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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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feindlicher Absicht. Es wurden daher von Pont-de-Sommevelle sogleich Eilboten in die benachbarten Dörfer geschickt, und gegen drei Uhr ertönte in der ganzen Umgegend die Sturmglocke. Sobald der Herzog von Choiseul dies hörte, begab er sich in die Stadt zurück; er fand seinen Unterleutenant Boudet sehr unruhig.
    Die Husaren, die man damals unter allen Truppenkorps ganz besonders verabscheute, wurden von den Bauern unaufhörlich geneckt und mit Spottliedern verhöhnt. Überdies begannen andere, besser Unterrichtete, einander zuzuflüstern, die Husaren wollten den König und die Königin erwarten.
    Um die allgemeine Aufregung zu beschwichtigen, erklärte Choiseul, er habe mit seinen Husaren keineswegs die Absicht, gegen die Bauern einzuschreiten, sondern er sei gekommen, um einen Schatz zu eskortieren, den der Kriegsminister an die Armee sende.
    Aber das doppelsinnige Wort »Schatz«, welches die Aufregung auf einem Punkte beschwichtigte, bestätigte den Argwohn auf dem andern. Der König und die Königin sind ja auch ein Schatz, und eben diesen erwartet zweifellos der Herzog von Choiseul.
    Nach einer Viertelstunde sieht er sich mit seinen vierzig Husaren dergestalt bedrängt und umzingelt, daß er die Unmöglichkeit einsieht, sich länger zu halten und die königliche Familie zu beschützen.
    Der Postmeister steht mitten unter den fünf- bis sechshundert Neugierigen, die durch ein Wort, einen Wink zu Feinden gemacht werden können. Der Herzog redet ihn an:
    »Wissen Sie nicht, ob in diesen Tagen Geldsendungen nach Metz gemacht worden sind?«
    »Jawohl,« antwortete der Postmeister, »erst heute morgen sind mit dem Postwagen hunderttausend Taler dahin abgegangen.«
    »Wirklich?« erwiderte der Herzog, den dieser glückliche Zufall ganz überraschte.
    »Parbleau!« sagte ein Gendarm; »ich muß es wohl wissen, denn ich und Robin waren zum Eskortieren kommandiert.«
    »Wenn das der Fall ist,« sagte Choiseul, »so wird der Minister diese Art Übermittlung vorgezogen haben, und da unsere Anwesenheit hier ganz zwecklos geworden ist, so glaube ich, daß wir uns zurückziehen können ... Aufsitzen!« rief er den Husaren zu.
    Die kleine Reiterschar verließ Pont-de-Sommevelle in dem Augenblick, als die Turmuhr eben halb sechs schlug.
    Zweihundert Schritte von dem Städtchen lenkte der Herzog von Choiseul mit seinen Husaren in einen Seitenweg ein, um Saint-Menehould, wo eine große Aufregung herrschen sollte, zu umgehen.
    In demselben Augenblicke kam Isidor von Charny vor dem Posthause an. Er hatte zwei Stunden gebraucht, um mit seinem schlechten Postgaul die letzten vier Meilen zurückzulegen. Während ein frisches Pferd für ihn gesattelt wurde, erkundigte er sich, ob man keine Husaren im Orte gesehen, und erfuhr, daß ein Detachement im Schritt fortgeritten sei. Isidor bestellte die Pferde und sprengte auf seinem frischen Pferde davon, um den Herzog von Choiseul einzuholen und aufzuhalten.
    Der Herzog aber hatte, wie wir gesehen, die Landstraße verlassen und gerade in dem Augenblick, als der Vicomte von Charny auf der Post ankam, den Seitenweg eingeschlagen; der Vicomte von Charny holte ihn daher nicht ein.
    Zehn Minuten nach der Abreise Isidors von Charny kam der Wagen des Königs an.
    Der Herzog von Choiseul hatte recht gehabt; die Straße war frei geworden, die Volksmenge hatte sich verlaufen.
    Der Graf von Charny, der die erste Truppenabteilung zu Pont-de-Sommevelle zu finden hoffte, galoppierte neben dem Wagen her.
    Aber man fand weder die Husaren noch den Herzog von Choiseul. Der König, der die Sache bedenklich fand, steckte den Kopf zum Wagen hinaus.
    »Um Gottes willen, Sire,« sagte Charny, »zeigen Sie sich nicht! Ich will mich erkundigen.«
    Fünf Minuten nachher trat er wieder an den Wagen; er hatte den Sachverhalt erfahren und meldete ihn dem Könige.
    Der König sah wohl ein, daß sich der Herzog von Choiseul zurückgezogen hatte, um ihm den Weg frei zu machen. Die Hauptsache war, so schnell wie möglich nach Saint-Menehould zu kommen; denn dorthin hatte sich der Herzog zurückgezogen, um seine Husaren mit den dort liegenden Dragonern zu vereinigen.
    Als der Wagen zur Abfahrt bereit war, ritt Charny heran und fragte die Königin:
    »Was befehlen Eure Majestät? Soll ich, vorausreiten, oder soll ich in einiger Entfernung folgen?«
    »Verlassen Sie mich nicht«, sagte Marie Antoinette.
    Inzwischen setzte Isidor von Charny in größter Eile seinen Weg fort. Zu seinem Erstaunen war die Landstraße, die man in

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