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Die Graefin Charny

Die Graefin Charny

Titel: Die Graefin Charny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Bürgerschaft im Hofe der Intendantur versammelt. Charny und die beiden Leibgardisten standen mitten unter ihnen und warteten ebenfalls.
    Der König stand um sieben Uhr auf und ließ sagen, daß er der Messe beizuwohnen wünsche.
    Man suchte Drouet und Billot, um ihnen diesen Wunsch des Königs mitzuteilen; aber man fand keinen von beiden. Es stand der Erfüllung dieses Wunsches daher nichts entgegen.
    Charny begab sich zum König und meldete ihm die Abwesenheit der beiden Anführer.
    Der König freute sich darüber; aber Charny schüttelte den Kopf. Drouet kannte er nicht, aber desto besser kannte er Billot.
    Die Vorbedeutungen schienen indes günstig. Die Straßen waren mit Menschen angefüllt, aber es war leicht zu sehen, daß die ganze Bevölkerung an dem Schicksal der Gefangenen innigen Anteil nahm.
    Sobald sich die Fenster auftaten, ertönte der Ruf: »Es lebe der König! Es lebe die Königin!« so laut und anhaltend, daß das hohe Paar auf dem Balkon erschien.
    Der Jubel wurde nun allgemein, und zum letzten Male konnten sich die beiden dem Schicksal Verfallenen einer Täuschung hingeben.
    »Es geht alles gut!« sagte Ludwig XVI. zu Marie Antoinette. – Sie hob die Augen zum Himmel, aber sie antwortete nicht.
    Die Kirchenglocken läuteten. Charny klopfte leise an die Tür.
    »Es ist gut,« sagte der König, »ich bin bereit.«
    Charny sah den König forschend an. Ludwig XVI. war ruhig, beinahe mutig; er hatte so viel gelitten, daß er seine Unentschlossenheit verloren hatte.
    Der königlichen Familie waren in der Kirche Plätze unter einem Thronhimmel angewiesen. Die Priester begannen eine große Messe, obschon es erst acht Uhr war.
    Charny bemerkte es; er fürchtete nichts so sehr wie eine Verzögerung; jeder Aufschub konnte seine neuen Hoffnungen vernichten. Er ließ dem Priester sagen, die Messe dürfe nicht länger als eine Viertelstunde dauern.
    »Ich verstehe,« ließ der Priester antworten, »und will Gott bitten, daß er Ihren Majestäten eine glückliche Reise gewähre.«
    Endlich drehte sich der Priester um, und sprach zu der Versammlung die Worte:
Ite missa est!
    Er ging die Stufen des Altars hinab und segnete im Vorbeigehen den König und die königliche Familie.
    Diese verneigten sich und sprachen leise »Amen!«
    Dann schritten sie zur Tür. Alle Anwesenden knieten nieder.
    Vor der Kirche hielten die zehn bis zwölf Gardisten zu Pferde. Die royalistische Eskorte war ungemein zahlreich geworden.
    Charny näherte sich dem Könige nicht ohne Besorgnis: doch Ludwig XVI. war entschlossen. Er neigte sich zum Wagen hinaus und sagte zu den Umstehenden:
    »Meine Herren, gestern hat man mir zu Varennes Gewalt angetan; ich wollte nach Montmédy reisen, und man hat mich gegen meinen Willen hierher zurückgebracht, um mich den Empörern in der Hauptstadt zu überliefern. Aber gestern war ich von Rebellen umgeben; heute bin ich unter treuen Freunden, und ich wiederhole: Nach Montmédy!«
    »Nach Montmédy!« rief Charny.
    »Nach Montmédy!« rief einstimmig die Nationalgarde von Châlons. »Es lebe der König!«
    Der Wagen rollte fort und nahm denselben Weg, auf welchem er abends vorher gekommen war.
    Als der Zug dem Stadttor nahe kam, hörte man ein immer stärker werdendes dumpfes Getöse.
    Charny erblaßte und legte die Hand auf das Knie des neben ihm sitzenden Leibgardisten. »Es ist alles verloren!« sagte er.
    In diesem Augenblicke kam der Zug auf einen Platz, in den zwei Straßen mündeten. Auf jeder dieser Straßen rückte eine starke Schar Nationalgarde, von einem Manne zu Pferde geführt, unter Trommelschlag und fliegenden Fahnen an.
    Der eine Anführer war Drouet, der andere Billot.
    Charny brauchte nur einen Blick auf die beiden Scharen zu werfen, um zu begreifen. Die bis dahin unerklärliche Abwesenheit Drouets und Billots klärte sich nur zu deutlich auf.
    Alles war gut verabredet worden. Beide kamen zu gleicher Zeit in Châlons an.
    Die beiden Scharen machten auf dem Platze halt. Die Gewehre wurden geladen.
    Der Zug, der nicht weiter konnte, hielt an. – Der König schaute zum Wagen hinaus. Der Graf von Charny war abgestiegen; er trat, bleich vor Zorn, an den Wagen.
    »Was gibt's?« fragte der König.
    »Sire, unsere Feinde haben Verstärkung geholt; die Gewehre geladen ... und hinter der Nationalgarde von Châlons stehen die bewaffneten Bauern!«
    »Es ist gut«, sagte der König; »wir wollen umkehren.«
    »Sind Eure Majestät fest entschlossen?«
    »Graf, es ist schon genug Blut für mich

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