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Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Die Grenzgängerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Grenzgängerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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geraumer Zeit kommen sehen. Er hatte erwartet, dass eines Tages jemand auftauchte, der der festen Meinung war, er könne das alles viel besser, viel erfolgreicher und schneller, und vor allem billiger. Das war der Lauf der Welt.
    Es gab jedoch einen Punkt, den Krause nicht akzeptieren wollte: Er hatte erwartet, dass der Gegner sich zeigte, dass er Gestalt annahm. Stattdessen wurde es ekelhaft und vulgär, kamen Angriffe aus einer Richtung, die er nicht für möglich gehalten hatte, Nadelstiche auf einem Niveau, das er nicht akzeptieren konnte. Wenn seine Arbeitswelt schon zu Bruch ging, dann wollte er wenigstens klarsehen. Aber genau das wurde ihm verweigert.
    »Wally!«, rief er. »Kann ich einen Cognac haben?«
    »Das ist eigentlich noch zu früh am Tag«, antwortete seine Frau von irgendwoher. »Aber gut.«
    »Was würdest du sagen, wenn ich mich pensionieren lasse?«
    »Es würde mich freuen, nehme ich an. Aber es würde mich auch verwundern. Du bist doch eigentlich ein Kämpfer, oder?«
    Als Krause sich eingeschenkt und das Glas zwischen all den digitalen Geräten auf dem Couchtisch abgestellt hatte, setzte seine Frau sich neben ihn. »Ich würde mich allerdings schon auch fragen, was du dann tun willst. So viel Freizeit? Das geht doch gar nicht. Also das würde mich unsicher machen.«
    »Mich auch.« Er lächelte. »Wie soll ich bloß ohne Esser und Sowinski leben, ohne meine Leute da draußen?«
    »Ich gebe dir mal einen Rat: Zeig es ihnen, Krause!«
    Sie saßen eine Weile einträchtig nebeneinander und starrten hinaus in den kleinen Garten, der irgendwie verfilzt aussah, nicht richtig gepflegt, ohne erkennbare gärtnerische Gestaltung. Ein paar unkontrolliert eingewanderte Klatschmohnblüten schufen grellrote Punkte im Gras.
    »Sie greifen mich an, und ich weiß nicht, wer es ist«, brummte Krause schließlich. »Ich sollte die Rechtsabteilung kontaktieren. Sie haben gefragt, ob ich einen schwulen Agenten beschäftige.«
    »Oh, das erstaunt mich aber. Hast du denn einen?«
    »Ja, und der ist verdammt gut.«
    Sie sahen einander an und lächelten zaghaft.
    »Wann kommt eigentlich unser Dieter wieder?«, fragte er.
    »Donnerstag oder Freitag. Das richtet sich danach, wie es ihm geht. Manchmal geht es ihm so schlecht, dass ich ihn nicht holen kann. Aber sie sagen mir Bescheid.«
    »Wie lange wird er noch leben?«, fragte Krause.
    »Sie wissen es nicht. Irgendwann wird er kollabieren, seine Organe werden versagen, und wir werden nur noch darauf warten können, dass er stirbt.«
    »Bis dahin werden wir uns aber um ihn kümmern«, sagte Krause.
    »Ja, das werden wir. Ganz gleich, was passiert, wir werden bei ihm bleiben.«
    »Das sehe ich auch so.«
    Er beugte sich unvermittelt nach vorn, drückte einige Knöpfe und sagte dann laut und vernehmlich: »Esser, mein Freund, melde mich bitte bei der Rechtsabteilung. Ich will den Chef sprechen. Heute noch. Lass dich nicht abwimmeln, drück es einfach durch und mach es dringend. Dann kommt Gregor aus den Staaten. Ich habe Goldhändchen schon gesagt, dass Gillian das kleine Konferenzzimmer neben deinem Büro herrichten soll. Habt ihr den Diplomatenkoffer für ihn mit dem Material und dem Siegel?«
    »Alles klar, alles bereit.«
    Svenja sagte verträumt: »Es war eine schöne Nacht.« Sie stand in der Badezimmertür und trocknete ihre Haare mit einem schwarzen Handtuch.
    »Es war eine sehr schöne Nacht!«, sagte Müller. »Ich bin dankbar. Dir und allen anderen, einschließlich der Stadt Tripolis und Onkel Tobruk.« Er rekelte sich auf dem Bett und lachte leise. »Diese gottverdammte Gesellschaft kriegt den Hals nicht voll, und wir gehören dazu. Aber ich bin wieder auferstanden.«
    »Wir sind vielleicht lernfähig«, sagte sie.
    »Und wir sollten vielleicht herausfinden, wer uns fotografiert hat. Das wissen wir immer noch nicht. Also werde ich gleich losgehen und Ulk einen Besuch abstatten.«
    »Was ist, wenn sie ihn in Untersuchungshaft genommen haben?«, fragte sie.
    »Dafür ist er doch viel zu bedeutungslos. Er ist das reiche Söhnchen, er ist niemals verantwortlich. Er wird behauptet haben, sie hätten ihn gezwungen, seine Wohnung zum Dealen zu benutzen. So läuft das doch immer. Ich nehme an, er ist hoffnungslos abhängig von dem Zeug, und er wird nicht im Traum daran denken, zu seinem Vater heimzukehren. Wenn er noch Stoff hat, dann ist er wenigstens guter Laune.«
    »Du bist brutal«, sagte sie grinsend.
    »Ja, stimmt. Uns bleibt aber nichts anderes übrig. Es geht

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