Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Nase streifte. Der bleiche Reiter zu seiner Rechten hatte das Visier hochgeklappt: seine schwarzen Augen waren riesig und ohne jedes Weiß. Während Barrick noch hinstarrte, legte der Mann, die Kreatur, was immer es war, einen neuen Pfeil an. Barrick wußte, er konnte ihm weder entfliehen noch schnell genug ausweichen, also ruckte er mit der gesunden Hand am Zügel und ließ Kessel gegen die Flanke des gegnerischen Pferdes prallen. Der Bogen schlug Barrick ins Gesicht, und der Pfeil schwirrte harmlos in die Luft. Barrick hatte noch nicht die Möglichkeit gehabt, sein Kurzschwert zu ziehen, schaffte es jedoch, Kessel just in dem Moment vom gegnerischen Pferd wegzureißen, in dem sich sein Widersacher auf ihn stürzte. Die menschenähnliche Kreatur hing in der Luft, eine Hand um Barricks Sattelgurt gekrallt, die Füße noch in den eigenen Steigbügeln, während die Pferde nebeneinanderher galoppierten. Obwohl er durchgerüttelt und fast zerrissen wurde, tastete der Gegner an seinem Bein nach etwas, das wie ein Messer in einer Scheide aussah.
    Vor Angst und Abscheu schreiend, trat Barrick immer wieder nach dem ungeschützten Gesicht. Der Helm flog davon, enthüllte wallendes, silbriges Haar. Bei alledem zog sich die Kreatur immer näher an ihn heran, bis der Abstand zwischen den Pferden nur noch eine gute Schrittlänge betrug. Barrick schaffte es endlich, das Kurzschwert zu ziehen, und stieß es dem Mann kunstlos ins Gesicht, hackte dann auf die weißen Klauenhände an seinem Sattelgurt ein, bis sich ihr Klammergriff plötzlich löste und das Gesicht mit den starrenden schwarzen Augen verschwand — ein Aufblitzen der Rüstung, als die Kreatur ins Gras fiel, dann nichts mehr. Das reiterlose Pferd raste ein paar Dutzend Galoppsprünge weiter, schwenkte dann ab und verschwand im Nebel.
    Barrick zügelte Kessel und saß eine ganze Weile einfach nur keuchend da, voller Angst, sein zuckendes Herz könnte bersten wie die Eierschale eines schlüpfenden Kükens. Irgendwo im Nebel zu seiner Rechten hörte er heisere Schreie, und trotz seiner Todesangst schien es ihm besser, sich zu bewegen, als einfach darauf zu warten, daß etwas aus den wirbelnden Nebelschwaden hervorbrach.
    Sie hätten mich zurückgelassen. Ich hätte zurückbleiben können.
    Er sprengte auf die Stimmen zu.
     
    Tyne von Wildeklyff und ein Dutzend weiterer Ritter und Edelleute hatten einander gefunden, und Barrick hatte sie gefunden. Die Menge der Feinde, mit denen sie es zu tun hatten, war groß, aber nicht unerschöpflich. Zwischen den einzelnen Kampfeswellen gab es Pausen, und manche waren lang genug, daß Barrick wieder zu Atem kommen und sogar aus seinem Wasserschlauch trinken konnte. Er hielt sich gut, obwohl er nur mit einer Hand kämpfen konnte, und war plötzlich dem alten Shaso in einem fast schon peinlichen Maße dankbar dafür, daß er ihn all die Jahre so unbarmherzig geschunden hatte.
    Manchmal riß der Nebel auf, und er konnte Knäuel von Kämpfern überall auf den Vorlandbuckeln sehen. Diese Momente, da sich die Schwaden zurückzogen und so etwas wie normales Abendlicht durchbrach, riß selbst die müdesten Krieger zu Jubelrufen hin, und Barricks Stimme war unter den lautesten. Sie hatten sich gegen den ersten Angriff der Zwielichtler behauptet. Barrick verspürte fast schon Hoffnung. Wenn es ihnen gelang, noch einige ihrer Gefährten um sich zu sammeln, konnten sie beginnen, richtigen, organisierten Widerstand zu leisten, oder aber, wie Vansen — vor Stunden erst, aber es schien Jahre her — vorgeschlagen hatte, den Rückzug antreten und versuchen, die Zwielichtler hinter sich herzulocken.
    Die Elben schienen doch nicht so viele, wie sie befürchtet hatten, aber sie waren furchtbare Gegner, mehr noch ihrer Unheimlichkeit denn ihres Grimms wegen. Die meisten waren menschengroß und menschenähnlich, mit Rüstungen und Waffen in seltsamen Formen und Farben, aber einige waren doppelt so groß wie der größte Mensch, mächtige Wesen mit flecken von räudigem Fell und dicker, faltiger Schildkrötenhaut, stark, aber langsam. Barrick hatte bereits gesehen, wie eins dieser Ungetüme von drei Reitern mit Lanzen gefällt worden war, und hatte Freudenschreie ausgestoßen, als es zuckend in seinem langsam hervorquellenden, schwarzen Blut lag. Das Elbenheer umfaßte auch Schwärme von kleinen Wesen mit rötlichem Haar und Gesichtern, so spitz wie Fuchsschnauzen, und andere, die nicht viel größer als Affen waren und über und über mit wirrem, dunklem

Weitere Kostenlose Bücher