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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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galant, um einer Dame, die sich in Gefahr befindet, diesen Dienst zu versagen.«
    Der Mann im Schlafrock trat auf Malden zu und sagte ihm leise ins Ohr: »Die Dame kenne ich ... es ist die Königin!«
    Marie Antoinette zog Herrn von Malden zurück.
    »Melden Sie dem Könige, daß ich erkannt bin«, sagte sie.
    Malden eilte an den Wagen und entledigte sich dieses Auftrags.
    »Ersuchen Sie den Mann, zu mir zu kommen«, sagte der König.
    Der Mann im Schlafrock seufzte, zog seine Pantoffeln aus und ging mit bloßen Füßen an den Wagen.
    »Wie heißen Sie?« fragte ihn der König.
    »Von Préfontaine, Sire, Major der Kavallerie und Ritter des Ludwigsordens.«
    »In Ihrer doppelten Eigenschaft als Major und Ritter des Ludwigsordens haben Sie mir zweimal Treue geschworen. Es ist daher Ihre Pflicht, mir aus dieser Verlegenheit zu helfen. Haben Sie vielleicht zufällig gehört, daß in einem Wirtshause frische Pferde bereitgehalten werden, und haben Sie Husaren gesehen, die seit gestern in der Stadt liegen?«
    »Ja, Sire, die Pferde und die Husaren stehen jenseits der Stadt, die Pferde im Gasthofe ›Zum großen Monarchen‹, die Husaren sind wahrscheinlich in der Kaserne.«
    Der König reichte der Königin die Hand, um ihr in den Wagen zu helfen.
    Die beiden Offiziere setzten sich auf den Bock und riefen den Postknechten zu: »Zum großen Monarchen!«
    Aber in diesem Augenblicke sprengte aus dem Walde ein Reiter.
    »Postillions!« rief er, »keinen Schritt weiter!«
    »Warum nicht?« fragten die erstaunten Postknechte.
    »Weil ihr den König fahrt .... Der König ist auf der Flucht, und im Namen der Nation befehle ich euch, nicht von der Stelle zu fahren!«
    Ludwig XVI. sah wohl, daß der Augenblick entscheidend war.
    »Wer sind Sie denn?« rief er dem Reiter zu, »und wer hat Ihnen das Recht gegeben, hier Befehle zu erteilen?«
    »Ich bin ein gemeiner Bürger ... aber ich vertrete das Gesetz und spreche im Namen der Nation. – Postillions, nicht von der Stelle ... Ihr kennt mich wohl, ich bin Jean Baptiste Drouet, Sohn des Postmeisters von Saint-Menehould.«
    »Oh! der Elende!« riefen die beiden Offiziere, die vom Bock sprangen.
    Aber ehe sie auf dem Boden standen, hatte Drouet sein Pferd gespornt und war in der Dunkelheit verschwunden.
    »Ach! Charny ... Charny!« klagte die Königin, »was ist aus ihm geworden?«
    Sie sank in den Wagen zurück, und schien von nun an gegen alles, was um sie her vorging, gleichgültig zu sein.
    Was war aus Charny geworden?
    Das Pferd des Marquis Dandoins war ein guter Renner; aber Drouet war beinahe zwanzig Minuten voraus. Diese zwanzig Minuten mußten eingebracht werden.
    Drouet hatte einen Postklepper, und Charny ritt ein Vollblutpferd. Der letztere hatte daher kaum eine Meile zurückgelegt, als er seinen Gegner erblickte. Drouet bemerkte nun, daß er verfolgt wurde, und machte die ungeheuersten Anstrengungen, um seinem Verfolger zu entkommen. Der junge Patriot fürchtete keineswegs den Tod, aber er fürchtete, angehalten zu werden und diese willkommene Gelegenheit, seinen Namen berühmt zu machen, unwiederbringlich zu verlieren.
    Es waren noch zwei Meilen bis Clermont; aber es war nicht zu bezweifeln, daß ihn sein Verfolger bald einholen werde. Er trieb daher seinen Gaul mit Sporn und Peitsche an.
    Inzwischen war es Abend geworden, es war etwa halb Zehn. Drouet war nur noch drei Viertel Meilen von Clermont entfernt, aber Charny war kaum noch zweihundert Schritte hinter ihm zurück.
    Drouet wußte, daß in Varennes keine Poststation war; er vermutete daher, daß der König sich nach Verdun wenden werde. Schon gab er die Hoffnung auf; denn ehe er den König einholte, mußte er selbst eingeholt werden.
    Auf einmal, als Charny nur noch etwa fünfzig Schritte hinter ihm ist, begegnen ihm Postknechte mit ausgespannten Pferden. Drouet erkennt in ihnen dieselben, die den König gefahren haben.
    »Sind die Wagen nach Verdun gefahren?«
    »Nein, nein!« rufen ihm die Postknechte zu; »die Straße nach Varennes!«
    Drouet frohlockt; er ist gerettet, der König verloren!
    Hätte der König den Weg nach Verdun genommen, so wäre Drouet genötigt gewesen, in gerader Richtung fortzureiten, aber der König hat den Seitenweg nach Varennes eingeschlagen, und dieser Weg geht zu Clermont in fast spitzem Winkel von der Hauptstraße ab. Drouet jagt in den Argonner Wald, dessen Weg er genau kennt. Er gewinnt dadurch einen Vorsprung von einer Viertelstunde, und überdies hofft er im Dunkel des Waldes

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