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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Speeren bewaffneter Reiter um sie formiert hatte, fanden die Hunde ihren Mut wieder. Mehrere Schweißhunde stürzten ins Gehölz, um nach der schlangenhaften, rötlichen Kreatur zu schnappen. Briony sah den langen Hals ausholen und vorschnellen wie eine Peitschenschnur, und ein Hund jaulte schrill auf, als ihn die langen Kiefer packten.
    »Oh, schnell, beeilt euch!« flehte sie entsetzt, aber auch seltsam erregt. Wieder spürte sie die Gegenwart unsichtbarer Wesen, die die Lüfte erfüllten wie Winterwolken. Sie murmelte ein Gebet zu Zoria.
    Die Hunde drangen jetzt von allen Seiten ins Gehölz vor, eine Flut niedriger Leiber, die im Tüpfellicht unter den Bäumen wogte. Man hörte noch mehr jaulende Schmerzenslaute, dann aber einen seltsam quietschenden Schrei des Lindwurms, als einer der Hunde die Zähne in eine empfindliche Stelle seines Leibes grub. Das Gebell wurde schlagartig schriller, als das Untier sich durch das Rudel kämpfte und der Enge des Gehölzes zu entkommen suchte. Es zermalmte mindestens einen Hund unter seinen krallenbewehrten Füßen, schlitzte mehreren die Bäuche auf und beutelte ein weiteres Opfer so heftig, daß Blut durch die Luft flog wie roter Regen. Dann brach das Biest aus dem Blattwerk und dem Schattengewimmel hervor in die helle Nachmittagssonne, und zum ersten Mal konnte Briony es ganz sehen.
    Es bestand hauptsächlich aus einer Art Schlangenleib, einem mächtigen Muskelschlauch mit rot-gold-braunen Schuppen und nur einem Paar kurzer kräftiger Beine am Ende des vorderen Drittels. Hinter dem schmalen Kopf saß so etwas wie eine Halskrause aus Haut und Knochen, die sich noch weiter aufspreizte, als sich das Biest jetzt auf seinem einen Beinpaar übermannshoch aufrichtete und der Kopf auf Kendrick und die beiden nächststehenden Reiter zuschnellte. Der Angriff war zu plötzlich erfolgt, als daß die Männer hätten absitzen können, um ihre langen Saufedern richtig zu handhaben. Kendrick wartete, bis der Kopf sie verfehlt hatte, und stieß dann nach dem Gesicht des Untiers. Der Lindwurm wich dem Speer fauchend aus, aber im selben Moment trieb ihm einer der anderen Männer — vielleicht Tyne, der jagdbesessene Graf von Wildeklyff, dachte Briony — die Speerspitze gleich hinter der Schulter in die Rippen. Der Lindwurm verrenkte den Hals, um nach dem Speerschaft zu schnappen. Kendrick nutzte die Gelegenheit, dem Ungeheuer seinen Speer in den Hals zu jagen, und trieb dann sein Pferd vorwärts, um den Lindwurm am Boden festzunageln. In einem Schwall schwarzroten Bluts glitt der Speer immer weiter durch das Fleisch des Untiers, bis an die Parierstange, die dazu gedacht war, einen rasenden Eber abzufangen, ehe er, noch im Todeskampf, den Jäger attackieren konnte. Durch das gepeinigte, wütende Fauchen des Untiers in Panik versetzt, stieg Kendricks Pferd, aber der Prinz stellte sich in den Steigbügel auf und lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht auf den Speer, entschlossen, das Biest festzuheften.
    Die Hunde schwärmten jetzt wieder vorwärts, und die übrigen Jäger ritten ebenfalls heran, weil sie am Töten der Beute teilhaben wollten. Aber der Lindwurm war noch nicht besiegt.
    In einer einzigen, explosionsartigen Bewegung wand sich der Lindwurm um den Speer und reckte den Hals überraschend weit, um nach Kendricks behandschuhter Hand zu schnappen. Das Pferd des Prinzen stieg wieder, und beinahe wäre Kendrick der Speer entglitten. Der Schwanz des Ungeheuers peitschte und schlang sich um die Beine des Pferds. Der schwarze Wallach wieherte panisch. Einen Moment lang waren sie alle ein verschlungenes Gebilde, wie eine Szene auf einem der alten Wandteppiche im Thronsaal der Burg, so bizarr das Ganze, daß Briony nicht glauben konnte, daß es wirklich geschah. Dann zog sich der Lindwurm um die Pferdebeine zusammen. Knochen knackten, so laut wie schnelle Trommelschläge, und der Prinz und sein Roß versanken in einem Malstrom von rotgoldenen Schuppen.
    Während Barrick und Briony aus zwanzig Schritt Entfernung entsetzt zusahen, begannen Gronefeld und Wildeklyff grimmig auf das erregte Ungeheuer und seine Beute einzustechen. Andere Edelleute sprengten herbei und schrien, weil sie um das Leben des Prinzregenten fürchteten. Das Gedränge eifriger Hunde, die mahlenden Schlingen des langen Lindwurmleibs und die Zuckungen des tödlich verletzten Pferdes machten es unmöglich zu erkennen, was dort am Boden vor sich ging. Briony war ganz schwindlig und übel.
    Da tauchte plötzlich etwas aus dem

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