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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Königin. Sie hatte ein dünnes Bambusrohr mit goldenem Knopf in der Hand und schlug damit an die Wagenräder, indem sie sagte:
    »Geh, Kerkermeister! ich bin nicht mehr in deiner Gewalt!«
    »Was machen Sie, Madame?« sagte Isidor. »Sie setzen sich der größten Gefahr aus!«
    »Ich räche mich!« antwortete die Königin, »und daran kann man schon etwas wagen.«
    Die Königin war kaum zehn Schritte von dem Gittertor entfernt, als ein Mann in blauem Mantel, mit einem tief in die Augen gedrückten Wachstuchhut, schnell auf sie zutrat, ihren Arm faßte und sie zu einer an der Ecke der Rue Saint-Nicaise haltenden Mietskutsche führte.
    Man glaubte die Königin bestürzt, erschöpft, halb ohnmächtig ankommen zu sehen; aber sie war ungemein heiter und vergnügt; zehn Schritte vor der Mietskutsche hielt ein Diener ein Pferd am Zügel.
    Der Graf von Charny gab seinem Bruder einen Wink, Isidor schwang sich in den Sattel und jagte davon.
    »Steigen Sie ein, Madame,« sagte Charny, »es ist kein Augenblick zu verlieren.«
    Die Königin stieg ein. Es saßen bereits fünf Personen, nämlich der König, Madame Elisabeth, Madame Royale, der Dauphin und Frau von Tourzel in der Kutsche. Sie nahm den Dauphin auf den Schoß; der König saß an ihrer Seite, Madame Elisabeth, Madame Royale und Frau von Tourzel hatten den Rücksitz eingenommen.
    An der Porte Saint-Martin hielt der Reisewagen. Malden und Valory standen zu beiden Seiten des bereits geöffneten Schlages.
    Der Graf von Charny sprang schnell vom Bock, riß die Tür der Mietskutsche auf und ließ die sechs Personen aussteigen.
    Der König stieg zuerst ein, dann die Königin und Madame Elisabeth, endlich Frau von Tourzel mit den beiden Kindern. Malden stieg hinten auf; Valory setzte sich neben Charny auf den Bock. Der Wagen war mit vier Pferden bespannt, die sogleich in Trab gesetzt wurden. Es schlug ein Viertel zwei. In einer Stunde waren die Flüchtlinge in Bondy. Die bereits angeschirrten Pferde warteten vor dem Stalle; auf der andern Seite der Landstraße hielt ein mit Postpferden bespanntes Kabriolett, in welchem zwei zu der Hofhaltung des Dauphin und der kleinen Prinzessin gehörende Kammerfrauen saßen.
    Sie hatten in Bondy einen Mietswagen zu finden geglaubt, und da ihnen dies nicht gelungen war, hatten sie das Kabriolett um tausend Franken gekauft.
    Der Verabredung gemäß, sollte Charny in Bondy den Platz der Frau von Tourzel einnehmen, und diese sollte allein nach Paris zurückkehren. Aber man hatte vergessen, Frau von Tourzel von diesem Plan in Kenntnis zu setzen. Der König setzte ihn ihr auseinander.
    Frau von Tourzel antwortete: »Ich werde Sie nicht verlassen.«
    Die Königin zitterte vor Ungeduld. Sie hatte doppelte Ursache, zu wünschen, daß Charny im Wagen Platz nehme; in seiner Nähe fühlte sie sich gleichzeitig geborgen und beglückt.
    Frau von Tourzel ließ sich jedoch nicht bewegen, zurückzubleiben. Man einigte sich dahin, daß Graf Charny nach Paris zurückreiten sollte, um dann, als einfacher Kurier gekleidet, den Wagen wieder einzuholen.
    »Gibt es kein anderes Mittel?« fragte Marie Antoinette voller Angst.
    »Ich weiß keines«, sagte der König.
    »Dann dürfen wir keine Zeit verlieren«, versetzte Charny. »Geschwind, Jean und François, auf euren Posten! Vorwärts, Melchior! ...«
    In dem lebhaften Gespräch hatte man vergessen, dem Vicomte von Charny, Herrn von Valory und Herrn von Malden die im Sitzkasten des Wagens befindlichen Pistolen zu geben.
    Gegen drei Uhr brach der Tag an; in Meaux wurden die Pferde gewechselt. Der König hatte Hunger, und es wurde der Flaschenkeller, den der Graf von Charny mit kaltem Braten, Brot und vier Flaschen Wein gefüllt hatte, hervorgesucht. Da weder Messer noch Gabeln da waren, nahm der König den Hirschfänger des Herrn von Malden, um den Braten zu schneiden.
    Unterdessen neigte sich die Königin aus dem Wagen und schaute zurück, vermutlich um zu sehen, ob Charny noch nicht da war.
    »Woran denken Sie, Madame?« fragte der König.
    »Ich?« erwiderte die Königin mit gezwungenem Lächeln; »ich denke an Herrn von Lafayette .... Es wird ihm in diesem Augenblick gewiß nicht wohl zumute sein!«
    Gegen acht Uhr morgens kam man an eine Anhöhe. Der Postillon begann im Schritt zu fahren. Die beiden Diener sprangen vom Bock.
    »Jean,« sagte der König, »ich möchte die Anhöhe hinaufgehen, und ich glaube, daß die Kinder und die Königin die kleine Strecke ebenfalls gern zu Fuß zurücklegen werden.«
    Die

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