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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schwere von Erde und Stein. Ihn fröstelte.

ZWEITER TEIL - MONDLICHT

13

Vansens Auftrag
    Halle der Verfolgung:
Ein starker Mann, der nicht singt,
Ein singender Mann, der sich nicht umwendet,
Nicht einmal, wenn die Tür sich schließt.

Das Knochenorakel
    »Ich will nichts mehr hören.« Er war müde, und sein Kopf schmerzte. Er fühlte sich immer noch todkrank, fühlte sich, als ob er nie wieder ganz gesund werden würde. Er wollte nur in dem fortfahren, was er tat: den Lederball fest auf den Boden prellen, der schon zu Zeiten seines Urgroßvaters uneben vom Alter gewesen war.
    »Bitte, Barrick, ich bitte dich.« Gailon Tolly, Herzog von Gronefeld, gab sich alle Mühe, die Ungeduld aus seiner Stimme fernzuhalten. Es amüsierte Barrick, ärgerte ihn aber auch.
    »Prinz
Barrick. Ich bin jetzt Prinzregent. Ich bin nicht mehr Euer kleiner Vetter, und Ihr könnt mich nicht mehr so behandeln.«
    Gailon nickte eilfertig. »Natürlich, Hoheit. Verzeiht meine Respektlosigkeit.«
    Barrick lächelte. »Schon besser. Also dann, sagt es noch einmal.«
    »Ich habe ...« Dem Herzog gelang es, wieder eine geduldige Miene aufzusetzen. »Es geht einfach darum, daß ... Eure Schwester hat sich heute morgen erneut mit Ludis' Gesandtem getroffen. Diesem schwarzen Mann, Dawet.«
    »Allein? Hinter verschlossenen Türen?«
    Der Herzog wurde rot. »Nein, Hoheit. Im Garten, in Gegenwart anderer.«
    »Aha.« Barrick prellte wieder den Ball auf den Boden. Es beunruhigte ihn, aber er würde es nicht zeigen, Gailon die Befriedigung nicht gönnen. »Meine Schwester, die Prinzregentin, hat also im Garten mit dem Abgesandten des Mannes gesprochen, der unseren Vater gefangenhält.«
    »Ja, aber ...« Gailon wandte sich stirnrunzelnd an Avin Brone.
»Prinz Barrick
will mich nicht verstehen, Brone. Erklärt Ihr es ihm.«
    Der Konnetabel zuckte die Achseln, was bei diesem Berg von Mann wirkte, als könnte es eine Lawine auslösen. »Sie scheint die Gegenwart dieses Mannes zu genießen. Sie hört ihm sehr genau zu.«
    »Während Ihr krank wart, hatte er eine lange Audienz bei ihr, Hoheit«, sagte Gailon. »Sie hat alle anderen Anwesenden ignoriert.«
    Ignoriert,
dachte Barrick. Durch all die verstörenden Bilder, die noch immer nicht ganz aus seinem Kopf verschwunden waren, durch die Erschöpfung und die Fieberreste, die ihn immer noch umfingen wie Spinnweben, drang die Bedeutung dieses Wortes sofort in sein Bewußtsein. »Sie schenkt ihm mehr Beachtung als Euch, meint Ihr das, Gailon?«
    »Nein ...«
    »Mir scheint, Ihr versucht, einen Keil zwischen meine Schwester und mich zu treiben.« Barrick prellte den Lederball wieder auf den Boden. Der Ball traf die Kante einer Steinplatte und hüpfte durch den Raum. Zwei kleine Pagen duckten sich aus dem Weg, als einer der größeren Hunde hinterherstürmte, den Ball in die Ecke hinter einer Truhe trieb und frustriert knurrte. »Aber meine Schwester und ich sind so gut wie eins, Herzog Gailon. Das müßt Ihr wissen.«
    »Ihr tut mir unrecht, Hoheit.« Gailon sah Brone an, aber der Hüne betrachtete den hinter der Truhe herumscharrenden Hund und demonstrierte deutlich, daß er mit der kleinen Mission des Herzogs nichts zu tun haben wollte. »Wir haben schreckliche Zeiten. Wir müssen stark sein — alle Adelshäuser Südmarks müssen zusammenstehen, die Eddons, die Tollys, wir alle. Das weiß ich. Aber es sollte auch verhindert werden, daß das gemeine Volk anfängt zu tuscheln, über ... Tändeleien zwischen Eurer Schwester und den Entführern Eures Vaters.«
    »Ihr geht zu weit.« Barrick war ärgerlich, aber es war eine ferne Wut, so fern wie Blitze über Hügeln am Horizont. »Verlaßt augenblicklich diesen Raum, und ich will Eurer plumpen Zunge verzeihen, Gailon, aber hütet Euch. Wenn Ihr so etwas vor meiner Schwester sagt, könnte es sein, daß Ihr Euch zum Zweikampf gefordert fändet, und sie wird keinen Berufsfechter für sich antreten lassen. Sie wird selbst kämpfen.«
    »Bei den Göttern, ist diese ganze Familie wahnsinnig?« rief der Herzog aus, aber Brone hatte ihn bereits an den Schultern gepackt und schob ihn zur Tür, wobei er ihm beruhigend ins Ohr flüsterte. Der Konnetabel sah Barrick merkwürdig an, während er Gailon hinausbugsierte. Was da in diesem Blick lag, hätte ebensogut verblüffte Anerkennung wie unvollkommen überspielte Verachtung sein können.
    Barrick fühlte sich nicht stark genug, um auch nur den Versuch zu machen, sich das alles zu erklären. In den drei Tagen, die er

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