Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)
eine Kette von Blitzen.
Dehner war am schnellsten. Er schoss noch im Laufen. Svenja kam von rechts in einem leichten Bogen und feuerte ebenfalls. Müller gab keinen einzigen Schuss ab, rannte einfach, bis er bei der Frau war. Die Frau versuchte aufrecht stehen zu bleiben, aber das gelang ihr nicht. Langsam sackte sie auf die Betonplatten und blieb dort reglos liegen.
Dann hob Müller die Hand.
»Sie ist tot«, sagte er schwer atmend.
»Eine Maschinenpistole«, keuchte Svenja.
»Ja«, sagte Dehner.
Müller gab den Fahrern in ihren Autos ein Handzeichen. »Wir ziehen ab, Krause erledigt den Rest.«
»Kann man Zünder eigentlich orten?«, fragte Svenja.
»Kann man«, sagte Müller. »Das Metall kann man orten.«
Sie stiegen in der Tiefgarage des Dienstes aus und fuhren im Lift nach oben. Esser und Sowinski standen wartend da und lächelten ihnen stolz entgegen.
»Es war ziemlich einfach«, sagte Müller knapp.
»Wie immer«, sagte Dehner.
»Wo ist Atze?«, fragte Svenja.
»Er sitzt bei Krause auf dem Sofa«, sagte Esser. »Und er heult wie ein Schlosshund. Gehen wir rein.«
Svenja nickte.
Krause hockte an seinem Schreibtisch und hatte einen roten Kopf. Er blickte kurz auf, als Esser und Sowinski das Zimmer betraten und Müller, Svenja und Dehner den beiden in kurzem Abstand folgten.
Auf dem schwarzen Ledersofa saß Atze. Er trug einen Jeansanzug, wahrscheinlich um zu demonstrieren, wie normal er aussehen konnte, wenn er Ferien hatte.
»Das sind die Leute, die Sie fast getötet hätten!«, stellte Krause fest und nickte in Richtung seiner Agenten.
Atze hatte ein graues Gesicht, und seine Augen waren tränenblind. Er stotterte irgendetwas Unverständliches.
»Verdammt noch mal«, sagte Krause. »Sie haben dem Deal zugestimmt! Ihretwegen wären viele Menschen gestorben. Mann, nun stehen Sie doch endlich dazu. Es war Ihr Geschäft, Ihr Deal. Und Sie behaupten, das sei alles nur ein Spaß gewesen?«
»Und darf ich jetzt bitte auch mal wissen, warum er mich beinahe getötet hätte?«, fragte Müller mit ruhiger Stimme.
»Erzählen Sie es ihm noch einmal«, sagte Krause mit einem Seufzer. »Mein Mitarbeiter hat schließlich das Recht, zu erfahren, weshalb er fast gestorben wäre.«
Atze sah die drei traurig an und wartete, bis sie sich alle gesetzt hatten.
»Es begann in Mogadischu. Kiri war da, und ich habe ihr ein wenig von mir erzählt. Weshalb ich aus Deutschland verschwunden bin und dass mein Vater nach dem viel zu frühen Tod meiner Mutter immer einsamer wurde und keinen mehr sehen wollte. Und sie erzählte mir von ihrer Kindheit und von dieser schrecklichen Mutter und von dem Leben in diesem Kaff und dass sie einfach nie eine Chance bekommen hatte. Und dann sagte sie: Du zahlst mir eine Million, wenn ich der Kanzlerin was vor die Nase setze, damit sie endlich merkt, dass sie mit uns nicht so umgehen kann. Ich habe doch nicht gedacht, dass Kiri das wirklich tut. Ich habe das doch nicht ernst genommen. Okay, habe ich gesagt, mach das, und du kriegst eine Million! Das war alles nur Spaß, nichts Ernstes. So was würde mir im Traum nicht einfallen. Ich bin ein friedlicher Mensch, das müssen Sie mir einfach glauben.«
»Das müssen wir Ihnen durchaus nicht glauben«, sagte Krause wütend. »Aber auf jeden Fall sind Sie der einzige Mensch, mit dem die Frau etwas verband, sie war eine echte Leidensgenossin. Esser, tu mir den Gefallen und schaff ihn raus, ich will ihn nicht mehr sehen.«
Esser stand auf, Atze folgte ihm schluchzend. Sie gingen hinaus.
Krause sah Dehner an und sagte: »Danke fürs Lkw-Fahren. Ich habe Sie gestoppt, weil ich dachte, die Frau wird nicht nur filmen, sondern auch schießen. Und wenn sie den Lkw beschossen hätte, wäre es sicher recht ungemütlich geworden.«
Einen Augenblick lang herrschte völlige Stille, dann sagte Sowinski: »Gillian hat Puddingteilchen.«
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