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Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht so war. Der Schankknecht sagte etwas von ... Träumen. Von deinen Träumen. Und da hast du versucht, ihn zu erwürgen.«
    »Er hatte kein Recht, so über mich zu sprechen.«
    »Wie
über dich zu sprechen, Barrick?«
    Er zog die Decken noch höher, rang immer noch mit sich. »Du hast gesagt, du hast Vaters Brief noch mal gelesen«, sagte er schließlich. »Ist dir da irgend etwas Besonderes aufgefallen?«
    »Über den Autarchen? Ich sagte doch schon ...«
    »Nein, nicht über den Autarchen. Ist dir da irgend etwas
über mich
aufgefallen?«
    Sie stutzte. »Irgend etwas über ... nein. Nein. Er läßt dir Grüße bestellen. Er läßt dir ausrichten, gesundheitlich gehe es ihm gut.«
    Er schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war grimmig, als ob er auf einen schmalen Felsvorsprung hinausträte und sich bemühte, nicht in den Abgrund vor sich zu gucken. »Du verstehst gar nichts.«
    »Wie könnte ich? Rede mit mir. Sag mir, was mit dir los ist. Du hättest beinah einen unschuldigen Menschen getötet!«
    »Unschuldig? Dieser Bierjunge ist kein Mensch, er ist ein Dämon. Er hat meine Träume gesehen, Briony. Er hat darüber geredet, vor dir und Brone und diesem halbseidenen Federspitzer!« Trotz der Kälte glänzte Barricks Stirn jetzt von Schweiß. »Und er redet wahrscheinlich immer noch darüber, vor jedem, der ihm zuhört. Er weiß es. Er weiß es!« Er drehte sich um und rammte das Gesicht ins Kissen. Seine Schultern bebten.
    »Er weiß
was?«
Sie packte ihn mit beiden Händen am Arm und schüttelte ihn. »Barrick, was hast du getan?«
    Er drehte sich wieder um, sah sie mit feuchten, rotgeränderten Augen an. »Getan? Nichts. Noch nicht.«
    »Ich verstehe das alles nicht.« Sie kämmte ihm mit den Fingern wirres, feuchtes Haar aus der Stirn. »Red doch einfach. Was es auch sein mag, du bist immer noch mein Bruder. Ich liebe dich immer noch.«
    Er schnaubte höhnisch, aber der Sturm war vorbei. Er ließ den Kopf ins Kissen sinken und starrte an die Holzdecke. »Ich werde dir sagen, was in Vaters Brief stand.
›Sag Barrick, er sollte sich für mich freuen. Trotz der Gefangenschaft ist es mir in diesem letzten halben Jahr gesundheitlich viel besser gegangen. Ich glaube fast, es hat mir gut getan, der feuchtkalten Luft des Nordens zu entkommen.
‹ Das hat er geschrieben.«
    Briony schüttelte den Kopf. »Wie? Meinst du, das soll heißen, er wäre glücklicher ohne uns — ohne dich? Er scherzt, Barrick. Er versucht, eine schreckliche Situation von der heiteren Seite zu nehmen ...«
    »Nein. Nein, das tut er nicht. Du weißt ja nicht, wovon er spricht, aber ich weiß es.« Das Feuer in ihm war jetzt erloschen. Er schloß die Augen. »Erinnerst du dich an die Nächte, in denen Vater nicht schlafen konnte? In denen er in den Sommerturm ging und die ganze Nacht aufsaß, mit seinen Büchern?« Sie nickte. Die ersten paar Male hatte Olins heimliches Verschwinden im Palast einigen Alarm ausgelöst, aber dann hatten seine Familie und seine Wachen gelernt, ihn einfach in seiner Turmbibliothek zu suchen. Wenn er von diesen nächtlichen Ausflügen zurückkehrte, war er immer irgendwie verlegen gewesen, so als hätte man ihn dabei gefunden, wie er auf dem Fußboden des Thronsaals einen Rausch ausschlief. Briony hatte immer geglaubt, daß es die Gedanken an seine verstorbene Frau waren, die ihn in diesen Nächten so sehr quälten, daß er keinen Schlaf fand: Von ihrer Mutter Meriel sprach er immer so, als hätte er sie sehr geliebt, obwohl die Ehe von seinem Vater, König Ustin, arrangiert worden war, als Olin und Meriel, die Tochter eines mächtigen brenländischen Herzogs, beide noch ganz jung gewesen waren. Jeder im Hause wußte, daß ihn ihr Tod schwer getroffen hatte.
    »Und weißt du noch, wie er immer die Tür verriegelt hat?«
    »Natürlich.« Solchermaßen ausgesperrt, hatten die Wachen nur an die Tür bummern können, bis er schließlich aufgemacht hatte. Dann hatte er sie angeblinzelt wie eine Eule und sich die schläfrigen Augen gewischt. »Ich ... ich glaube, er hat geweint. Er wollte nicht, daß jemand sah, wie er weinte. Wegen unserer Mutter.«
    Barrick sagte mit einem seltsam schmallippigen Lächeln: »Geweint? Schon möglich. Aber nicht wegen unsrer Mutter.«
    »Was ... was soll das heißen?«
    Er sah an die Decke und atmete ein paarmal tief durch, als ob er nicht nur an einem hohen, einsamen Ort stünde, sondern sich darauf vorbereitete zu springen. »Ich ... ich bin eines Nachts hingegangen. Ich hatte schlecht

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