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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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hatte, mit seiner gewohnten Ruhe an. Dann erwiderte er:
    »Gut, ich danke Ihnen; ich werde mich durch den Kammerdiener, meines Sohnes bedienen lassen, und wenn's der Gemeinderat nicht erlaubt, so bediene ich mich selbst.«
    »Haben Sie sich über etwas zu beschweren?« fragte Manuel.
    »Es fehlt uns an Wäsche«, sagte der König.
    Um ein Uhr äußerte der König den Wunsch, einen Spaziergang zu machen. Die Munizipalbeamten verweigerten die Erlaubnis. Um zwei Uhr setzte sich die königliche Familie zu Tisch. Nach einer Weile hörte man Trommelwirbel und lautes Getümmel, welches dem Temple immer näher kam.
    Die königliche Familie begab sich in das Zimmer der Königin. –Der Lärm kam immer näher.
    Was hatte dieses Schreien und Toben zu bedeuten? Die Gefangenen in La Force wurden niedergemetzelt wie in der Abbaye. Dort führte Hébert den Vorsitz, wie hier Maillard; das Gemetzel war in La Force noch furchtbarer als in der Abbaye.
    Unter den dortigen Gefangenen war die unglückliche Prinzessin von Lamballe, die treueste Freundin der Königin. Die Erbitterung gegen sie war außerordentlich groß; man nannte sie die Ratgeberin der Österreicherin.
    Die Prinzessin war nach England gegangen, sie hätte dort bleiben und in Ruhe leben können, aber als sie von dem Angriff auf die Tuilerien erfuhr, kam sie nach Paris zurück, um ihren Platz bei der Königin wieder einzunehmen.
    An diesem Morgen erschienen zwei Nationalgardisten in ihrer Zelle.
    »Stehen Sie auf,« sagte der eine zu der Prinzessin, »Sie müssen zur Abbaye gehen.«
    »Ach, meine Herren,« erwiderte sie, »es ist mir unmöglich, das Bett zu verlassen; ich bin so schwach, daß ich nicht gehen kann.«
    Dann setzte sie mit kaum verständlicher Stimme hinzu: »Sie können mich ja so gut hier umbringen wie anderswo.«
    Einer der beiden neigte sich zu ihr und sagte leise, während der andere an der Tür lauschte:
    »Gehorchen Sie, Madame; wir wollen Sie retten!«
    »Dann entfernen Sie sich,« antwortete die Gefangene, »ich will mich ankleiden.«
    Als sie aus der Tür trat, stand sie vor dem Blutgericht!
    Hébert führte, wie schon erwähnt, den Vorsitz.
    Bei dem Anblick der Männer, die mit aufgeschlagenen Hemdärmeln um den Tisch saßen, und ihrer mit Blut bespritzten Helfershelfer, die zur Vollziehung der Urteile bereit waren, fiel sie in Ohnmacht. Sie wurde dreimal befragt, aber sie sank jedesmal bewußtlos nieder, ohne antworten zu können.
    »Sie wissen ja, daß man Sie retten will!« flüsterte ihr der Nationalgardist zu.
    Dieses Versprechen gab ihr einige Kraft wieder.
    »Was wollen Sie von mir, meine Herren?« fragte sie.
    »Wer sind Sie?« fragte Hébert.
    »Marie Luise, Prinzessin von Savoyen. Oberintendantin des Hauses der Königin.«
    »Hatten Sie Kenntnis von dem Komplott des Hofes am 10. August?«
    »Ich weiß von keinem Komplott.«
    »Schwören Sie Freiheit, Gleichheit und Haß gegen den König, die Königin und die königliche Familie.«
    »Das erste will ich gern beschwören, das übrige aber kann ich nicht schwören, weil ich es nicht fühle.«
    »Schwören Sie doch!« flüsterte ihr der Nationalgardist zu, »oder Sie sind verloren!«
    Aber als hätte sie gefürchtet, die Todesangst werde ihr den schmachvollen Schwur erpressen, hielt sie die Hand auf den Mund. Sie seufzte gepreßt.
    »Sie hat geschworen!« rief der Nationalgardist, der sie geleitete.
    Dann setzte er leise hinzu: »Gehen Sie geschwind aus der Tür, die vor Ihnen ist. Draußen rufen Sie: ›Es lebe die Nation!‹ und Sie sind gerettet.«
    Als sie aus der Tür trat, wurde sie von einem ihr auflauernden Mörder ergriffen. Es war der große Nikolaus, derselbe, der den beiden Leibgardisten zu Versailles die Köpfe abgeschnitten hatte.
    Diesesmal hatte er versprochen, die Prinzessin zu retten. Er zog sie auf einen blutigen, grauenerregenden Gegenstand zu und sagte: »Rufen Sie: ›Es lebe die Nation!‹ ... So rufen Sie doch!«
    Sie war gewiß im Begriff zu rufen, aber unglücklicherweise schlug sie die Augen auf. Sie stand vor einem Leichenhaufen, auf welchem ein Mann mit plumpen Schuhen herumtanzte, so daß das Blut unter seinen Füßen hervorspritzte wie der Traubensaft unter den Füßen des Winzers.
    Entsetzt wendete sie sich ab und vermochte nur die Worte zu stammeln: »Pfui, wie gräßlich!«
    Auch dieser Ausruf wurde absichtlich überhört. – Man sagt, ihr Schwiegervater, der Herzog von Penthiévre, hatte hunderttausend Franken gegeben, um sie zu retten.
    Man schob sie in das

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