Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
musste sein.«
»Ich wollte Müllers Leben retten«, sagte Krause leise.
»Ist mir klar. Trotzdem.«
»Wollen Sie darüber reden?«
»Ja, würde ich gern.«
»Mit mir?«
»Nein, nicht mit Ihnen.«
»Gut, Sie kriegen professionelle Hilfe. Ich weise das an.« Er drückte auf einen Knopf und sagte: »Kannst du Anweisung geben an den Psychologischen Dienst? Beratung für Thomas Dehner nach dem Tod von Onkel Tobruk. Ziemlich dringend.«
»Ja«, sagte Esser. »Wird erledigt.«
»Nun zu uns beiden«, begann Krause. »Gießen Sie sich ein, was Sie mögen.«
»Einen Kaffee vielleicht«, sagte Thomas Dehner und griff nach der Thermoskanne.
»Sie trafen diese Frau in Tirana, von der wir jetzt wissen, dass sie Madeleine Wagner heißt. Sie erlebten sie für ein paar Stunden. Ihr Memo in dieser Sache ist sehr gut. Sie erwähnen einmal, dass diese Frau sich in der Umladestation des Sprengstoffs umsah und danach fragte, wie das C4 auf die abholenden Lkws geladen wird. So weit, so gut. Was meinen Sie: Hat jemand diese Frau geschickt? Oder erledigt sie da etwas im eigenen Namen?«
»Gute Frage«, sagte Dehner. »Ich würde sagen, sie kaufte das Zeug, wie andere Frauen ein Kleid kaufen. Sie kaufte es für sich. Aber das ist natürlich nur ein Gefühl, ich kann dieses Gefühl durch nichts belegen.«
»Ich verstehe.« Krause nickte. »Jetzt zu einem weiteren Punkt. Sie erwähnen in Ihrem Memo, dass die Frau diese Fabrik, in der Jongen Truud das C4 herstellt, besichtigt hat, das heißt: Sie fuhr in dem von Truud gemieteten Audi an der kleinen Fabrik vorbei. Oder hat sie diese Fabrik betreten?«
»Nein, sie hat die Fabrik nicht betreten. Sie fuhr langsam an der Fabrik vorbei, so wie ich das auch gemacht habe. Mir kam sogar die Idee, dass sie vielleicht nur sehen wollte, wo das C4 hergestellt wurde. Dann dachte ich, dass das Unsinn ist, denn warum sollte sich eine Frau eine Fabrik für Sprengstoff von außen ansehen wollen? Sie ist an dem Stoff interessiert, nicht an drei tristen Fertigungshallen. Mir kam auch die Idee, dass sie vielleicht eine Agentin ist, die so vorgeht, wie wir das tun. Ich habe auch gedacht, dass sie möglicherweise für irgendeine Staatsanwaltschaft arbeitet, die eine Klage vorbereitet. Eine Klage gegen den Hersteller Jongen Truud.«
»Sie sind fasziniert von dieser Figur, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete Dehner. »Unbedingt. Sie ist jemand, bei dem ich gern wissen möchte, woher er kommt, welchen Weg er gegangen ist, was ihn beeinflusst hat. Wie kommt eine junge Frau aus Braunschweig dazu, in der Welt herumzureisen und ihre Dienste anzubieten – wofür auch immer?«
»Ja, ja, das ist in der Tat ein Rätsel. Aber mir scheint, Sie haben etwas übersehen, junger Mann.« Krause starrte in seinen winzigen Garten hinaus. »Also, noch einmal in Ruhe: Da kommt eine junge Frau nach Tirana und will eintausend Kilo C4. Schon das ist sehr ungewöhnlich. Sie bekommt das Zeug anstandslos von Jongen Truud, sie zahlt in bar, also etwa achtzig- bis hunderttausend Dollar. Warum das alles?«
»Weil sie gründlich vorgeht«, sagte Dehner.
»Falsch«, sagte Krause mit einem leichten Lächeln. »Weil sie sich kennen: Truud aus Amsterdam und Madeleine aus Braunschweig.«
Dehner hielt seinen Kopf gesenkt und sagte: »Ich Trottel. Natürlich.«
»Dann sollten wir Gas geben«, sagte Krause und drückte einen Knopf. »Sowinski, mein Lieber, schaff mir den Gregor von der CIA in die Leitung. Goldhändchen soll ins Archiv gehen und herausfinden, wo Jongen Truud in den letzten Jahren, bevor er nach Tirana ging, gearbeitet hat.«
»Kommt«, sagte Sowinski blechern aus dem Lautsprecher. »Falls er nicht abgeschaltet ist.«
»Natürlich«, bemerkte Dehner, »sie sehen sich wieder, er erzählt stolz von seiner C4-Fabrik und seinem Auslieferungslager. Und sie fährt diese Stationen ab, um nachzusehen, ob er die Wahrheit sagt.«
»Hier ist Gregor, und er ist schlecht gelaunt«, platzte Sowinski dazwischen.
»Hallo, Kollege«, sagte Krause. »Weißt du was über Ole Bauer? Die Geschichte spielte in Mogadischu.«
»Weshalb willst du das wissen? Und warum kannst du nicht damit warten, bis ich ausgeschlafen habe?«, polterte der Amerikaner.
»Es ist dringend!«
Der CIA -Mann schwieg einen Augenblick. »Unser Ole ist erdrosselt worden. Wir haben keine Ahnung, wer der Täter war, aber wir haben schon früher in Afghanistan auf die gleiche Weise zwei Leute der Drug Enforcement Administration verloren.«
»Sonst noch jemand?«,
Weitere Kostenlose Bücher