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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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wenn man leise sein will. Den nennen wir so.«
    »Das war in der Südlagune?« fragte Barrick. »Wo?«
    »Nah beim Ufer an der Trockenstraße«, erklärte das Mädchen. »Jemand hat auf das Boot gewartet, auf der alten Gerbereilände. So heißt der Steg da bei uns. Der gleich bei dem Turm mit den ganzen Fahnen drauf. Sie hatten ein Licht — der auf dem Steg, meine ich —, aber es war abgeschirmt. Das Boot ist direkt hingefahren, immer noch mit Schleichschlägen, und dann haben sie ihm was gegeben.«
    »Sie?« Briony beugte sich vor. Die Prinzessin wirkte auffallend ruhig, aber Ferras Vansen glaubte hinter den blassen Zügen etwas anderes zu sehen, Angst, die sie zu verbergen suchte, und einen Moment lang stieg die ganze hoffnungslose Zärtlichkeit, die er für sie empfand, in ihm auf. Für Briony Eddon würde er alles tun, begriff er, alles, um sie zu schützen, ganz egal, wie sie über ihn dachte.
    Soll das ein Witz sein, Vansen?
Er brauchte keine Feinde dafür — er konnte sich selbst verspotten.
Alles tun? Du hattest ja schon ihren älteren Bruder zu schützen, und jetzt ist er tot.
    »Der auf dem Boot«, sagte das Skimmer-Mädchen, »hat dem auf dem Steg was gegeben. Wir konnten nicht sehen, was es war oder wer die Leute waren. Dann ist das Boot weggefahren, Richtung vordere Seemauer.«
    »Und obwohl der Prinz in der nächsten Nacht ermordet wurde, habt ihr euch nicht gemeldet?« fragte Briony, und ihr Gesicht wurde hart. »Nachdem der Regent von Südmark umgebracht worden war? Seid ihr so daran gewöhnt, solche Dinge auf der Lagune zu sehen?«
    »Dunkle Boote mit Schleichschlägen schon, manchmal«, erklärte das Mädchen, das zusehends mutiger wurde. »Unsere Leute und die Fischer haben Fehden, und manchmal kriegen Leute Ärger, und ... und es passieren noch andere Sachen. Trotzdem hab ich gedacht, das heißt nichts Gutes, das abgeschirmte Licht. Aber ich hatte Angst, was zu sagen, weil ... wegen meinem Rafe.«
    »Deinem Rafe!« schnaubte ihr Vater. »Der wird niemands Rafe mehr sein, wenn ich ihn noch mal in der Nähe unserer Hafenhütte erwische. Hände, so weich wie Rochenhaut, und noch dazu ein Rumpfschrammer!«
    »Er ist nett«, sagte das Mädchen leise.
    »Ich glaube, das reicht.« Avin Brone trat vor. »Es sei denn, Eure Hoheiten hätten noch Fragen ...?«
    »Sie kann gehen«, sagte Briony. Sie und Barrick wirkten bestürzt. Unterdessen hatte Ferras Vansen das Ganze genauer durchdacht und war zu dem Schluß gekommen, daß der Turm, von dem das Mädchen gesprochen hatte, nur der Frühlingsturm sein konnte — und daß das dem Prinz und der Prinzessin auch klar sein mußte.
    Königin Anissas Gemächer,
dachte er.
Aber auf jener Seite der Burg liegt noch mehr — das Observatorium, etliche Schenken und mindestens zwei von unseren Wachhäusern, ganz abgesehen von den Häusern einiger hundert Skimmer und normaler Leute. Das führt uns nicht wirklich weiter.
Dennoch, irgend etwas an der Sache ließ ihn nicht los, so daß er für den Moment beinah seine eigene dringende Mission hier vor dem Kronrat vergaß.
    Als Graf Brones Bewaffnete die beiden Skimmer hinausführten, schlüpfte der Hofarzt Chaven herein und blieb gleich an der Tür stehen. Sein rundes Gesicht wirkte irgendwie beunruhigt.
    »Jetzt haben wir noch eine letzte Angelegenheit«, sagte Brone. »Eine kleine Sache nur, deshalb meine ich, nach einer so langen Zeit des Redens und Zuhörens könnten wir doch vielleicht die zusätzlichen Wachen und die Bediensteten fortschicken, damit sie sich den Vorbereitungen für das Mittagsmahl widmen. Würdet Ihr mir das gewähren, Prinz Barrick, Prinzessin Briony?«
    Die Zwillinge erteilten ihre Zustimmung, und binnen Augenblicken hatte sich der Saal geleert, bis auf die Kronratsmitglieder, Vansen und seine Garden sowie Chaven, der immer noch an der hinteren Tür herumstand wie ein Schuljunge, der auf seine Bestrafung wartet.
    »Also?« Barrick klang müde und nörgelig wie ein Kind; es war kaum zu glauben, daß er und Briony gleich alt waren. »Offensichtlich wollt Ihr Gerede verhindern, Graf Brone, aber warum erst, nachdem wir die Geschichte von dem geheimnisvollen Boot gehört haben? In diesem Moment sind doch die Hälfte der Leute, die Ihr hinausgeschickt habt, eiligst auf dem Weg zu jemandem, dem sie es weitererzählen können.«
    »Weil die Leute darüber reden sollen, Hoheit«, sagte Brone. »Das mit dem Boot ist wahr, doch im Augenblick ohne Bedeutung. Es wird den Leuten keine Angst machen, sie aber

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