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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schwert. Eine Gestalt stolperte auf die Lichtung heraus.
    »Saddler!« Vansen ließ die Klinge sinken.
    Collum Saddler schüttelte den Kopf. »Weg.« Die Stimme des Soldaten war traurig. »Ich war nicht schnell genug, um ...« Jetzt erst schien er Vansen richtig wahrzunehmen, und sein Gesicht wurde eine Maske der Verlegenheit. Einen Moment lang konnte Vansen förmlich die Gedanken des anderen lesen, sehen, wie er beschloß, nichts von seiner Vision zu erzählen.
    »Ist alles in Ordnung?« fragte Vansen. »Wo seid Ihr gewesen?«
    Saddler kam langsam ans Feuer zurück. Er wollte seinem Hauptmann nicht ins Gesicht sehen. »Alles in Ordnung soweit. Hab nur ... geträumt, schätze ich. Bin aufgewacht, wie ich dort draußen herumwandere.« Er ließ sich nieder, deckte sich mit seinem Mantel zu und wollte nichts mehr sagen.
    Vansen legte sich ebenfalls hin. Er wußte, einer von ihnen müßte Wache halten, aber er hatte das Gefühl, daß ihn etwas Wildes und Starkes berührt hatte, und er war sich sicher, daß diese Berührung andere Bewohner dieses Ortes fernhalten würde ... zumindest für diese Nacht.
    Er war so müde, als wäre er meilenweit gerannt. Unter den Bäumen und den seltsamen Sternen schlief er rasch ein.
     
    Als Ferras Vansen erwachte, war da immer noch dasselbe dämmergraue Licht — ein wenig milchiger vielleicht, aber gewiß nicht wie Morgen. Der Wind redete immer noch wortlos vor sich hin. Collum Saddler hatte geschlafen wie ein Toter, erwachte aber wie ein krankes Kind, stöhnend und quengelig.
    Die Worte der nächtlichen Erscheinung, ob nun Geist oder Traum, waren immer noch in Vansens Kopf. Er ließ Saddler nur die Zeit, seine Blase zu entleeren, und wartete schon ungeduldig im Sattel, während der Soldat noch seine Hose zuschnürte.
    »Können wir nicht noch ein Feuer machen?« fragte Saddler. »Nur, damit ich mir die Hände wärmen kann. Es ist so verflucht kalt.«
    »Nein. Bis wir es gemacht haben, sind wir wieder müde, und dann legen wir uns wieder hin und schlafen. So kommen wir nie von hier weg. Wir bleiben hier, während dieser Wald um uns herumwogt wie ein Ozean und uns ersäuft.« Er wußte selbst nicht genau, was er meinte, aber es fühlte sich unzweifelhaft wahr an. »Wir müssen reiten, solange wir's noch können, ehe diese Gegend hier die letzte Willenskraft aus uns heraussaugt.«
    Saddler sah ihn merkwürdig an. »Ihr redet, als ob Ihr eine Menge über diese Gegend wüßtet.«
    »Genug jedenfalls.« Der vorwurfsvolle Ton des Mannes gefiel ihm gar nicht, aber er wollte sich nicht auf eine Auseinandersetzung einlassen. »Genug, um zu wissen, daß ich nicht so enden will wie dieses Mädchen Willow, das völlig verwirrt hier im Wald umhergeirrt ist.«
    »Und wie sollen wir wieder rausfinden? Wir haben den Weg doch schon stundenlang gesucht. Wir haben uns verirrt.«
    »Ich bin am Rand dieser Wälder aufgewachsen oder jedenfalls am Rand von etwas Ähnlichem.« Er fragte sich plötzlich, ob sie überhaupt noch in der Welt waren, die er kannte, oder längst an einem Ort, der noch ferner war als das Land der Götter. Es war ein schrecklicher Gedanke. Was hatte das Phantom gesagt? »...
selbst in diesem Land, wo sein Bruder Alleinherrscher ist.«
Wessen Bruder? Der des Sonnenballs? Aber der Mond war doch eindeutig eine Göttin — die weißbrüstige Mesiya, Schwester des großen Perin ....
    Es war zuviel. Vansen zwang sich, sich auf das zu konzentrieren, was jetzt war, auf die Hoffnung, dem hier zu entrinnen. Aber es war schwer, überhaupt zu denken — die Stimme des Windes war allgegenwärtig und suggestiv, säuselte von Schlaf und Kapitulation. »Das Moos ist auf der Südseite der Bäume am dicksten«, sagte er. »Wenn wir lange genug nach Süden reiten, gelangen wir bestimmt wieder in sicherere Gegenden.«
    »Weg von hier«, sagte Saddler leise und versonnen. Es war seltsam, aber in Vansens Ohren klang es fast unwillig — eine Feststellung, bei der den Gardehauptmann jähe Angst durchzuckte.
    Der Morgen, oder jedenfalls die Zeitspanne von ein paar Stunden, nachdem sie erwacht waren, verging rasch. Da war überall Moos, an fast jedem Baum, wollige grüne Flecken. Wenn es auf einer Seite dicker war als auf den anderen, so war der Unterschied minimal. Nach einer Weile begann Vansen, an seinem eigenen Unterscheidungsvermögen zu zweifeln. Aber er hatte keinen anderen Plan, und seine Angst wurde immer größer. Sie hatten die Straße in einem undurchdringlichen Dickicht schwarzblättriger Bäume

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