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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich herum und verschwand mit zwei großen Sätzen im Schutz der Bäume.
    »Ich hätte ihn erwischt«, knurrte der verhinderte Schütze, der alte Haudegen Westerbur, dessen knurrige Art der Grund dafür war, daß Vansen ihn mitgenommen hatte, statt ihn zu Hause zu lassen, wo er nur Gerede geschürt und Unzufriedenheit unter den übrigen Wachsoldaten gestiftet hätte.
    »Wir wissen nicht, was hier normal ist und was nicht.« Ferras bemühte sich, seine Stimme frei von Ärger zu halten. »Ihr habt die Blumen gesehen. Ihr habt die verlassenen Häuser gesehen. Wir haben genügend Proviant auf unserem Packwagen und in den Satteltaschen, um zu überleben. Tötet nichts, was euch nicht bedroht — habt ihr mich alle verstanden?«
    »Wie?« fragte Westerbur. »Meint Ihr, das könnte noch so ein Mädel sein, diesmal als Hirsch verkleidet?« Er wandte sich mit einem lauten, aggressiven Lachen an die übrigen Männer. »Er hat ja schon eine — das ist reine Selbstsucht, ist das.«
    Vansen wurde klar, daß der Mann in dieser plötzlich so fremd gewordenen Gegend Angst hatte.
Wie wir alle,
dachte er,
aber das macht solches Gerede um so gefährlicher.
»Wenn Ihr besser zu wissen glaubt, wie diese Männer zu führen sind, Mickael Westerbur, dann sagt es mir, nicht ihnen.«
    Westerburs Grinsen bröckelte. Er leckte sich über die Lippen. »Sollte nur ein Witz sein, Hauptmann.«
    »Nun gut. Lassen wir es dabei und schlagen wir das Lager auf. Am Feuer ist ein besserer Ort für Witze.«
    Als die Flammen emporloderten und das Mädchen Willow sich die Hände wärmte, setzte sich Collum Saddler neben Vansen. »Auf unseren Micka müßt Ihr ein Auge haben, Hauptmann«, sagte er leise. »Zuviel Wein über zu viele Jahre, das hat ihm Herz und Hirn zerfressen, aber ich hätte nicht gedacht, daß es schon so weit mit ihm ist, daß er sich über seinen Hauptmann lustig macht. Das hätte er zu Murrys Zeiten nicht gewagt.«
    »Er wird immer noch seinen Teil tun, wenn es etwas zu tun gibt.« Vansen runzelte die Stirn. »Raemon Beck, kommt her.«
    Der junge Kaufmann, der die meiste Zeit der Reise wie jemand gewirkt hatte, der in einem Albtraum gefangen ist, aus dem er nicht aufzuwachen vermag, kam langsam auf Vansen und Saddler zu.
    »Seid Ihr ein ehrenhafter Mann, Beck?«
    Er sah Vansen überrascht an. »Doch, ja, das bin ich.«
    »Jawohl,
Hauptmann«,
knurrte Saddler.
    Vansen hob die Hand: Darauf kam es nicht an. »Gut. Dann werdet Ihr das Mädchen in Eure Obhut nehmen. Sie wird mit Euch reiten. Ihr irgend etwas Sinnvolles entlocken zu wollen, ist, als ob man ein Fuder Spreu siebt, um ein Weizenkorn zu finden, und Ihr erkennt es wahrscheinlich besser als ich, wenn sie etwas sagt, was uns weiterhilft.«
    »Ich?«
    »Weil Ihr hier der einzige seid, der ähnliches hinter sich hat, wie sie es gesehen, gehört und durchlebt haben dürfte.« Ferras sah zu den Männern hinüber, die noch mehr Feuerholz sammelten. »Und außerdem ist es, offen gesagt, besser, die Männer sind wütend auf Euch als wütend auf mich.«
    Beck schien das Ganze nicht sonderlich zu behagen, aber Collum Saddler stand direkt neben ihm und reinigte sich die dreckigen Fingernägel mit einem langen Dolch, also guckte er nur mißmutig und sagte: »Aber ich bin ein verheirateter Mann!«
    »Dann behandelt sie so, wie Ihr Eure Frau behandelt wissen wolltet, wenn sie krank und verwirrt irgendwo an der Straße aufgegriffen würde. Und wenn sie etwas sagt, was Euch nützlich scheint, ganz egal was, dann sagt mir sofort Bescheid.«
    »Nützlich wofür?«
    Vansen seufzte, »Für unser aller Überleben zum Beispiel.«
    Er und Saddler sahen zu, wie ein kleinlauter Beck zum Feuer zurücktrottete und sich neben die kindliche Willow setzte.
    »Meint Ihr, wir sind wirklich in solcher Gefahr, Hauptmann?« fragte Saddler. »Nur wegen ein paar Blumen und einem schwachsinnigen jungen Ding?«
    »Vielleicht ja nicht. Aber ich möchte lieber alle heil wieder nach Hause bringen und mich auslachen lassen, weil ich übervorsichtig war — Ihr nicht?«
     
    Die Nacht verging ohne besondere Vorfälle, und bis zum Vormittag hatte die Straße sie schon so tief in den Wald hineingeführt, daß von den öden Hügeln und der dräuenden Schattengrenze nichts mehr zu sehen war. Zunächst schien das ein Segen, aber als der Tag fortschritt und die Sonne, die ohnehin nur flüchtig durch Lücken im Baumkronendach zu erkennen war, den höchsten Punkt überschritten hatte und westwärts herabzugleiten begann, fragte sich

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