, John.«
»Haben die Kollegen denn schon mit Ehepartnern, Verwandten oder Freunden der Täter gesprochen?«
»Dabei ist nichts herausgekommen. Alle vier führten ein völlig normales Leben. Es gab keine Motive. Die Nonne brachte die Äbtissin direkt nach der Frühmesse um. Mit einer Schere stach sie ihr in den Rücken. Einfach so.«
»Das gibt es nicht!« sagte ich heftig. »Es sind immer Motive vorhanden, niemand killt grundlos, auch wenn wir als normale Menschen die Gründe nicht immer verstehen. Da gibt es ja genug Beispiele, aber Tiefenpsychologen haben uns das Gegenteil berichtet.«
»Damit werden Sie in diesem Fall nicht weiterkom men. Ich sehe eher einen magischen Zusammenhang.«
»Das wäre sogar günstig.«
Sir James lehnte sich zurück. »Ich möchte Sie nur bitten, die Täter so schnell wie möglich zu finden. Bisher sind vier Morde geschehen. Wer sagt uns denn, daß es dabei bleibt? Daß diese Gruppe nicht weiter killen wird, daß die Mitglieder plötzlich durchdrehen und… nun ja, Sie wissen schon, John.«
Ich stand auf, Suko erhob sich ebenfalls. Die beiden Bilder nahmen wir mit.
Mit ziemlich betretenen Gesichtern verließen wir das Büro, und ich hätte am liebsten im Gang gegen einen Kaffee-Automaten getreten, so sauer stieß mir der Fall auf.
Glenda erwartete uns mit einem erstaunten Gesicht, als sie unsere Mienen sah. »Ich glaube, da brauchen zwei Leute einen kräftigen Kaffee. Oder irre ich mich?«
»Du irrst dich nicht«, sagte ich und warfeinen Blick auf ihr buntes Sommerkleid mit dem viereckigen Ausschnitt, in dem gebräunte Haut schimmerte.
»Das ist echt!« erklärte sie lächelnd.
Ich fragte nach. »Nahtlos.«
Sie stand auf. »Das werde ich dir nicht sagen, du Lüstling.« Sie schob sich an mir vorbei auf die Kaffeemaschine zu und fing an, die mit braunem Pulver bedeckten Löffel abzuzählen.
Suko saß schon in unserem Büro, starrte das Foto an und fragte mich mit bittersüßer Miene. »Was machen wir denn jetzt?«
»Kaffee trinken«, erwiderte ich und setzte mich.
***
Die Luft hatte sich tagsüber erwärmt, was Clara Montero überhaupt nicht gefiel. Da sie auch weiterhin ihre Nonnentracht trug und sie nicht mehr durch die dicken Klostermauern geschützt war, schwitzte sie unter der Kleidung, eine andere besaß sie leider nicht, und sie konnte auch kein Auto lenken.
Dennoch mußte sie das Ziel erreichen. Wenn nichts mehr in ihrem Leben zählte oder wichtig war, diese
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