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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine Tochter. Sie möchten Euch etwas erzählen.«
    Barrick mischte sich ein. »Was ist das, der Unterhaltungsteil? Haben wir endlich beschlossen, dem alten Puzzle das Gnadenbrot zu geben und ein paar neue Talente zu erproben?«
    Briony sah ihren Bruder irritiert an. »Der Prinz ist müde, aber in einem hat er recht — das ist ungewöhnlich, Graf Brone. Es wirkt wie ein kleines Possenspiel, zum Abschluß serviert.«
    »Nicht ganz zum Abschluß, fürchte ich«, erwiderte der Konnetabel. »Es kommt noch mehr. Aber verzeiht die Plötzlichkeit. Ich wußte bis unmittelbar vor Beginn der Ratsversammlung nicht, ob diese beiden wirklich mit ihrer Geschichte herausrücken würden, Ich bin dem Gerücht tagelang nachgegangen.«
    »Nun gut.« Briony wandte sich an den Fischer, der eine ohnehin schon formlose Mütze in den klauenartigen Händen, denen er wohl seinen Namen verdankte, drehte und knautschte. »Er sagt, dein Name ist Turley?«
    Der Mann schluckte. Vansen fragte sich, was einen der sonst so unerschrockenen Skimmer, die mit den Haifischen zu schwimmen und sie nötigenfalls mit dem Messer zu töten pflegten, so verängstigt dreinschauen lassen konnte. »Turley, ja«, sagte er heiser. »Das ist der Name, meine Königin.«
    »Ich bin keine Königin, und mein Bruder ist kein König. Der König ist unser Vater, und er lebt, den Göttern sei Dank.« Sie musterte ihn genauer. »Ich habe gehört, unter euch benutzt ihr Skimmer keine connorischen Namen.«
    Turleys Augen weiteten sich. Es war kaum Weiß darin. »Wir haben unsere eigene Sprache, das stimmt, Majestät.«
    »Nun, wenn du lieber bei einem solchen Namen genannt werden willst, steht es dir frei.«
    Er guckte, als könnte er jeden Moment aus dem Raum stürzen, schüttelte aber schließlich das blanke Haupt. »Lieber nicht, Majestät. Sind geheim, unsere Namen und unsere Sprache. Aber den Namen unserer Sippe kann ich Euch sagen. Bei-Sonnenuntergang-zurück, so heißen wir.«
    Sie lächelte leise, aber ihr Bruder an ihrer Seite guckte nur gequält. »Ein sehr schöner Name. Also, warum hat Graf Brone dich hier vor den Rat geholt?«
    »Es ist eigentlich meine Tochter Ena, die was zu erzählen hat, aber sie hatte Angst, vor jemand so Hohem wie Euch zu sprechen, also bin ich mitgekommen.« Der Mann hob den langen Arm, und seine Tochter drängte sich an ihn. Auf ihre seltsame Art, dachte Vansen, war sie ja, mit ihrer zierlichen Statur und den riesigen, wachsamen Augen, fast schon hübsch, aber übersehen konnte man das Seltsame daran doch nicht: Die Skimmer trugen ihre Fremdartigkeit wie einen Mantel. Er hatte noch nie mit einem geredet, ohne mehrfach von seinen Augen und Ohren und selbst seiner Nase daran erinnert zu werden, daß er einen Skimmer vor sich hatte und keinen normalen Menschen.
    »Nun denn«, sagte Briony. »Wir hören.«
    »In der Nacht ... Also, das alles ist in der Nacht vor dem Mord passiert«, sagte Turley.
    Briony richtete sich auf. Es war so still im Raum, daß Vansen ihre Röcke rascheln hörte. »Dem Mord?«
    »An dem Prinzen. Dem, der gerade beerdigt worden ist.«
    Jetzt hing auch Barrick nicht mehr desinteressiert in seinem Sessel. »Sprich weiter.«
    »Meine Tochter hier, sie war ... sie war ...« Der kahlköpfige Mann guckte wieder so verschreckt, als wäre er aus einem dunklen, sicheren Ort ans grelle Licht gezerrt worden. »Draußen, wo sie nicht hingedurft hätte. Mit einem jungen Mann, einem von den Rumpf-schrammt-Sand-Leuten, der's hätte besser wissen müssen.«
    »Und wo ist dieser junge Mann?«
    »Pflegt seine blauen Flecken.« Turley Langfinger sagte es mit einer gewissen grimmigen Genugtuung. »Der wird eine Zeitlang keine jungen Mädchen in seinem Boot auf unserer Lagune herumschippern.«
    »Dann fahre fort. Oder vielleicht ist deine Tochter ja jetzt, da sie uns gesehen und gehört hat, in der Lage, die Geschichte selbst zu erzählen? Ena?«
    Bei der Nennung ihres Namens schrak die Tochter zusammen, obwohl sie jedes Wort genau verfolgt hatte. Sie wurde rot, und Vansen fand, daß die dunkle Marmorierung auf Hals und Wangen die Schönheit, die ihr einen Moment lang eigen gewesen war, gänzlich zunichte machte. »Ja, Majestät«, sagte das Mädchen. »Ein Boot war's, was ich gesehen hab, Majestät.«
    »Ein Boot?«
    »Ohne Licht. Es ist an der Stelle vorbeigeglitten, wo ich mit ... mit meinem Freund im Boot war. Mit Schleichschlägen.«
    »Schleichschlägen?«
    »Wenn man das Ruder flach eintaucht.« Turley demonstrierte es. »Der Schlag,

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