Die Grauen Herrscher
es scheint nicht sehr gut auszusehen. Sie können unmöglich ...«
»Ich werde entscheiden, was ich kann!« sagte das Mädchen erregt. In ihrem blassen Gesicht schienen die dunklen Augen zu glühen. »Trotz allem bin ich dafür zuständig – nicht nur als Krankenschwester. Glauben Sie, daß ich jemand anders an meinen Kim heranlasse?«
»Allerdings – denn ich befehle es Ihnen!«
»Zur Hölle mit Ihren Befehlen!« wütete sie. »Sie haben kein Recht dazu, das wissen Sie genau! Sie könnten mich nur davon abhalten, wenn Sie mir zehn Männer auf den Hals hetzen und mir eine Zwangsjacke anlegen – und wenn Sie das wagen, werde ich nicht ruhen, bis Sie vom Dienst suspendiert sind!«
»QX, Mac, Sie haben gewonnen.« Lacy zweifelte keinen Augenblick, daß das Mädchen seine Worte wahr machen würde. »Aber wenn Sie nicht durchhalten, können Sie etwas erleben ...«
»Sie müßten mich eigentlich besser kennen«, sagte Clarissa MacDougall, die wieder in die Rolle der beherrschten und konzentrierten Krankenschwester geschlüpft war, auf das höchste angespannt, aber dennoch völlig ruhig und überlegt. »Ich werde es überstehen«, sagte sie leise. »Ich werde es überstehen, wenn Kim es übersteht. Doktor, Sie wissen mehr als ich. Haben Sie sich schon eine Meinung bilden können?«
»Es handelt sich um eine Art Elefantiasis oder etwas Schlimmeres, von der beide Beine und Arme befallen sind. Um eine völlige Amputation werden wir nicht herumkommen. Dazu Verbrennungen, Knochenbrüche, Wunden, innere Blutungen, Ödeme. Vermutlich Kreislaufschädigungen. Soweit ich es bis jetzt feststellen kann, scheinen die Aussichten aber doch positiv zu sein.«
»Oh«, sagte Clarissa erleichtert. Nach kurzem Nachdenken runzelte sie die Stirn und fragte: »Sagen Sie mir wirklich die Wahrheit – oder versuchen Sie mich nur zu beruhigen?«
»Sie können unbesorgt sein – das war die absolute Wahrheit«, erwiderte er. »Worsel hat einen ausgezeichneten Wahrnehmungssinn und hat mir einen vollständigen Bericht übermittelt. Kims Gehirn und Rückgrat sind unbeschädigt, so daß wir sein Leben wahrscheinlich retten können. Das ist allerdings der einzige positive Umstand.«
Schließlich erreichte auch das schwarze Schnellboot die Ursprungsgeschwindigkeit des Hospitalschiffes, ging in den freien Flug über, näherte sich der
Pasteur
, schaltete den Bergenholm wieder ab und manövrierte sich in die Schleuse des größeren Schiffes. Der Freie Lens-Träger wurde sofort in den Operationssaal gebracht, wo Lacy zu seiner Überraschung feststellte, daß sein Patient bei vollem Bewußtsein war.
»Hallo, Dr. Lacy«, dachte Kinnison. »Bitte machen Sie sich keine Mühe mit der Betäubung. Sie können mich nicht bewußtlos machen, ohne mich umzubringen. Fangen Sie einfach an. Ich habe einen Nervenblock errichtet, als sich der Delgonier an mir zu schaffen machte, und ich werde wohl auch noch Ihre Operation überstehen.«
»Aber das ist unmöglich!« rief Dr. Lacy. »Ich kann es nicht zulassen, daß Sie bei vollem Bewußtsein sind. Gibt es denn keine Möglichkeit?«
»Ja, ich glaube schon, aber warum muß ich unbedingt betäubt werden?«
»Um schwere seelische Schäden zu vermeiden«, erklärte der Chirurg. »In Ihrem Fall ist dieser seelische Aspekt sogar noch wichtiger als der physische.«
»Vielleicht haben Sie recht. Jedenfalls erreichen Sie Ihr Ziel bei mir nicht mit den üblichen Mitteln. Rufen Sie Worsel herein – er ist der einzige, der mich völlig bewußtlos machen kann.«
Der Velantier wurde gerufen und schickte seinen Freund in eine tiefe Ohnmacht. »Schlaf ein, mein Freund«, befahl er leise, »schlaf ein und vergiß die Schmerzen und die Zeit. Schlaf, bis dich jemand ruft.«
Kinnison rührte sich nicht mehr, und selbst mit seiner Lens vermochte Lacy keine Reaktion mehr festzustellen. »Sie meinen, er wird nicht erwachen?« fragte er.
»Nein.«
»Und wie lange wird dieser Zustand anhalten?«
»Eine unbestimmte Zeit – bis ihm jemand befiehlt aufzuwachen, oder bis er an Unterernährung stirbt.«
»Wir werden selbstverständlich für eine ausreichende Ernährung sorgen. Er wird sich bestimmt schneller und nachhaltiger erholen, wenn wir diesen Zustand aufrechterhalten könnten, bis die Wunden fast verheilt sind.«
Kurze Zeit darauf machten sich die Ärzte und Krankenschwestern an die Arbeit. Es war eine langwierige und mühevolle Operation – eine Operation, die keinen der Beteiligten kalt lassen konnte, auch wenn Kinnison
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