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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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ihrer schnurgeraden Richtung wohl eine Meile weit übersehen konnte, ganz verödet und menschenleer.
    Zu Saint-Menehould fand er die Nationalgarde in den Straßen aufgestellt. Es waren die ersten Bürgersoldaten, die er auf der Reise sah.
    Die ganze Stadt schien in Bewegung; Isidor hörte sogar die Trommel rühren. Ohne sich durch den Tumult irre machen zu lassen, sprengte er durch die Straßen in der Richtung zum Posthause.
    Auf dem Marktplätze bemerkte er ein Dutzend Dragoner mit Lagermützen. An einem offenen Fenster stand der Marquis von Dandoins, ebenfalls mit der Lagermütze und einer Reitpeitsche in der Hand.
    Isidor ritt vorbei, ohne sich umzusehen. Er meinte, der Marquis würde ihn erkennen und bedürfe daher keiner weiteren Andeutung.
    Ein junger Mann von achtundzwanzig Jahren, der an seinem Tituskopf und Backenbart als Amtsrat zu erkennen war, stand in der Tür des Posthauses.
    Isidor suchte jemand, an den er sich wenden könnte.
    »Was wünschen Sie, mein Herr?« fragte ihn der junge Mann.
    »Ich wünsche den Postmeister zu sprechen«, erwiderte der Vicomte von Charny.
    »Der Postmeister ist für den Augenblick abwesend; aber ich bin sein Sohn, Jean Baptiste Drouet ... wenn ich ihn vertreten kann, so reden Sie.«
    »Ich brauche für zwei Wagen, die bald hier eintreffen werden, sechs Postpferde.«
    Drouet nickte, ging in den Hof und rief: »Sechs Pferde für zwei Wagen und einen Klepper für den Kurier!«
    In diesem Augenblicke kam der Marquis von Dandoins.
    »Mein Herr,« sagte er hastig zu dem Vicomte, »Sie bestellen Pferde für den König, nicht wahr?«
    »Ja, und ich sehe zu meinem Erstaunen Sie und Ihre Dragoner in Lagermützen.«
    »Wir haben keine Nachricht erhalten«, erwiderte der Marquis. »Überdies hat die hiesige Bevölkerung eine sehr drohende Haltung angenommen; man sucht meine Leute abtrünnig zu machen ... was ist zu tun?«
    »Was zu tun ist?« sagte der Vicomte etwas ungeduldig. »Sie haben den mit jeder Minute zu erwartenden Wagen des Königs zu überwachen, sich nach den Umständen zu richten und eine halbe Stunde nach der königlichen Familie diesen Ort zu verlassen, um ihr den Rücken zu decken. – Doch still! Wir werden belauscht ... vielleicht hat man uns schon gehört ... Gehen Sie zu Ihrer Eskadron, und bieten Sie alles auf, um strenge Mannszucht zu halten.«
    In demselben Augenblicke fährt der Wagen des Königs über den Marktplatz und hält vor dem Posthause.
    Sogleich versammelt sich eine Schar von Neugierigen.
    Isidor, der eben sein Pferd besteigen will, steht neben Drouet. Dieser schaut mit gespannter Aufmerksamkeit in den Wagen; er ist im vorigen Jahre auf dem Verbrüderungsfeste gewesen; er hat den König gesehen, er glaubt ihn zu erkennen. Er zieht einen Geldschein aus der Tasche, vergleicht das Porträt mit dem Original und jeder Zweifel schwindet.
    Isidor, der inzwischen sein Pferd bestiegen hat, reitet auf die andere Seite des Wagens; sein Bruder steht am Kutschenschlage, auf den sich die Königin mit dem Ellbogen stützt.
    »Der König ist erkannt«, sagte Isidor zu dem Grafen. »Nur geschwind fort, es ist kein Augenblick zu verlieren! ... Und laß den Schwarzbärtigen, der an der Tür steht, nicht aus den Augen; er hat den König erkannt; er heißt Jean Baptiste Drouet.«
    »Gut,« sagte Olivier, »ich werde ihn beobachten ... Jetzt reite fort!«
    Isidor sprengt im Galopp davon, um zu Clermont die Pferde zu bestellen.
    Kaum ist er am Ende der Stadt, so fahren die Postillions, durch das Versprechen guter Trinkgelder angespornt, im starken Trabe davon.
    Der Graf hat Drouet scharf beobachtet. Drouet ist nicht von der Stelle gegangen; er hat nur leise mit einem Stallknecht gesprochen.
    Charny ging auf ihn zu.
    »Ist kein Pferd für mich bestellt?«
    »Allerdings«, antwortete Drouet; »aber es sind keine Pferde mehr da.«
    »Es wird ja im Hofe ein Pferd gesattelt!«
    »Das ist mein Pferd!«
    »Können Sie mir's nicht überlassen? Ich zahle, was Sie verlangen.«
    »Unmöglich; es ist schon spät, und ich habe ein Geschäft, das sich nicht aufschieben läßt.«
    Dringendes Bitten würde Verdacht erregt haben, und mit Gewalt konnte Charny das Pferd nicht nehmen.
    »Graf,« sagte der Marquis Dandoins, »ich gebe Ihnen eines von meinen Pferden.«
    »Ich nehme es mit Freuden an ... Die Rettung des Königs hängt jetzt von dem kleinsten Zufall ab; je besser das Pferd, desto wahrscheinlicher das Gelingen!«
    Beide begaben sich, nachdem Charny einem Unteroffizier den Auftrag

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