Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Grenze

Die Grenze

Titel: Die Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
zu verdunkeln schien, aber da war jetzt kein Licht mehr, nirgends auf der Welt. Das Monster stieß ihn mit der Keule an, schob ihn ein ganzes Stück über den Erdboden, und schien freudig überrascht, daß er noch lebte. Er fühlte seine Rippen knacken, als ihn der Riese wieder stupste. Dann hob das Monster die Keule. Die mächtige Waffe hing über Barrick wie ein bebendes Felsgebilde, das jeden Moment abbrechen und herabkrachen konnte.
    Barrick schloß die Augen.
    Briony.
    Vater.
    Ich wollte ...

37

Die dunkle Stadt
    Echo in den Hügeln:
Zählt die Speere, entzündet dann Feuer
Für die, die keine Speere haben,
Singt gemeinsam die uralten Worte.

Das Knochenorakel
    Auch ohne den Schattenmantel war es, obwohl die wahre Dämmerung erst jetzt einsetzte, auf dem Schlachtfeld schon seit Stunden dunkel — dafür hatten die Kinder des Nebels gesorgt. Im Reiten sah Yasammez die Schwaden, die sie geschaffen hatten, nur als leichten Schatten, als eine Dunkeltönung, die ihre Sicht kaum beeinträchtigte, aber für die Sonnenländler, dachte sie, mußte das Werk der Nebelkinder etwas völlig anderes bedeuten. Blindheit. Verzweiflung.
    Um sie herum herrschte immer noch Kampfgetümmel, ein Chaos aus Blut, Nebel und dem Klirren von Metall auf Metall, aber der Fürstin Stachelschwein blieb nichts verborgen. Es war eine knappe Sache gewesen — die Entscheidung der Menschen, sie noch im offenen Gelände mit Reitern anzugreifen, war clever gewesen, und sie mußten wohl doch ein paar ordentliche Kommandeure haben —, aber die Sonnenländler waren dadurch geschwächt, daß sie ihre Fußtruppen hatten zurücklassen müssen, und obwohl sie tapfer und überraschend tüchtig gekämpft hatten, hatte sich das Blatt jetzt zu ihren Ungunsten gewendet.
    Der erste Schritt,
dachte sie,
aber nur mit Müh und Not. Und die Jahreswende ist fast da. Der König hat verloren. Es steht wohl außer Frage, daß es jetzt auf meine Art weitergehen muß.
    Weißfeuer hatte heute sein Quantum Blut bekommen, aber Yasammez dürstete es nicht nach dem Kampf als solchem — ihr Zorn war zu vergeistigt, zu rein, um sich auf diese Art Ausdruck verschaffen zu müssen. Sie überließ den Rest Gyir und ihren anderen Gefolgsleuten und trieb ihr schwarzes Pferd auf eine Anhöhe, wo sie einen besseren Blick auf die Stadt der Sonnenländler hatte, vor allem aber auf die Festung dort auf dem Fels im Wasser — dem alten Berg, dem heiligen, schrecklichen Ort, der bald wieder ihrem Volk gehören würde. Sie stellte sich vor, wie ihre Eremiten die Dornenbrücke übers Wasser wachsen lassen würden, wie ihr Heer im Schutz der Ranken hinüberziehen und vor die Mauern gelangen würde. Beim Sturm auf die Festung würden viele fallen, aber sie war bisher sparsam mit ihren Truppen umgegangen, und es würde das letzte große Opfer in diesem Teil der Welt sein. Zuerst jedoch würde sie den Vorgarten der Festung einnehmen, die verlassene Sonnenländlerstadt auf dem Festland. Ihre Krieger und Troßknechte würden sich ausruhen und die Verwundeten versorgen, und dann würden sie tanzen und singen, zur Feier ihrer Siege, der ersten Siege über ihren Feind seit Jahrhunderten. Die Teile der Stadt, die sie nicht brauchten, würden brennen, und der Anblick dieser Flammen würde den Festungsbewohnern in den letzten Nächten ihres Lebens den Schlaf rauben, so als hätte Yasammez selbst ausgegriffen und ihre Träume zu Albtraumvisionen verformt.
    Ihr Pferd stieg geschickt über die Leichen von Menschen und Qar hinweg. Ringsum schlugen immer noch Krieger beider Heere in kleinen Knäueln aufeinander ein. Die Luft hallte von Schreien, vom Geheul der Wandelwesen und den surrenden Gesängen der Elementargeister, die für die Menschen zweifellos noch schrecklicher klangen als alles andere. Inmitten des Getümmels fiel ihr einer der riesigen Dienstgeister von Erste Tiefen auf. Der Gigant hatte trotz seiner eigenen blutenden Wunden mehrere Menschen getötet und war gerade im Begriff, einem weiteren den Garaus zu machen, einem Jüngling, der zu seinen Füßen lag und den er mit seiner Keule stupste wie eine Katze, die mit einer schreckgelähmten Maus spielt. Sie wollte sich gerade abwenden, als etwas an dem Jungen, seinem Gesicht, seiner Kleidung, ihren Blick festhielt. Der Riese hob seine bluttriefende Streitkeule.
    »Halt.«
    Der Dienstgeist hatte ihre Stimme noch nie gehört, aber er kannte seine Herrin. Er hielt inne, und die mächtige Waffe zitterte kaum, obwohl sie bestimmt soviel wog wie ein

Weitere Kostenlose Bücher